# taz.de -- Klagen der AfD zurückgewiesen: Bremer Wahl wird nicht wiederholt | |
> Bremens AfD klagte gegen den Ausschluss der Partei von der Bremer | |
> Bürgerschaftswahl im Mai. Nun hat das Wahlprüfungsgericht die Klagen | |
> abgewiesen. | |
Bild: Erfolglos: Die AfD-Rumpfvorständler Sergej Minich und Fabian Jacobi bei … | |
BREMEN taz | Die Bremer AfD hatte sich da ein ganz schönes Ei gelegt: Vor | |
rund einem Jahr, fünf Monate vor der Bürgerschaftswahl, reichten zwei | |
zerstrittene, sich beide für legitimiert haltende Vorstände zwei | |
Landeslisten für die Wahl ein. [1][Am Ende wurde keine anerkannt], weil es | |
eben eine zu viel war. Die AfD nahm somit an der Wahl nicht teil und sitzt | |
entsprechend heute nicht mehr in Bremens Landesparlament. | |
Am Dienstag verhandelte das Wahlprüfungsgericht über die Anfechtungen der | |
Wahl – und wies alle Einsprüche zurück. Entsprechend der Linie des | |
Konflikts verhandelte das Gericht sogar mehrere Einsprüche, na klar: | |
[2][von beiden Vorständen]. | |
Da wäre einmal der sogenannte Rumpfvorstand um Landesvize Sergej Minich. | |
Dieser wurde beim Parteitag im Mai 2022 gewählt, als kein Kandidat genug | |
Stimmen für den Posten des Vorsitzenden bekommen hatte. Dieser Vorstand | |
wird immerhin von der Bundes-AfD akzeptiert, obwohl das parteiinterne | |
Schiedsgericht ein anderes Gremium eingesetzt hatte: den Notvorstand, zu | |
dem die damaligen Bürgerschaftsabgeordneten der Partei [3][Frank Magnitz] | |
und Heinrich Löhmann gehören. | |
Im November 2022 luden sie per Zeitungsannonce im Weser Kurier zur | |
Mitgliederversammlung ein, um die Landesliste aufzustellen. Weil die | |
Bundespartei ihnen die Herausgabe der Adresslisten der Mitglieder | |
verweigert haben soll, sahen sie sich zu dieser ungewöhnlichen Methode | |
gezwungen. | |
## Bundespartei warnte sogar vor der Einladung | |
Zuerst verhandelte das Gericht die Einsprüche von Löhmann und Harald Rühl, | |
die für den Notvorstand stehen. Laut Gericht war hier vor allem zu klären, | |
ob zu der Wahlversammlung ordnungsgemäß eingeladen wurde. Zwar gebe es | |
weder im Wahlgesetz Bremen noch in der Satzung des AfD-Landesverbands | |
konkrete Angaben darüber, was das genau heißt, sagte Richterin Silke | |
Benjes. | |
Doch alle wahlberechtigten Mitglieder einer Partei müssten die Möglichkeit | |
haben, an so einer Wahl teilzunehmen – logischerweise also auch an der | |
Versammlung. Zwar sei der Weser Kurier weit verbreitet, „aber wie viele | |
lesen den oder rechnen damit, dass auf diesem Weg eine Einladung erfolgen | |
könnte?“ | |
In einer Mail der Bundesgeschäftsstelle an alle Mitglieder sei der Termin | |
aber auch erwähnt worden, argumentierten Rühl und Löhmann. „Ja, aber darin | |
stand, dass die Einladung nicht ordnungsgemäß sei“, sagte Benjes. | |
Ein weiteres Argument des Gerichts: Die Versammlung hätte auch später | |
stattfinden können. Bis dahin hätte der Notvorstand rechtliche Schritte | |
unternehmen können, um an die Adressen zu kommen. Denn schließlich sei das | |
Einreichen von Wahlvorschlägen bis zur ersten Märzwoche möglich gewesen. | |
Das Gericht befand jedenfalls: Die Versammlung genügte nicht den | |
rechtlichen Anforderungen. „Sie haben Ihre Hausaufgaben nicht gemacht“, | |
befand Michael Weiß, Leiter des Plenardienstes der Bürgerschaft, der neben | |
Vertretern des Landeswahlleiters an der Verhandlung teilnahm. | |
Löhmann, inzwischen aus der Partei ausgeschlossen wegen ausstehender | |
Mitgliedsbeiträge, monierte: „Es hat nie eine zweite legale Liste gegeben.“ | |
Dass der Rumpfvorstand von der Bundespartei unterstützt wird, könne er | |
nicht verstehen. „Die zweite Liste ist eine Fiktion der Presse und eine | |
totale Fehleinschätzung der Landeswahlleitung in Bremen.“ Man habe alles | |
richtig gemacht, auch ordnungsgemäß eingeladen. „Ganz Bremen fühlt sich | |
hinter die Fichte geführt, und Sie haben jetzt die Chance, das zu | |
korrigieren.“ | |
Dann folgte der zweite Akt: Der sogenannte Rumpfvorstand, am Dienstag | |
vertreten durch Sergej Minich, Thomas Jürgewitz, dem Kreisvorsitzenden der | |
AfD Bremerhaven und unterstützt von Fabian Jacobi, Bundestagsabgeordneter | |
und Jurist aus Nordrhein-Westfalen, fühlt sich ebenfalls benachteiligt. Die | |
von ihm vorgelegte Landesliste wurde zurückgewiesen mit der Begründung, | |
dass nicht der rechtmäßige Vorstand der Partei unterschrieben habe. | |
Die drei erklärten, dass die Entscheidungen des Landes- und | |
Bundesschiedsgerichts zur Einberufung des Notvorstands, an denen sich die | |
Landeswahlleitung orientierte, Mängel gehabt hätten: Sie seien „krass | |
willkürlich“, verfahrenswidrig, materiell falsch gewesen. Die | |
Schiedsgerichte hatten eklatante Mängel am Parteitag im Mai 2022, bei dem | |
der Rumpfvorstand gewählt worden war, festgestellt und den Notvorstand | |
einberufen. | |
## Gerichtsverfahren halfen dem Rumpfvorstand nicht | |
Meike Jörgensen, Vorsitzende Richterin und Präsidentin des | |
Verwaltungsgerichts, sagte, dass der Rumpfvorstand vor Gericht ein Urteil | |
hätte erstreiten können, um seine Rechtmäßigkeit zu belegen. Das habe man | |
versucht, sagte Jacobi. Keine der vorgelegten Entscheidungen betreffe | |
jedoch die Zulässigkeit des Rumpfvorstands, entgegnete Jörgensen. | |
Jürgewitz kämpfte vor allem für eine Wahlwiederholung in Bremerhaven. Denn | |
hier wurde die – ebenfalls vom Rumpfvorstand unterschriebene – Liste | |
zunächst anerkannt. Man habe in Bremerhaven natürlich von den | |
innerparteilichen Streitigkeiten gewusst, sagte Jürgewitz – sei aber nicht | |
involviert gewesen. | |
Zu keinem Zeitpunkt habe er daran gezweifelt, dass die Liste zugelassen | |
werde: „Es gab für Bremerhaven immer nur eine Liste. Der Notvorstand wollte | |
nie eine andere.“ Wenn man nur rechtzeitig gewusst hätte, dass die | |
Unterschriften unter der Landesliste nicht gültig waren, hätte man | |
sicherlich was dagegen getan. „Man hat uns ins offene Messer laufen | |
lassen“, kritisierte Jürgewitz. | |
Weiß vom Plenardienst verwies auch in diesem Verfahren auf die | |
Verantwortung der Parteien. Den Vorwurf, dass die Landeswahlleitung die | |
Vorschläge zu spät oder zu wenig geprüft habe, wies er zurück: „Den Streit | |
kannten Sie in dem Moment, als der Landeswahlleiter Ihnen gesagt hat: | |
Einigt euch.“ | |
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; eine Beschwerde vor | |
Staatsgerichtshof ist möglich. | |
6 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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