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# taz.de -- Vorsitz der Kongresspartei in Indien: Sieg für „King Kong Kharge…
> Mallikarjun Kharge ist neuer Vorsitzender der Kongresspartei. Damit liegt
> der Vorsitz seit 1998 wieder außerhalb der Nehru-Gandhi-Familie.
Bild: Politveteran Mallikarjun Kharge im Gespräch mit künftigen Jungwählern …
Mumbai taz | „Die Reichen werden immer reicher und die Armen immer ärmer,
und nur bestimmte Personen haben sich den Reichtum angeeignet“, hatte
Mallikarjun Kharge kürzlich im internen Wahlkampf um den Vorsitz der
Kongresspartei in Mumbai erklärt. Kharge versprach Änderung. Am Mittwoch
wurde der 80-jährige Ex-Arbeitsminister und heutige Oberhausabgeordnete zum
Sieger erklärt.
Seit Montag hatten 9.900 Delegierte für die nach Parteiangaben 40 Millionen
Mitglieder über den künftigen Parteivorsitz abgestimmt. Kharge kam auf
überwältigende 7.897 Stimmen, sein einziger Gegenkandidat, der 66-jährige
Shashi Tharoor, auf 1.072.
Beiden ist gemein, dass sie aus Südindien stammen. Kharge aus Karnataka,
Tharoor aus Kerala. Letzterer war viele Jahre UN-Diplomat, ist ein
anerkannter Schriftsteller, Unterhausabgeordneter und international viel
bekannter als Kharge. Kharge kommt aus einer oberen Kaste, gilt als eitel
und elitär und hat im Gegensatz zum Dalit Kharge nicht die Unterstützung
der Familie Nehru-Gandhi, die bisher die Partei führte.
Diese Familie dominierte auch jahrzehntelang Indiens Politik. Doch seit
Narendra Modi von der hindunationalistischen Volkspartei (BJP) 2014 zum
Premierminister gewählt wurde, hat der Kongress weiter an Macht und
Einfluss verloren.
## Die Kongresspartei hat immer mehr Einfluss verloren
Korruptionsvorwürfe plagen die Partei, aber auch ein Mangel an
parteiinterner Demokratie. In den letzten Jahren hat der Kongress immer
mehr Regierungen in den Bundesstaaten an die BJP verloren. Die fährt im
säkularen Indien einen Rechtskurs und setzt sich auf Kosten von
Minderheiten für die hinduistische Mehrheit ein.
Der einst mächtige Kongress stellt heute nur noch zwei Ministerpräsidenten,
die BJP dagegen zwölf. Nach den [1][erneut verlorenen Parlamentswahlen
2019] gab der heftig kritisierte Rahul Gandhi den Parteivorsitz nach
weniger als zwei Jahren wieder ab. Seine Mutter Sonia Gandhi, die schon
seine Vorgängerin war, übernahm wieder die Führung.
Seitdem wechselten nicht wenige die Seiten, darunter der amtierende
Luftfahrtminister Jyotiraditya Scindia (BJP). Der heute 51-Jährige sah im
Kongress zu wenig Aufstiegschancen für Jüngere. Tatsächlich wurden auch
Kongressmitglieder gezielt abgeworben. Zudem sieht sich die indische
Opposition Schikanen, Durchsuchungen und Festnahmen etwa durch
Finanzbehörden ausgesetzt.
In dieser schwierigen Lage sah es zunächst so aus, als fühlten sich nur
wenige gewappnet, das Erbe und die Rettung der Partei anzutreten. Doch
wurden die Kampagnen von Kharge und Tharoor in der Öffentlichkeit positiv
aufgenommen. Zugleich riss Rahul Gandhi, der sich derzeit auf einem
fünfmonatigen Marsch über 3.500 Kilometer quer durch Indien befindet, die
Partei aus ihrer Passivität.
## Kharge ist loyal gegenüber der Nehru-Gandhi-Familie
Der Politveteran Kharge genießt parteiübergreifend Respekt, ist bereits
Oppositionsführer im Oberhaus, spricht mehrere Lokalsprachen und gilt als
Identifikationsfigur für die meist ländliche Wählerschaft. Denn die
regierende BJP gilt in vielen Regionen als Partei wohlhabenderer Städter.
Bei Kharges Geburt stand Indien noch unter britischer Kolonialherrschaft.
Bis heute verbinden viele die Kongresspartei mit dem indischen
Freiheitskampf und fühlen sich deshalb der Familie Gandhi-Nehru verbunden.
Ob Kharge aber auch die Jungwählerschaft mobilisieren kann, ist fraglich.
Nach einem Aufbruch sieht seine Übernahme des Vorsitzes nicht aus. Viele
sehen in seiner erklärten Loyalität gegenüber der Nehru-Gandhi-Familie
vielmehr eine Absicherung ihres Einflusses.
„Während Kharge im Alter von 80 Jahren seine besten politischen Tage hinter
sich gelassen haben mag, sollten wir nicht vergessen, dass er der Sohn
eines armen Fabrikarbeiters ist, dessen Mutter starb, als er sechs Jahre
alt war, er einer der ersten aus seiner Familie war, der die Universität
besuchte, der die Gewerkschaft der Fabrikarbeiter in Gulbarga gründete und
auf Blockebene mit der Politik begann“, sagte der politische Beobachter
Rajdeep Sardesai. Der Bestsellerautor Chetan Bhagat beschrieb Kharges Wahl
hingegen kritisch als Referendum über eine familiengeführte Partei.
Das Wochenmagazin [2][India Today] feierte ihn auf Twitter als „King Kong
Kharge“. Der jüngere Tharoor wird auch später noch Chancen auf den Vorsitz
haben. Auf nationaler Ebene stehen die nächsten Wahlen 2024 an.
19 Oct 2022
## LINKS
[1] /Parlamentswahl-in-Indien/!5594896
[2] https://twitter.com/IndiaToday/status/1582655454513332230
## AUTOREN
Natalie Mayroth
## TAGS
Indien
Kongresspartei
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BJP
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