| # taz.de -- Haushaltsstreit in Berlin: Rechnungshof rügt Ampel | |
| > Die Regierung will das 60-Milliarden-Loch per Nachtragshaushalt stopfen. | |
| > Der Rechnungshof hält das bei einer Anhörung für „äußerst problematisc… | |
| Bild: 60 Milliarden Euro fehlen für den Bundeshaushalt 2024 | |
| Berlin taz | Die möglichen Lösungen für die Finanzprobleme der | |
| Ampelregierung bleiben umstritten. Als „verfassungsrechtlich äußerst | |
| problematisch“ bezeichnete der Bundesrechnungshof am Dienstag den von SPD, | |
| Grünen und FDP geplanten Nachtragshaushalt für dieses Jahr. Für den | |
| Bundeshaushalt 2024 zeichnete sich noch keine Einigung innerhalb der | |
| Koalition ab. | |
| Auf Klage der oppositionellen Union verbot das Bundesverfassungsgericht | |
| Mitte November, wegen der Coronapandemie beschlossene Staatsschulden für | |
| aktuelle Ausgaben umzuwidmen, etwa die Klimapolitik. Die Regierung habe | |
| gegen die Schuldenbremse im Grundgesetz verstoßen. Deswegen fehlen der | |
| Ampel nun 60 Milliarden Euro unter anderem für den Bundeshaushalt 2024. | |
| Aber auch für 2023 muss die Regierung durch das Urteil entstandene Löcher | |
| mit einem Nachtragshaushalt schließen. | |
| Über diesen Nachtragsetat debattierte der Haushaltsausschuss des | |
| Bundestages am Dienstag. Die Fraktionen des Parlaments hatten | |
| Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eingeladen, die beurteilen | |
| sollten, ob das nachträgliche Budget den Anforderungen des Urteils | |
| entspricht. Die wesentliche Veränderung für 2023 soll darin bestehen, dass | |
| Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zusätzliche Kredite von 43 | |
| Milliarden Euro aufnehmen will, um die Energiepreisbremsen zu bezahlen. | |
| Dafür muss der die Schuldenbremse noch einmal aussetzen. Eigentlich hatte | |
| die Koalition alte, in 2022 beschlossene Kredite eingeplant, was nach dem | |
| Urteil aber nicht mehr möglich ist. | |
| Dieses Verfahren bewertete Jan Keller vom Bundesrechnungshof in der | |
| Anhörung als richtig. Allerdings kritisierte der von der Union benannte | |
| Experte, dass weitere kreditfinanzierte Nebenhaushalte der Bundesregierung | |
| ebenfalls legalisiert werden müssten. Diese „Sondervermögen will die | |
| Bundesregierung dagegen nicht bei der Berechnung der Schuldenregel | |
| berücksichtigen“, sagte Keller. Die diesjährige Neuverschuldung liege damit | |
| immer noch beträchtlich über der Schuldenbremse im Grundgesetz, ohne dass | |
| die Regierung dafür eine saubere Lösung anbiete. | |
| Kellers Fazit: „Aus Sicht des Bundesrechnungshofs bleibt der Bundeshaushalt | |
| 2023 auch unter Berücksichtigung der Entwürfe eines | |
| Nachtragshaushaltsgesetzes 2023 verfassungsrechtlich äußerst | |
| problematisch.“ Grundsätzlich könnte mit dieser Bewertung eine erneute | |
| Klage der Union beim Verfassungsgericht im Raum stehen. | |
| ## Der russische Ukrainekrieg als Notlage | |
| Andere Gutachterinnen und Gutachter gaben dagegen der Regierung recht. Der | |
| von der SPD benannte Jurist Joachim Wieland erklärte, das Urteil des | |
| Verfassungsgerichts beziehe sich nicht auf alle Sondervermögen im Haushalt, | |
| sondern nur auf Nebenetats, deren hohe Kreditaufnahme durch eine Notlage, | |
| also eine im Grundgesetz vorgesehene Ausnahme von der Schuldenbremse, | |
| begründet wurde. | |
| Mit ihrem Nachtragshaushalt liefere die Regierung im Übrigen nun die Folgen | |
| des russischen Angriffs auf die Ukraine als Begründung der Notlage für | |
| dieses Jahr nach, sagte der ebenfalls von der SPD geladene Jurist Alexander | |
| Thiele. Dadurch werde die höhere Verschuldung jenseits der Schuldenbremse | |
| 2023 im Einklang mit dem Urteil und dem Grundgesetz ermöglicht. | |
| Wirtschaftsweise Monika Schnitzer, von den Grünen benannt, erklärte, wie | |
| der Krieg die wirtschaftliche Lage hierzulande immer noch beeinträchtige. | |
| Während sich die Anhörung eher mit der Vergangenheit beschäftigte, | |
| veröffentlichte der unabhängige wissenschaftliche Beirat des | |
| Bundeswirtschaftsministeriums einen Lösungsvorschlag für die Zukunft. | |
| Demnach könnte die Schuldenbremse so verändert werden, dass öffentliche | |
| Investitionen beispielsweise in die Bahn oder Firmenansiedlungen von der | |
| Schuldenbremse ausgenommen wären. Das gäbe den staatlichen Haushalten mehr | |
| Spielraum, Sondervermögen und Nebenetats wären weniger nötig. | |
| 5 Dec 2023 | |
| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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