# taz.de -- Bund-Länder-Gipfel zu Migration: Deutschlandpakt in Sicht? | |
> Bei einem Treffen von Bund und Ländern soll die Migrationspolitik | |
> verschärft werden. Diskutiert wird auch über Themen wie das | |
> Deutschlandticket. | |
Bild: Hier werden die Regierungschefinnen von Bund und Ländern wohl lange tage… | |
BERLIN dpa | Es ist [1][der wichtigste Bund-Länder-Gipfel] seit langem: Am | |
Montag kommt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Regierungschefs der 16 | |
Bundesländer zusammen, um vor allem über die Kosten für Unterbringung und | |
Versorgung von Flüchtlingen sowie die Eindämmung der irregulären Migration | |
zu beraten. Daneben geht es um den Abbau überbordender Bürokratie, um | |
Planungsprozesse und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Und nicht | |
zuletzt steht die [2][Zukunft des Deutschlandtickets] der Bahn auf dem | |
Spiel. | |
Die Verhandlungen könnten sich bis in die Nacht ziehen – vor allem weil es | |
um viel Geld geht. Am Ende wird man sehen, ob Bund und Länder in der Lage | |
sind sich zusammenraufen, um in zentralen innenpolitischen Fragen etwas | |
gemeinsam voranzubringen und einer Spaltung der Gesellschaft | |
entgegenzuwirken. Das war die Idee von Kanzler Scholz, als er Anfang | |
September [3][einen Deutschlandpakt zur Modernisierung des Landes | |
vorschlug]. | |
Das Spitzentreffen am Montag ab 15.00 Uhr im Kanzleramt ist nun die | |
Nagelprobe dafür. „Der Rechtsruck ist in vollem Gange. Letztendlich | |
entscheidet der Montag nicht unwesentlich über die politische Zukunft | |
Deutschlands“, mahnt Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff | |
(CDU). | |
## Alle wollen Eindämmung der Zuwanderung | |
Im Mittelpunkt wird eindeutig das Thema Migration stehen. Dabei geht es | |
zunächst einmal darum, wer für die drastisch [4][gestiegenen Kosten für die | |
Aufnahme von Flüchtlingen aufkommen soll]. Der Bund will nach Angaben der | |
Länder seinen Anteil von 3,75 auf 1,25 Milliarden Euro reduzieren. Das | |
wollen diese nicht hinnehmen. In einem Beschluss hatten sie Mitte Oktober | |
eine Pauschale von 1,25 Milliarden Euro sowie pro Migrant mindestens 10.500 | |
Euro verlangt. Die Fronten sind verhärtet. Wenn die Verhandlungen bis in | |
die Nacht gehen, dann liegt es an diesem Tagesordnungspunkt. | |
Daneben geht es aber auch darum, dafür zu sorgen, dass der Zuzug von | |
Geflüchteten gedrosselt wird. Da gibt es einige Ideen, bei denen die | |
Einigung deutlich leichter fallen dürfte. So sollen die Verfahren für | |
Asylbewerber aus Ländern mit geringen Anerkennungsquoten deutlich | |
vereinfacht werden. Liegt die Quote unter fünf Prozent, sollen die | |
Verfahren nur noch drei Monate dauern. Außerdem wird es unter anderem um | |
die Umstellung von Bargeldzahlungen auf [5][Sachleistungen für | |
Asylbewerber] gehen. | |
Andere Vorschläge dürften, wenn überhaupt, eher perspektivisch diskutiert | |
werden. Zum Beispiel der des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten | |
Hendrik Wüst (CDU), [6][Asylverfahren in Drittländern entlang der | |
Fluchtrouten durchzuführen] – zum Beispiel in Afrika. Dazu müssten aber | |
erst einmal Länder gefunden werden, die dazu bereit sind. | |
## Schnellere Planungsverfahren angestrebt | |
Wenn CDU und CSU Deutschlandpakt hören, denken sie an die Eindämmung der | |
Migration. Für Kanzler Scholz ging es dagegen ursprünglich vor allem darum, | |
mehr Tempo in Planungs- und Genehmigungsverfahren zu bringen, damit | |
Deutschland wettbewerbsfähig bleibt. Das ist das zweite große Thema bei dem | |
Spitzentreffen. | |
Es geht darum, wie Windräder, Stromtrassen, Bahnstrecken und Wohnungen | |
schneller gebaut werden können. Mehr Erneuerbare Energien sollen auch zu | |
günstigeren Strompreisen führen. Über Monate haben Bund und Länder auf | |
Arbeitsebene die Details ausgearbeitet, die Ministerpräsidenten müssen aber | |
noch grünes Licht geben. | |
Für mehr Wohnungsbau sollen zum Beispiel die Bauordnungen der Länder | |
vereinheitlicht werden. Wenn ein Haus in einem Land genehmigt wurde, sollen | |
für baugleiche Gebäude woanders weniger umfangreiche Verfahren gelten. Ein | |
Dachgeschoss als Wohnung auszubauen, soll unter bestimmten Bedingungen ohne | |
Genehmigung möglich sein. Der Bau von Mobilfunkmasten soll einheitlich und | |
ebenfalls häufiger ohne Genehmigung funktionieren. | |
Beim Ausbau der Schiene, von Stromnetzen und Straßen sollen einheitliche | |
Artenschutzstandards gesetzlich festgelegt werden, um schnellere Verfahren | |
zu ermöglichen. Umweltverbände wie der Nabu befürchten, dass viele der | |
Pläne auf Kosten der Natur gehen. Umweltverträglichkeitsprüfungen sollten | |
wegfallen, es solle mehr Ausnahmen beim Artenschutz geben und auch | |
Widerspruchsmöglichkeiten würden reduziert. | |
## Deutschlandticket: Wird Bahnfahren wieder teurer? | |
Ums Geld geht es dann wieder beim [7][Deutschlandticket für den | |
bundesweiten Nahverkehr]. Die Länder verlangen, dass der Bund mögliche | |
Mehrkosten auch 2024 zur Hälfte übernimmt. Vereinbart wurde das nur für das | |
Einführungsjahr 2023. Dabei geht es um etwaige Einnahmeausfälle, die über | |
drei Milliarden Euro hinaus gehen. | |
Diese Summe schießen Bund und Länder schon je zur Hälfte zu, um das Angebot | |
für Verkehrsunternehmen wirtschaftlich zu halten. Der Bund hat Erwartungen | |
an neue Zusagen bereits gedämpft und verweist auf die angespannte | |
Haushaltslage – und dass erst Ende 2024 zu beziffern sei, welche Mehrkosten | |
es wirklich gibt. Eine prinzipielle Option wäre auch, den | |
„Einführungspreis“ von 49 Euro im Monat anzuheben. Verbraucherschützer | |
warnten schon davor. | |
6 Nov 2023 | |
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[1] /Bund-Laender-Treffen-zur-Migration/!5967934 | |
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[5] /Leistungen-fuer-Gefluechtete/!5964135 | |
[6] /Asylverfahren-in-Drittstaaten/!5966853 | |
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