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# taz.de -- Hochwasser in Niedersachsen: Zu langsam für den Klimawandel
> Die Hochwasserkatastrophe im Norden wird kaum Konsequenzen zeitigen. Denn
> deutsche Bürokratie-Dauerschleifen und Klimawandel: Das beißt sich
> einfach.
Bild: Viel Pech: Zu viel Starkregen an zu vielen Stellen
Es stimmt ja nicht, dass diese Katastrophe nicht vorherzusehen war. Bis auf
den Umfang vielleicht, [1][so viel Starkregen an so vielen Stellen] – das
ist schon Pech. Aber dass der Katastrophenschutz so gut funktioniert hat,
liegt auch daran, dass man schon lange weiß, wo die Schwachstellen liegen.
Die Karten der Risiko- und Gefahrengebiete liegen ja vor, [2][sogar
öffentlich]. Wer genau hinschaut, sieht, dass sich das Wasser in den
meisten Gegenden brav an die Prognosen gehalten hat.
Was in Deutschland eben dauert, ist, daraus die richtigen Konsequenzen zu
ziehen. Denn irgendwo auf dem Weg zwischen aktualisierten
Hochwasserschutzplänen, dem Identifizieren der notwendigen Maßnahmen, dem
Beantragen von Projektmitteln, der Organisation von öffentlichen
Beteiligungen und politischen Mehrheiten, dem Einholen von Genehmigungen,
dem Erwerb der notwendigen Flächen, dem Ausschreiben der Baumaßnahmen und
deren Umsetzung geht Kommunen und Landkreisen gerne einmal die Puste und
das Geld aus. Zumal dieses Wasser ja auch die dumme Angewohnheit hat, sich
nicht an kommunale Grenzen zu halten, und deshalb weitere
Koordinierungsschleifen notwendig macht.
Ein Beispiel aus dem Kreis Hildesheim, wo der Fluss Innerste durchfließt:
Der „Hochwasserschutzverband Innerste“ wurde nach [3][dem verheerenden
Hochwasser in 2017] angestoßen. Aus der Erkenntnis heraus, dass die
Flussanrainer ihre Hochwasserschutzmaßnahmen besser koordinieren müssen.
Das Land Niedersachsen stellte dafür ein Sondervermögen von 15 Millionen
Euro zur Verfügung. Für andere Flüsse in Niedersachsen gibt es ähnliche
Programme, aber der Topf für die Innerste ist der größte.
Es dauerte fast fünf Jahre, bis sich der Verband 2022 formell
konstituierte. 23 Maßnahmen umfasst das überregionale Schutzkonzept,
darunter der Bau zahlreicher Rückhaltebecken und der Ausbau des Flusses
Nette bei Rhüden. Zehn dieser Maßnahmen sollten Priorität erhalten. In der
Umsetzung befinden sich derzeit zwei. Es gibt Dutzende solcher Beispiele.
Das eine Problem ist die Schwerfälligkeit des komplexen Systems, das andere
die notorische Kurzsichtigkeit von Bürger*innen wie Politiker*innen.
Natürlich fordern jetzt alle Hochwasserschutzmaßnahmen. Aber wenn der
nächste Dürresommer kommt? Wenn das Geld für die nächsten drei Krisen
dringender gebraucht wird? Wer fühlt dann noch das Bedürfnis, teure
Baumaßnahmen anzuschieben oder gar nur Geld für eine Sandsackfüllanlage
lockerzumachen? Das ist die eigentlich bittere Lektion aus diesem
Hochwasser: Man weiß genau, was zu tun ist, und schafft es trotzdem nicht.
Der Klimawandel ist zu schnell und zu komplex für uns.
5 Jan 2024
## LINKS
[1] /Angespannte-Hochwasser-Lage/!5981986
[2] https://www.nlwkn.niedersachsen.de/hochwasserschutz/karten_zum_thema_hochwa…
[3] /Hochwasser-in-Niedersachsen/!5437379
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Hochwasser
Niedersachsen
Katastrophenschutz
Klima
Christian Lindner
Kolumne Starke Gefühle
Hochwasser
Hochwasser
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