# taz.de -- Verlässlichkeit von Studien: Wann wir Zahlen vertrauen | |
> Wissenschaftliche Ergebnisse sind nie exakt. Doch wie transparent sollen | |
> Forscher*innen in ihren Studien mit Unsicherheiten umgehen? | |
Bild: Die Öffentlichkeit kommt mit Unsicherheit klar. Wahrscheinlich | |
Es ist nicht leicht, der Öffentlichkeit Wissenschaft zu erklären. In | |
Studien steht oft, dass die Ergebnisse nicht exakt so stimmen, sondern mit | |
einer gewissen Wahrscheinlichkeit in einem Bereich liegen. | |
Bei so und so viel Kohlenstoff in der Atmosphäre wird sich die Erde | |
beispielsweise nicht genau um zwei Grad erwärmen, sondern in einem Bereich | |
um zwei Grad. In der [1][Fachzeitschrift Royal Society Open Science ist | |
nun eine Studie erschienen], die untersucht, wie man solche Unsicherheiten | |
am besten kommuniziert. | |
## Die Studie | |
Die Forscher*innen führten in den ersten Wochen der Coronapandemie zwei | |
Experimente durch. Beim ersten Experiment bekamen die Teilnehmer*innen | |
einen kurzen Text darüber zu lesen, wie wahrscheinlich es derzeit sei, als | |
70- bis 80-Jährige*r mit einer [2][Corona-Infektion] ins Krankenhaus zu | |
kommen. Es gab drei Versionen dieser Information, die Teilnehmer*innen | |
bekamen jeweils eine zu lesen. | |
Die erste: Die Wahrscheinlichkeit liege bei 17 Prozent. Die zweite: Die | |
Wahrscheinlichkeit liege zwischen 10 und 34 Prozent. Die dritte: Die | |
Wahrscheinlichkeit liege bei 17 Prozent, könne aber auch höher oder | |
niedriger sein. | |
Die Teilnehmer*innen kamen aus aller Welt. Ein zweites, analog | |
aufgebautes Experiment wurde im Anschluss mit Proband*innen aus | |
Großbritannien durchgeführt. | |
Nach der Lektüre des Textes sollten die Teilnehmer*innen angeben, wie | |
sehr sie den Zahlen und der Quelle der Information trauen. Die Ergebnisse | |
des ersten Experiments: Die Proband*innen nahmen die Unsicherheit nur dann | |
wahr, wenn sie erwähnt wurde. Sie vertrauten der Prozentangabe weniger, | |
wenn die Unsicherheit als Zahl angegeben wurde, aber noch weit weniger, | |
wenn sie nur ungefähr angegeben wurde. | |
Der Quelle der Information vertrauten die Teilnehmer*innen ähnlich | |
stark, wenn die Unsicherheit gar nicht oder als Zahl angegeben wurde, | |
während das Vertrauen sank, wenn sie als „höher oder niedriger“ formuliert | |
war. | |
## Was bringt’s? | |
Unter anderem die Erkenntnis, dass es große regionale Unterschiede gibt. | |
Die Teilnehmer*innen aus Großbritannien fanden die Informationsquelle | |
nicht weniger vertrauenswürdig, wenn die Unsicherheit mit „höher oder | |
niedriger“ angegeben wurde. Schwed*innen vertrauen einer Zahl weit mehr, | |
wenn die Unsicherheit beziffert angegeben ist, Koreaner*innen vertrauen | |
ihr dann allerdings weit weniger. | |
Und Deutsche finden es ein kleines bisschen vertrauenswürdiger, die „höher | |
oder niedriger“-Formulierung zu lesen. Die empfundene Vertrauenswürdigkeit | |
geht also stark auseinander. | |
Woran genau das liegt, muss noch erforscht werden. Die Autor*innen | |
schreiben, dass auch andere Studien zu dem Ergebnis kommen, dass Vertrauen | |
vom Kontext abhängt. Aber wer wissenschaftliche Ergebnisse vermitteln will, | |
kann sich schon mal merken: Die Öffentlichkeit kommt mit Unsicherheit klar. | |
Wahrscheinlich. | |
23 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rsos.230604 | |
[2] /Corona-Impfstoff-in-der-EU/!5980861 | |
## AUTOREN | |
Jonas Waack | |
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