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# taz.de -- Rechtsextremer Klub wieder zugelassen: Rote und braune Linien
> In Sachsen-Anhalt kapern Nazis einen Fußballklub. Der Verband lässt sie
> zu lange gewähren, spricht dann ein Verbot aus und nimmt es wieder
> zurück.
Bild: Verbandspräsident Holger Stahlknecht macht den Kampf gegen den rechtsext…
Gut so! Als Holger Stahlknecht, der Präsident des Fußballverbands
Sachsen-Anhalt, [1][den Ausschluss der Amateurkicker von der DSC Eintracht
Gladau] wegen rechtsextremistischer Unterwanderung zur Chefsache machte,
dürfte bei vielen dessen Initiative auf Grundsympathie gestoßen sein. Es
braucht rote Linien! Wenn Neonazis öffentliche Räume besetzen und ein Klima
der Angst etablieren, muss gehandelt werden.
Blöd ist es nur, wenn diese rote Linie vom eigenen Verband nur zwei Wochen
später wieder durchlöchert wird. Das Verbandsgericht des Fußballverbands
Sachsen-Anhalt (FSA) [2][hob vergangenen Mittwoch nach einem Eilantrag des
Vereins den Ausschluss vorläufig auf.] Man schätzte die vom FSA-Vorstand
vorgelegten Beweise der rechtsextremistischen Unterwanderung als nicht
ausreichend für einen sofortigen Ausschluss ein. Auch wenn die Eintracht
Gladau harten Auflagen für die nächsten Spiele zustimmen musste, dürfte man
dort die Kehrtwende mehr gefeiert haben als irgendeinen Sieg in der
Kreisoberliga.
Das Engagement gegen Rechtsextremisten auf dem Fußballplatz droht
frühzeitig zur Posse zu werden. [3][Der ehemalige CDU-Innenminister]
Sachsen-Anhalts hat von Beginn an markig den Gang durch alle
zivilrechtlichen Gerichtsinstanzen angekündigt. Sollte das
FSA-Verbandsgericht in der Winterpause auch im Hauptverfahren den Gladauer
Ausschluss für unrechtmäßig erklären, würde die Verbandsspitze schon
geschwächt den Gang vor die Zivilgerichte antreten. Ein solches Szenario
ist derzeit wahrscheinlich, bräuchte es für einen Richtungswechsel des
Sportverbandgerichts doch neue Beweise.
Diese Geschichte steht exemplarisch für die Probleme in Deutschland im
Kampf gegen Rechtsextremismus. Es ist schwierig, im Hauruckverfahren rote
Linien zu ziehen, wenn sich die braunen Linien zuvor über viele Jahre
derart in die Gesellschaft eingewoben haben, dass viele nichts Besonderes
mehr an ihnen wahrnehmen können.
## Viele Jahre ungestört
Diesen Prozess der schleichenden Normalisierung konnte man, wenn man
wollte, über viele Jahre auch bei Eintracht Gladau beobachten. [4][Im Jahr
2016 wurde Dennis Wesemann] gegen Widerstände im Verein aufgenommen. Ein
Mann, der vom Innenministerium Sachsen-Anhalts einst als Rechtsextremist
geführt wurde, der Kleidung mit gewaltverherrlichenden Motiven vertreibt
und vor seinem Wechsel zu Gladau [5][einen Verein namens FC Ostelbien
Dornburg] mitbegründet hatte, der trotz rechtsextremistischer Strukturen
etliche Spielzeiten ungestört Angst und Schrecken verbreiten konnte, bevor
2015 dann doch ein Verbot durchgesetzt wurde.
Mit Sorge, hieß es dann ein Jahr später beim FSA, beobachte man die
Entwicklung bei Eintracht Gladau. Danach hörte man jedoch bis vor wenigen
Wochen nichts mehr aus Gladau. Die rechtsextremistische Unterwanderung, die
der FSA nun auf der Basis von Beobachtungsberichten des Landessportbundes
diagnostiziert hat, vollzog sich im Stillen. Einige Spieler von Ostelbien
Dornburg wechselten mit der Zeit nach Gladau, die Mehrheitsverhältnisse
kippten, Wesemann und Co übernahmen zuletzt auch die Vereinsführung.
Weder die Medien vor Ort noch der Verband legten den Finger in die Wunde.
Der FSA hätte angesichts seiner Selbsterkenntnisse den Verein schon viel
früher intensiv beobachten und öffentlich immer wieder Position beziehen
müssen, um auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Das wäre auch ein
Signal an die Rechtsextremisten in Gladau gewesen, dass sie keine
Narrenfreiheit genießen.
Rote Linien gegen Neonazis zu ziehen, ist mühselige Alltagsarbeit. Wenn man
einmal öffentlichkeitswirksam auf den Tisch haut, mag man viel Beifall
erhalten. Langfristig besteht die große Gefahr, so den Kampf gegen
Rechtsextremismus der Lächerlichkeit preiszugeben.
25 Nov 2023
## LINKS
[1] /Fussballverbot-fuer-Rechtsextremisten/!5968110
[2] https://www.fsa-online.de/de/der-fsa/2023-11-22-fsa-verbandssportgericht-er…
[3] /CDU-und-AfD-in-Sachsen-Anhalt/!5547013
[4] /Rechtsextremer-in-Verein-aufgenommen/!5294780
[5] /Rechtsextremismus-im-Fussball/!5013973
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Kolumne Press-Schlag
Fußball
Rechtsextremismus
Rechtsextremismus
Sachsen-Anhalt
FC Ostelbien Dornburg
Sachsen-Anhalt
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