# taz.de -- Adventskalender (9): Harte Tür im Konzertsaal | |
> Eine studentisch organisierte Musikreihe bringt an der Universität der | |
> Künste in Berlin Stücke marginalisierter Komponist*innen auf die | |
> Bühne. | |
Bild: Ist der Zugang eingeschränkt, bleibt der Konzertsaal leer | |
Marianne Martines, Graciela Paraskevaidis, Adina Izarra und Charlotte | |
Seither – Wer kennt sie nicht? Nahezu jede*r. Warum? Weil sie nicht der | |
Norm entsprechen. Es sind [1][Musiker*innen, die in der | |
Geschichtsschreibung übersehen] worden sind. Aufgrund ihres Geschlechts, | |
ihrer Religion, ihrer sozialen oder nationalen Herkunft, Hautfarbe, | |
sexueller Identität, Sprache, politischer oder sonstiger Anschauung wurden | |
sie in den Musikkanon nicht aufgenommen – oder nachträglich rausgestrichen. | |
Um auf Musiker*innen wie sie aufmerksam zu machen, haben Studierende | |
der Universität der Künste (UdK) die Konzertreihe „Musica Inaudita“ | |
initiiert, in der sie sich der „Diversifizierung der klassischen | |
Musikszene“ widmen. Bei den von ihn organisierten Konzerten werden | |
ausschließlich Stücke marginalisierter Komponist*innen gespielt. | |
Bestehende klassistische Strukturen sorgten dafür, dass vielen Menschen die | |
Teilhabe an musikalischer Bildung verwehrt würde, so die Organisator*innen. | |
Das, was in den großen Häusern gespielt wird, was die Verlage | |
veröffentlichen, was Algorithmen Zuhörer*innen auf | |
Musikstreaming-Plattformen vorschlagen, [2][bilde nur einen extrem | |
begrenzten Teil der Musikgeschichte] ab. Sie kritisieren, dass viele Werke | |
nie oder kaum die Chance hätten, erlebt und gefühlt zu werden. Von allen | |
2019 in deutschen Berufsorchestern gespielten Werken etwa seien nur 1,9% | |
von Frauen komponiert worden. | |
Um diesen bestehenden Kreislauf aus Diskriminierung und Unterdrückung zu | |
durchbrechen, initiieren die zwölf Organisator*innen jedes Semester | |
eine neue Konzertreihe, bei der sie diskriminierten Musiker*innen eine | |
Plattform bieten. Das Auftaktkonzert dieses Semesters fand Ende November im | |
[3][Kammermusiksaal in Friedenau] statt. Im neuen Jahr wird die Reihe im | |
Jazz Institut Berlin fortgesetzt. Beginn ist am 8. Januar. | |
Weil Diskriminierung im Zugang zu klassischer Musik nicht nur hinter, | |
sondern auch vor der Bühne existiert, fordern die Initiator*innen zudem | |
einen niedrigschwelligeren Zugang zu Konzertsälen. Dazu trägt die | |
Philharmonie mit ihren wöchentlichen Lunchkonzerten bei. Zwischen September | |
und Juni lädt sie jeden Mittwoch um 13 Uhr zu kostenlosen Konzerten im | |
Foyer ein. | |
Ziel sei, mittags für 40 bis 50 Minuten ein bunt gemischtes Publikum von | |
Tourist*innen, Geschäftsleuten, Jungen und Alten zu versammeln. Das | |
Repertoire reicht von Kammermusik bis zu Schlagzeug-Duos, von Tschaikowsky | |
bis Tango. | |
9 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Lilly Schröder | |
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