# taz.de -- Parlament in Indien: Wenn Kritik zur Ruhestörung wird | |
> Wegen „Ruhestörung“ wurden in Indien 140 Abgeordnete der Opposition aus | |
> Parlamentssitzungen ausgeschlossen. Der Regierung passt das gut. | |
Bild: Rechts im Bild: Ein Mann springt in den Plenarsaal des indischen Parlamen… | |
Mumbai taz | Die Liste wird immer länger: Inzwischen sind 141 | |
Oppositionsabgeordnete im indischen Ober- und Unterhaus von der laufenden | |
Wintersitzung ausgeschlossen worden. „Es ist eine Schande, ein schwarzer | |
Tag für Indiens Demokratie“, schimpfte die Politikerin Supriya Sule am | |
Dienstag. Auch ihr Name steht auf der schwarzen Liste. „Spricht man sich | |
gegen die Regierung aus, weil man sich für Arme, Unterdrückte, Bauern und | |
die Jugend einsetzt, wird man rausgeworfen“, erklärte sie. | |
Am letzten Mittwoch, dem 22. Jahrestag eines Terrorangriffs auf das | |
Parlament, kam es zu chaotischen Szenen im neuen Parlamentsgebäude: Ein | |
Mann sprang von der Besuchergalerie in den Plenarsaal, andere ließen Rauch | |
aufsteigen. | |
Oppositionsabgeordnete forderten darauf eine Debatte über Sicherheitsmängel | |
und eine Stellungnahme von Innenminister Amit Shah (BJP), wurden aber wegen | |
„unwürdigen Verhaltens“ ausgeschlossen. | |
Ihnen wird vorgeworfen, Sitzungen gestört zu haben. Schon zuvor waren sie | |
gewarnt worden. Doch sie protestierten, weil sie kritische Fragen stellen | |
wollten. | |
## Kritik an Suspendierungen führt zu mehr Suspendierungen | |
Mit „Demokratie im Visier“-Plakaten machten sie ihrem Unmut vor dem | |
Parlamentsgebäude Luft. Die meisten gehören der Oppositionsallianz INDIA | |
an. Sie wollen bei den Wahlen nächstes Jahr geschlossen gegen die | |
regierende hindunationalistische Volkspartei (BJP) von [1][Premierminister | |
Narendra Modi] antreten. | |
Die Allianz hat derzeit knapp 140 Abgeordnete im 543 Sitze zählenden | |
Unterhaus, von denen inzwischen 95 suspendiert sind. Im 250 Sitze zählenden | |
Oberhaus stellt die Allianz etwa 100 Abgeordnete, von denen 46 | |
ausgeschlossen wurden. | |
Das harte Vorgehen löste tagelange Protesten gegen die Regierung aus: „Alle | |
demokratischen Standards werden vom autokratischen Modi in den Müll | |
geworfen“, meinte der Chef der Kongresspartei, [2][Mallikarjun Kharge], auf | |
der Plattform X. Das Vorgehen verstärke den Verdacht, die BJP wolle Indiens | |
Demokratie zerstören. | |
Regierungschef Modi sagte hingegen, die Opposition sei „nicht dazu | |
bestimmt, konstruktive Arbeit zu leisten“. Gerade erst wurde ein neues | |
Telekommunikationsgesetz, dass der Regierung mehr Rechte gibt, ohne große | |
Diskussion eingebracht. Drei weitere Gesetzentwürfe der BJP stehen noch | |
aus. Darunter eine Änderung des Strafrechts, die laut Kongresspartei „die | |
Rechte der Bürger einschränken könnte“. | |
In beiden Kammern hatte die BJP zwar längst schon Mehrheiten, doch jetzt | |
trifft sie dort nur noch auf minimalen Widerstand. „Mit einem Parlament | |
ohne Opposition kann die Modi-Regierung nun Gesetze ohne jede Debatte | |
durchpeitschen und jeden Widerspruch unterdrücken“, sagte Kharge. | |
19 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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