Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ampel, Jan Ullrich, OpenAI: Tricks gegen die Realität
> Die Ampel muss akzeptieren, dass es wehtun wird. Jan Ullrich macht
> Werbung. Und Tech-Bosse füttern Allmachtsfantasien.
Bild: Alle wussten vom Doping, nun hat es Jan Ullrich endlich gestanden
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Regierung hat keinen Plan B.
Und was wird besser in dieser?
Regierung ernennt sich zum Plan B.
Die Regierung will nach dem [1][Urteil des Bundesverfassungsgerichts] nun
die Schuldenbremse aussetzen und einen Nachtragshaushalt für 2023
beschließen. Stünde die Ampel für die deutsche Wirtschaft damit wieder auf
Grün?
2021 urteilte ebendies Gericht, die aktuelle Klimapolitik verletzte die
Rechte junger Menschen und kommender Generationen. Okay, mal laienhaft:
Daraus fix einen Notstand zu formulieren, ein entsprechendes Sondervermögen
aufzulegen und in die Zukunft zu investieren, erschien plausibel.
Jedenfalls plausibler als der Hütchenspielertrick, der der Ampel um die
Ohren geflogen ist. Oder das Ringen um Restmilliarden, mit denen nun
sterbende Industrien durchgefüttert und teuer Privilegien erhalten werden
sollen. Stahl wird nicht mehr rentabel werden, Verbrennerautos werden
sterben. Das wird jetzt ein bisschen wehtun.
Jan Ullrich hat gedopt. Was ist daran neu?
2024 begehen wir „100 Jahre kein Meter sauber“ bei der Tour de France.
Damals stiegen die Siegfahrer und Brüder Hénri und Francis Pélissier bei
einem Dorfgasthof von den Rädern, luden einen Reporter auf eine Tasse Kakao
ein und kippten ihm das Elend auf den Tisch: Chloroform, Kokain, allerhand
Tabletten. Die Tour sei ohne das, was damals noch nicht „Doping“ hieß,
nicht zu überstehen – geschweige denn zu gewinnen. Ullrich ist überführt
und verurteilt, sein Geständnis ist ungefähr so mutig, als wolle er eine
Amazon-Doku PR-mäßig anheizen. Nur wir kriegen wieder keinen Kakao.
Die Grünen hatten Parteitag in Karlsruhe. Hat etwas überrascht?
Wenigstens die Grünen glaubten noch an „Wetten, dass..“ und legten ihre
Migrationsdebatte auf Samstagabend. Schlechtes Versteck, die Jugend hatte
eine rustikale Saalwette reingewürgt, dass [2][es auch mal gut sei mit
Asylrechtsbeschränkungen]. Immerhin kam es so nicht zur ebenso
schmerzlichen Debatte über vergeigte Klimaziele. Das optimistische Motto
„Machen, was zählt“ war zuvor überrollt worden von der Haushaltsimplosion…
Machen, wer zahlt? Es hagelt Sachzwänge. Parteitage von mitregierenden
Grünen – Bielefeld 99, Farbbeutel auf Fischer – hießen früher oft: Wette…
dass der Schwanz mit dem Hund wackelt? Seit 2018 hat sich die
Mitgliederzahl verdoppelt. Schwanz, Hund, ja – aber wer ist was?
Auch in den Niederlanden hat ein Rechtspopulist gewonnen. Mit Trump und
Johnson hat er die blondierte Frise gemeinsam. Der neue rechte Szenetrend?
Ich stehe Frisuren grundsätzlich kritisch gegenüber.
Laut UN wurden letztes Jahr 89.000 Frauen und Mädchen ermordet, [3][so
viele wie seit 20 Jahren nicht]. Wieso nimmt Gewalt gegen Frauen zu?
80 Prozent aller Mordopfer weltweit sind Männer. Die neue UN-Zahl bezieht
sich auf Fälle, bei denen das Frausein der Opfer die Tat zumindest
mitbegründete – Feminizide. Man würde den Schrecken gern lindern, mit der
Hoffnung, mehr Bewusstsein habe mehr Wahrnehmung geschaffen. UNODOC
schreibt denn auch von „verbesserten Aufzeichnungstechniken“, was bis
hinunter in die Tatbestandsaufnahme der Polizei am Tatort reichen dürfte.
Und dann scheint das der Weg zu sein.
Es gab viele Berichte über das Hin und Her beim Chat-GPT-Entwickler OpenAI
und Alt- und Neu-CEO Sam Altman. Woher kommt die Obsession mit Tech-Gurus?
Musk etwa – von seiner Meinungsmacht via „X“ bis hin zur
kriegsentscheidenden Rolle seiner Satelliten, etwa in der Ukraine – ist
eine mittlere Weltmacht. Und als solche eine tolle Projektionsfläche für
Allmachtsfantasien, die sich breit gestreut links wie rechts finden. Die
bange Frage ist, ob das Reste vordemokratischer Denke sind – oder
Prototypen nachdemokratischer Zukunft. Ich weiß es nicht, und, tja, wenn
das der Führer wüsste.
Es gab eine viertägige Feuerpause im Gazastreifen. Macht das Hoffnung?
Feuerpause, Waffenruhe, Waffenstillstand – mir schwindelt bei den erbittert
umkämpften haarfeinen Unterschieden in der Benennung. Jeder Appell, das
Grauen zu beenden, hat in den ersten hundert Fällen an die Hamas zu gehen.
Dahinter allerdings ist es völlig legitim, in alle Richtungen „Schluss mit
dem Horror“ zu empfinden – und auch zu sagen. Die deutsche Außenpolitik
wiederholt hier ihre Leitidee vom Siegfrieden – mit der sie bisher der
Ukraine auch nicht geholfen hat.
Und was machen die Borussen?
Jahreshauptversammlung. Also Erbsensuppe und Bier, vorher durch zig
Programmpunkte; da der BVB gestern gewonnen hat, lässt es sich harmonisch
an.
Fragen: Elisa Pfleger und Lara Ritter
26 Nov 2023
## LINKS
[1] /Haushaltskrise-der-Ampel/!5971256
[2] /Parteitag-der-Gruenen/!5974792
[3] /Tag-gegen-Gewalt-an-Frauen/!5971536
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
## TAGS
Ampel-Koalition
Bündnis 90/Die Grünen
Schwerpunkt Femizide
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Kolumne Die Woche
Kolumne Die Woche
Olaf Scholz
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
Feminismus
Kolumne Die Woche
## ARTIKEL ZUM THEMA
Traditionelle deutsche Tugenden: Grundgesetz lesen schadet nicht
Warum Angela Merkel endlich zurücktreten muss und Taylor Swift als „Person
of the Year“ eine jedenfalls zu frühe Wahl ist. Am Ende zählt eh die Geste.
Lahme Regierungserklärung: Olaf Scholz prügelt sich nicht
Während Scholz seine passive Art demonstriert, schwingt Merz knalldumme
Reden. Und die Ampel raucht auch nur tabakbröselige Joints.
Chaos bei OpenAI: Künstliche Aufregung
Letzte Woche rausgeworfen, jetzt zurückgeholt: Sam Altman, CEO von OpenAI.
Wer ist der mächtigste Entwickler von künstlicher Intelligenz?
Tag gegen Gewalt an Frauen: Die Wurzel allen Übels
2022 wurden so viele Frauen ermordet wie seit 20 Jahren nicht. Es reicht
nicht, über Zahlen zu sprechen. Männlichkeit ist ein gewaltvolles Konzept.
Der Markt, Musik und ein Schmetterling: Die Schwarze Null am Bändel
Der Markt ist ein possierlicher Gesell, der in Krankenhäusern, ÖPNV,
Bildung und Wohnen schon allerhand Schabernack anrichtet. Und er pumuckelt
weiter.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.