# taz.de -- Meinungen zur Kindergrundsicherung: „Damit verschärft man Proble… | |
> Verbände kritisieren die geplante Kindergrundsicherung. Zwei Meinungen | |
> von Pro Asyl und vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter. | |
Bild: Für Alleinerziehende bringt die geplante Kinder-Grundsicherung deutliche… | |
Ab 2025 soll die Kindergrundsicherung eingeführt werden. Doch noch immer | |
ist das „größte sozialpolitische Vorhaben der Bundesregierung“ nicht | |
beschlossene Sache – und noch immer gibt es Kritik am geplanten Gesetz. Was | |
geplant ist, wer profitiert und wer nicht, haben wir in einem FAQ | |
zusammengefasst. An dieser Stelle beurteilen zwei Vertreterinnen von | |
Betroffenenverbänden das Projekt. | |
Miriam Hoheisel ist Bundesgeschäftsführerin des [1][Verbands | |
alleinerziehender Mütter und Väter VAMV] | |
Alleinerziehende sind mit 42 Prozent die am stärksten von Armut betroffene | |
Familienform. Für sie ist die Kindergrundsicherung so, wie sie geplant ist, | |
nicht tragbar. Zum einen gibt es keine substantielle Erhöhung des | |
Existenzminimums. Zudem ist für Alleinerziehende nicht nur das Wieviel, | |
sondern auch das Wie entscheidend. Und da gibt es für manche zwar kleine | |
Verbesserungen – für andere aber gleichzeitig deutliche Verschlechterungen. | |
Das darf nicht sein. | |
Unterhalt oder Unterhaltsvorschuss sollen als Kindeseinkommen zu 45 Prozent | |
auf den Zusatzbetrag der Kindergrundsicherung angerechnet werden. Sofern | |
Kinder von Alleinerziehenden im Bürgergeld eines von beidem bekommen, wird | |
für sie mit der Kindergrundsicherung ein Plus entstehen. Positiv ist auch, | |
dass dieses zusätzliche Geld nicht für den Bedarf der Eltern verwendet | |
werden muss, sondern für die Kinder selbst bleiben kann. | |
Aber durch die Hintertür soll das Gesetz Verschlechterungen bringen, die | |
das teilweise wieder zunichte machen. Wenn man zum Beispiel | |
Kindergrundsicherung und Wohngeld zusammendenkt, führt das in manchen | |
Fällen keineswegs zu Verbesserungen, sondern kann zu tatsächlichen | |
Verlusten in der Haushaltskasse führen. Zum zweiten kritisieren wir, dass | |
für alle Kinder, die jetzt den Kinderzuschlag bekommen, in der | |
Kindergrundsicherung für Umgang mit dem anderen Elternteil tageweise | |
Leistungen gekürzt werden sollen. Alleinerziehenden werden dadurch Mittel | |
fehlen, ihr Kind zu versorgen. | |
Und schließlich kritisieren wir die Einschränkung des | |
Unterhaltsvorschusses. Um Erwerbsanreize für Alleinerziehende zu schaffen, | |
sollen Einkommensgrenzen für Eltern von Jugendlichen auf Grundschulkinder | |
übertragen werden. Das ist der reinste Hohn. Alleinerziehende brauchen | |
keine Erwerbsanreize, [2][sondern gesellschaftliche Rahmenbedingungen], | |
damit sie arbeiten können: bedarfsgerechte Kinderbetreuung und ein | |
garantiertes Recht auf Brückenteilzeit zum Beispiel. Damit löst man keine | |
strukturellen Probleme, man verschärft sie. Damit die Kindergrundsicherung | |
für uns überhaupt tragbar ist, müssen diese Verschlechterungen gegenüber | |
dem Status quo wieder zurückgenommen werden. | |
Andrea Kothen ist Referentin bei Pro Asyl | |
Geflüchtete Kinder sind und bleiben aus dem System ausgeschlossen: Die | |
kinderspezifischen Regelsätze des Bürgergelds und der Sozialhilfe sind | |
künftig zwar Teil der Kindergrundsicherung. Die kinderspezifischen Sätze | |
des Asylbewerberleistungsgesetzes sind es jedoch nicht. | |
Für geflüchtete Kinder bedeutet die Kindergrundsicherung sogar eine | |
Verschlechterung. Denn der seit Juli 2022 gewährte Sofortzuschlag von 20 | |
Euro monatlich fällt für sie – anders als für andere Kinder – künftig w… | |
Schon jetzt werden bei geflüchteten Kindern sowohl Menschenwürde als auch | |
der Grundsatz der Gleichbehandlung unterlaufen. Ihre Leistungen liegen | |
unterhalb des Existenzminimums. Die [3][UN-Kinderrechtskonvention] | |
verbietet die Diskriminierung von Kindern aufgrund von Herkunft und | |
Aufenthaltsstatus – eigentlich. Das Bundesverfassungsgericht hat Teile des | |
Asylbewerberleistungsgesetzes mehrfach für verfassungswidrig erklärt. | |
Deshalb hat auch die Ampel im Koalitionsvertrag bekräftigt,das | |
Asylbewerberleistungsgesetz überarbeiten zu wollen: „Jedes Kind soll die | |
gleichen Chancen unabhängig von Herkunft haben, minderjährige Kinder sind | |
von Leistungseinschränkungen ausgenommen“ – das steht im Koalitionsvertrag. | |
Die Kindergrundsicherung müsste also genau die beschriebenen Missstände | |
korrigieren, sie müsste eine Leistung für alle Kinder in Deutschland sein. | |
Aber aller Voraussicht nach wird das Gegenteil der Fall sein: Sie wird den | |
Ausschluss der allerärmsten Kinder in diesem Land aus dem System wohl aktiv | |
fortsetzen. | |
Protokolle aufgezeichnet von Patricia Hecht | |
23 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] http://vamv.de/de/ | |
[2] /Verbandschefin-ueber-Alleinerziehende/!5793830 | |
[3] https://www.unicef.de/informieren/ueber-uns/fuer-kinderrechte/un-kinderrech… | |
## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
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