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# taz.de -- Symbolpolitik, Kühnert und Bahnstreik: Weselsky wackelt nicht
> Die CDU betreibt Symbolpolitik, Kevin Kühnert will den starken Schultern
> mehr Lasten auftragen – und Claus Weselsky von der GDL bleibt eisern.
Bild: Schnee und Frost schon Ende November – nein, das widerspricht nicht der…
Wenn irgendwo Schnee liegt, bin ich immer versucht, mich hineinzulegen und
mit meinen Armen und Beinen einen Schneeengel zu malen. Aber es liegt ja
fast nie irgendwo ausreichend Schnee. Anders diese Woche in Bayern, wo Züge
stehen und Flugzeuge am Boden blieben, während ich – 800 Kilometer entfernt
im trüben Berlin – eine Kindheit mit Schneemännern und -bällen
herbeiromantisierte. Bei einer Videokonferenz nahm ich vor allem die
tanzenden Schneeflocken vor dem Fenster der Kollegin wahr, die in München
eingeschneit war, und hörte kaum hin, als sie uns über praktische Dinge wie
das anstehende Schneeschippen aufklärte.
Schnee und Frost schon Ende November – nein, das widerspricht nicht der
globalen Erderwärmung. In den Medien erklären dieser Tage wieder einmal
Klimawissenschaftler*innen den Unterschied zwischen Wetter
(kurzfristig) und Klima (langfristige Veränderung).
Mit Letzterem befasst sich derzeit die Weltklimakonferenz in Dubai, wo sich
Vertreter*innen der Staaten dieser Welt auf globale Maßnahmen einigen
sollen, um den weltweiten Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Damit wird es zwar voraussichtlich nichts, aber immerhin stimmten die
Industriestaaten einem Entschädigungsfonds für arme Länder zu, die
besonders von der Klimakrise betroffen sind.
Die EU und ihre Mitgliedstaaten wollen 220 Millionen Euro zugeben. Wenn
man allerdings bedenkt, dass alleine die vom deutschen
Bundesverfassungsgericht kürzlich beanstandeten Coronagelder, die die
Bundesregierung dem Klima- und Transformationsfonds zugeleitet hatte, 60
Milliarden Euro betrugen, erkennt man schnell, dass die EU-Zusagen an den
Globalen Süden genau genommen nicht einmal symbolischen Wert haben.
## Linnemann und der Betrug
Als Symbolpolitik muss man dagegen die der CDU bezeichnen: Zur Lösung des
Haushaltschaos fällt Generalsekretär Carsten Linnemann nicht mehr ein, als
das sogenannte Bürgergeld zu kürzen und dessen Empfänger*innen pauschal
betrügerischen Bezug zu unterstellen. So zuletzt am Donnerstag bei Maybrit
Illner.
Auch gegen Mit-Gästin Sahra Wagenknecht fehlten ihm die Argumente. Er
patzte sie an, [1][sie spreche ja nicht einmal für eine Partei] (ihr
Bündnis ist bisher ja nur ein Verein), nur um sie gleich darauf für die
Situation in Thüringen verantwortlich zu machen, wo die Linke den
Ministerpräsidenten stellt. Dabei waren sich beide gar nicht so uneins.
Denn auch Wagenknecht sprach von Sozialbetrug beim Bürgergeld, sah den aber
nur bei ukrainischen Geflüchteten. [2][Die CDU tritt nach unten],
Wagenknecht nach außen.
Dagegen hat sich SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert in den vergangenen Tagen
offenbar wieder seiner Juso-Zeiten besonnen und forderte eine höhere
Besteuerung Vermögender. 20 Euro weniger Transferleistungen würden den
Haushalt nicht retten. Vielmehr müsse man darüber nachdenken, ob ein Land,
welches sich niedrige Steuern im Vermögensbereich leiste, „vielleicht ein
bisschen mehr Last auf die starken Schultern verteilen kann“, so Kühnert.
## Wackelnde Leuchttürme
Apropos Sprachbilder: Die Süddeutsche schrieb zum Thema Chip- und
Halbleiterfabriken im Osten, die wegen der Haushaltslage nun gefährdet
sind: Es „wächst die Sorge, ob die Leuchttürme nicht doch wackeln“, und i…
versuche mir bildlich vorzustellen, wie mehrere Leuchttürme nebeneinander
auf dem Deich stehen und hin und her wackeln. Nein, lieber nicht.
Wer nicht wackelt – oder besser: wankt –, ist GDL-Chef Claus Weselsky. Weil
die Bahn den Forderungen der Gewerkschaft nicht entgegenkommen will – unter
anderem eine Arbeitszeitverkürzung von 38 auf 35 Stunden pro Woche, dazu
555 Euro mehr im Monat –, hatte die Gewerkschaft [3][von Donnerstag- bis
Freitagabend zum Warnstreik aufgerufen]. Nun trägt nicht nur der Schnee,
sondern auch die GDL zum Verkehrschaos bei. Dabei kann man die GDL geradezu
rücksichtsvoll nennen: Da die Bahnen wegen des Schnees diese Woche im
halben Land sowieso praktisch nicht fahren, führt der Streik nur zu halb so
vielen Ausfällen wie sonst.
9 Dec 2023
## LINKS
[1] /Linksfraktion-aufgeloest/!5974085
[2] /Haushaltsstreit-und-Buergergeld/!5974269
[3] /Bahn-Streik-ab-Donnerstagabend/!5978575
## AUTOREN
Johanna Treblin
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