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# taz.de -- Grundsatzprogramm der CDU: Konservative Ideenlosigkeit
> Der Entwurf für das Grundsatzprogramm der CDU ist unchristlich,
> widersprüchlich – kurz: zum Nachsitzen. Nützen wird der Partei der
> Prozess trotzdem.
Bild: Merz muss nachsitzen
Eines muss man festhalten: Die CDU traut sich mit ihrer Debatte zu einem
neuen Grundsatzprogramm etwas, das andere Parteien schon in den Ruin
getrieben hat. Sie verhandelt internen Streit mehr oder weniger öffentlich.
Der Entwurf, den Generalsekretär Carsten Linnemann am Montag [1][zur
Neuausrichtung der Partei] vorlegte, lieferte eine Bestandsaufnahme aus den
Tiefen der CDU, doch auf dieser Grundlage kann man nur hoffen, dass der
parteiinterne Streit noch etwas weitergeht.
Die Kommission um den Generalsekretär schlägt in ihrem Entwurf nicht nur
Asylzentren in Drittstaaten vor, in der europäische Asylanträge bearbeitet
werden sollen. Vielmehr sollen Menschen, die dann einen Schutzstatus
erhalten, in den Drittstaaten selbst unterkommen. Der EU solle dann die
bequeme Rolle zukommen, freiwillig aus den Drittstaaten Menschen
aufzunehmen.
Wer es mit diesem Vorschlag ernst meint, muss nachsitzen und
weiterarbeiten. Nicht nur, dass dieser Vorstoß erhebliche Zweifel an einer
irgendwie gearteten christlichen Sozialethik aufkommen lässt, mit der sich
die Partei ebenfalls in dem Programmentwurf schmückt. Auch andere
Widersprüche werden deutlich: So bekennt sich die Union im Entwurf
einerseits zum Grundrecht auf Asyl, spricht sich aber gleichzeitig für eine
Kontingentierung der Asylmigration nach Deutschland aus.
## Erkenntnisse nicht dem Populismus opfern
Wegen dieser Ungereimtheiten liegt der Verdacht nahe, dass für die Union
die ehrliche Selbstkritik nach der Wahlschlappe von 2021 Grenzen hat. Trotz
allerlei Mitgliederbefragungen und Symposien für das Grundsatzprogramm
wirkt der Entwurf wie eine tagespolitische Bestandsaufnahme. Leitkultur und
Atomkraft wirken im durchaus ambitionierten Prozess zur inhaltlichen
Neuaufstellung wie traurige Stichworte einer konservativen Ideenlosigkeit.
Die [2][Linkspartei zerlegte sich an Debatten zur Migrationspolitik], die
SPD seinerzeit in Auseinandersetzungen zu den Sozialgesetzen. Dass die
Union es schafft, sich kritisch mit der inhaltlichen Aushöhlung während der
Ära Merkel auseinanderzusetzen, zeigt, dass der Machtinstinkt der
Parteispitze stark ist.
Nun ist die Frage, wie viel dieser Diskussionskultur, die sich die Union
selbst auferlegte und 2023 zum „Mitmachjahr“ erklärte, in das kommende
Wahljahr reicht. Wichtig wird, ob und wie es der Parteichef schafft, die
gewonnenen Erkenntnisse nicht dem stumpfen Populismus zu opfern. Denn wenn
die CDU wirklich Machtinstinkt hat, hat sie längst erkannt, dass die
Arbeit an dem Programm für die Partei weitaus wichtiger war [3][als das
Dokument selbst].
11 Dec 2023
## LINKS
[1] /Neues-Grundsatzprogramm-der-CDU/!5975994
[2] /Linksparteitag-in-Augsburg/!5970927
[3] /Entwurf-zum-CDU-Grundsatzprogramm/!5976057
## AUTOREN
Cem-Odos Güler
## TAGS
CDU
Merkel-Nachfolge
Grundsatzprogramm
Jens Spahn
Migration
Asyl
Schlagloch
Islam
CDU
Utopie
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