# taz.de -- Gleichberechtigung bei Klassikkonzerten: Ganz klassisch ohne Frauen | |
> Nur bei einem Bruchteil der Klassikkonzerte im kommenden Jahr werden auch | |
> Stücke von Frauen gespielt. Seit Langem werden Komponistinnen ignoriert. | |
Bild: Wieviele Stücke von Frauen werden hier gespielt? | |
Wer in der kommenden Konzertsaison klassische Stücke von Komponistinnen, | |
aufgeführt von namhaften Orchestern hören will, wird enttäuscht werden. | |
Eine Auswertung der Programme der größten Orchester weltweit [1][durch das | |
„Donne – Women in Music“ Projekt] ergab kürzlich, dass nur bei 76 von me… | |
als 1.400 Konzerten Kompositionen von Frauen aufgeführt werden. Anders | |
ausgedrückt: bei fast 95 Prozent der Konzerte sind nur die Werke von | |
Männern zu hören. Noch krasser spiegeln die Einzelstücke das | |
Geschlechterverhältnis wieder: Die Auswertung zeigt, dass unter den 3.524 | |
geplanten Aufführungen nur 82 Werke von Frauen sind. | |
Ihr Projekt hat die Konzertprogramme für die Saison 2018/2019 von 15 | |
Orchestern ausgewertet, darunter auch die Berliner und die Wiener | |
Philharmoniker. „Ich verstehe es nicht, esgibt keine Ausreden mehr“, sagte | |
Gabrielle Di Laccio, die Gründerin des Donne-Projekts [2][dem Guardian]. | |
„Die Vorstellung, dass es nicht genügend Komponistinnen gäbe oder dass ihre | |
Musik nicht gut genug sei – das ist alles Vergangenheit.“ Oft würden | |
Orchester sich selbst loben, weil sie auch Stücke von Frauen aufführten: | |
„Und dann ist es ein Drei-MinutenStück und alles andere geht 20 oder 40 | |
Minuten lang.“ | |
Auch in den vergangenen Jahren ist die krasse Geschlechterungerechtigkeit | |
immer wieder sichtbar geworden. Seit mehreren Jahren erhebt beispielsweise | |
das Baltimore Symphonieorchester Zahlen für Konzerte der US-Orchester und | |
jährlich ist der Anteil an Werken von Komponistinnen bei unter 2 Prozent, | |
Tendenz sogar sinkend: [3][2014/15 waren es 1,8 Prozent], [4][ein Jahr | |
später 1,7 Prozent], und [5][2016/17 sogar nur 1,3 Prozent]. In | |
Philadelphia lieferte ein Konzertsprecher dafür [6][eine vermeintlich | |
einfache Erklärung]: „Ehrlich gesagt ist das ein Versehen. Wahrscheinlich | |
können wir das noch korrigieren.“ | |
Dass es bei dem Missverhältnis darum geht, dass es in der Vergangenheit nur | |
wenige Komponistinnen gegeben habe, lässt Di Laccio nicht gelten. Ihr | |
Projekt „Donne“ habe sie gegründet, um das Werk von Frauen herauszustellen | |
und verweist auf mehr als 6.000 KomponistInnen, die seit mehreren | |
Jahrhunderten gewirkt haben. „Es gab für Frauen nicht dieselben | |
Voraussetzungen“, schreibt sie. „Meist wurden ihre Beiträge übersehen.“ | |
(lrs) | |
14 Jun 2018 | |
## LINKS | |
[1] http://www.drama-musica.com/stories/2018_2019_orchestra_seasons.html | |
[2] https://www.theguardian.com/music/2018/jun/13/female-composers-largely-igno… | |
[3] http://www.bsomusic.org/stories/the-2014-15-orchestra-season-by-the-numbers… | |
[4] http://www.bsomusic.org/stories/what-data-tells-us-about-the-2015-16-orches… | |
[5] http://www.bsomusic.org/stories/the-data-behind-the-2016-2017-orchestra-sea… | |
[6] http://www.philly.com/philly/entertainment/arts/the-philadelphia-orchestra-… | |
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