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# taz.de -- Justizminister legt Konzept vor: Das gemeinsame Altwerden regeln
> Buschmann stellt Pläne zu Verantwortungsgemeinschaften vor. Dabei scheint
> der FDP-Politiker die Bedeutung der Ehe nicht unterminieren zu wollen.
Bild: Wohngemeinschaften für alle! Eine Senior*innen-WG in Rheurdt am Niederrh…
Freiburg taz | Schwestern, die zusammen alt werden, oder
Wohngemeinschaften, die länger zusammenbleiben wollen, sollen bald eine
Verantwortungsgemeinschaft gründen können. Dies schlägt Justizminister
Marco Buschmann (FDP) in einem Eckpunktepapier vor, das solchen
Wahlverwandtschaften das Leben leichter machen soll. Buschmann setzt damit
ein Vorhaben aus dem Ampelkoalitionsvertrag um.
[1][An einer Verantwortungsgemeinschaft sollen] den Plänen zufolge zwei bis
sechs Menschen teilnehmen können. Die Gemeinschaft entsteht demnach durch
einen Vertrag, der beim Notar geschlossen wird, also nicht auf dem
Standesamt. Es gibt auch keine staatliche Prüfung, ob wirklich eine
Nähebeziehung besteht. Beendet wird die Verantwortungsgemeinschaft durch
eine gemeinsame Aufhebung oder durch eine einseitige Kündigung.
Das geplante „Gesetz über die Verantwortungsgemeinschaft“ sieht eine
Grundstufe und vier frei wählbare Module vor. Die Grundstufe regelt eher
dramatische Fälle. So kann eine Verantwortungspartner:in auch eine
Niere oder den Teil einer Leber spenden, was sonst nur bei besonderer
persönlicher Verbundenheit möglich ist. Wenn eine Partner:in ihre
Geschäftsfähigkeit verliert, kann die andere für sie als rechtliche
Betreuer:in eingesetzt werden. Beides könnte man aber auch auf anderem
Wege, etwa durch eine Vorsorgevollmacht, erreichen.
Wichtiger dürften die im Eckpapier genannten Module werden. Im Modul
„Zusammenleben“ kann eine Partner:in für alle gemeinsam Geschäfte
abschließen, etwa eine Waschmaschine kaufen. Im Modul „Gesundheit“ erhalten
Partner:innen ein Auskunftsrecht gegenüber Ärzt:innen und
Krankenhäusern.
## Wenn die Anwältin den Straßenmusiker heiratet
Im Modul „Pflege“ könnte eine Partner:in sich bis zu sechs Monaten von
der Erwerbsarbeit freistellen lassen, um ein anderes Mitglied der
Verantwortungsgemeinschaft zu pflegen. Dieser praktisch sehr relevante
Vorschlag steht aber noch unter einem nicht näher begründeten
„Prüfvorbehalt“.
Große Bedeutung könnte auch das Modul „Zugewinnausgleich“ haben. Wenn eine
Partner:in zugunsten der anderen Partner:in zu Hause bleibt, kann sie
am Ende der Verantwortungsgemeinschaft von den Einnahmen der anderen
mitprofitieren, wie in einer Ehe mit Zugewinnausgleich.
Dieses Modell dürfte ideal für nichteheliche Partnerschaften passen. Wenn
die erfolgreiche Anwältin mit dem aufstrebenden Straßenmusiker eine Affäre
beginnt und ein Kind zeugt, dann stellt der Musiker oft die Karriere zurück
und erzieht das Kind. Sollte die Anwältin nach 13 Jahren dann doch ihren
Kanzleikollegen heiraten, hätte der Musiker zumindest Anspruch auf die
Hälfte der Einnahmen, die die Anwältin in dieser Zeit mehr erwirtschaftete
als er.
Erstaunlicherweise taucht das Wort „nichteheliche Lebensgemeinschaft“ im
Eckpunktepaper und den begleitenden Erläuterungen kein einziges Mal auf.
Buschmann scheint Angst zu haben, dass die Verantwortungsgemeinschaft als
„Ehe light“ und damit als Konkurrenz zur klassischen Ehe angesehen wird.
Ausdrücklich betont Buschmann, was eine Verantwortungsgemeinschaft nicht
bewirkt. Sie verschafft keine Steuervorteile und kein Erbrecht. Sie bringt
keine aufenthaltsrechtlichen Vorteile. [2][Sie verschafft kein Sorgerecht
für Kinder]. Auch ein Aufenthaltsrecht für Ausländer:innen kann so
nicht erreicht werden. Umgekehrt soll auch keine Pflicht entstehen, die
anderen Partner:innen zu pflegen, und eine Bedarfsgemeinschaft beim
Bürgergeld entsteht so auch nicht automatisch.
Es fehlen aber auch Inhalte, die eigentlich in Buschmanns Vorschlag
erwartet worden waren. So fehlt etwa ein Zeugnisverweigerungsrecht für die
Mitglieder der Verantwortungsgemeinschaft. Wohl hatte Buschmann Angst, dass
ein [3][Hells Angels] Chapter kurz vor der Verhaftung zum Notar geht und
sich als Verantwortungsgemeinschaft definiert. Auch die Übernahme der
Wohnung nach dem Auszug der Hauptmieter:in ist nicht vorgesehen. Hier
nimmt der FDP-Minister wohl Rücksicht auf die Vermieter:innen. Buschmann
will spätestens im Herbst einen Gesetzentwurf vorlegen. Nächstes Jahr könne
das Gesetz dann beschlossen werden.
5 Feb 2024
## LINKS
[1] /Lebensmodell-Verantwortungsgemeinschaft/!5950424
[2] /Sorgerecht-fuer-Kinder-nach-Trennung/!5917492
[3] /Hells-Angels/!t5020748
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Wohngemeinschaft
Marco Buschmann
Ehe
Alleinerziehende
Familienpolitik
Kolumne In Rente
Gynäkologie
Kindergrundsicherung
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