# taz.de -- Anlasslose Datenspeicherung: Klagen ist überflüssig | |
> Grüne Abgeordnete hatten in Karlsruhe gegen die Vorratsdatenspeicherung | |
> geklagt. Nun ziehen sie die Beschwerde zurück, noch ein Urteil sei | |
> unnötig. | |
Bild: Anlasslose Massenspeicherungen sind vorerst vom Tisch | |
FREIBURG taz | Die Grünen haben ihre Verfassungsbeschwerde gegen die | |
Vorratsdatenspeicherung zurückgenommen. Nach der eindeutigen | |
[1][Rechtsprechung von Europäischem Gerichtshof (EuGH)] und | |
[2][Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)] sei ein weiteres Urteil des | |
Bundesverfassungsgerichts nicht mehr erforderlich. | |
Die Vorratsdatenspeicherung war 2015 von der Großen Koalition beschlossen | |
worden. Die Telekom-Firmen sollten anlasslos alle Telefon- und | |
Internetverbindungsdaten der ganzen Bevölkerung zehn Wochen lang speichern. | |
So wäre ein riesiger Datenfundus entstanden, auf den die Polizei bei Bedarf | |
hätte zugreifen können. | |
Die Regelung steht immer noch im Gesetz, war aber nie angewandt worden, | |
weil der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Vorratsspeicherung in anderen | |
EU-Staaten bereits beanstandet hatte. Im September 2022 hat der EuGH dann | |
auch ausdrücklich die deutschen Regeln als Verstoß gegen EU-Recht | |
eingestuft. Die anlasslose Speicherung greife unverhältnismäßig in die | |
EU-Grundrechte der Bürger:innen ein. | |
Ein Jahr später, im August 2023, hat zudem das BVerwG in Leipzig | |
entschieden, dass die deutsche Regelung im Telekommunikationsgesetz „in | |
vollem Umfang“ mit EU-Recht unvereinbar ist und auch nicht | |
„unionsrechtskonform“ ausgelegt werden kann. Damit war auch die Überlegung | |
des Innenministeriums vom Tisch, zumindest die vom EuGH für zulässig | |
erachtete Speicherung von IP-Adressen auf Grundlage des bestehenden | |
Gesetzes zu starten. | |
## „Sehr deutliches Urteil“ | |
„Angesichts dieses erneuten, sehr deutlichen Urteils braucht es eine | |
weitere Klarstellung durch das Bundesverfassungsgericht zur geltenden | |
Gesetzeslage nicht“, sagte nun Konstantin von Notz, der 2016 gemeinsam mit | |
17 weiteren Grünen-Abgeordneten Verfassungsbeschwerde eingelegt hatte. Die | |
Klage wurde nun von den Grünen für „erledigt“ erklärt. | |
Anhängig sind in Karlsruhe noch die Verfassungsbeschwerde von 20 | |
FDP-Abgeordneten, [3][zu denen auch Justizminister Marco Buschmann gehört], | |
und eine weitere Verfassungsbeschwerde des Berliner Anwalts Carl Christian | |
Müller. Sie dürften alsbald vom Bundesverfassungsgericht wegen fehlendem | |
„Rechtsschutzbedürfnis“ für unzulässig erklärt werden. | |
Schon im Frühjahr 2023 hatte das Bundesverfassungsgericht drei | |
Verfassungsbeschwerden gegen die Vorratsdatenspeicherung für unzulässig | |
erklärt, darunter die Klage der NGO „digitalcourage“. Sie hätten nicht auf | |
das EuGH-Urteil von 2022 reagiert. | |
Damit liegt der Streit um die Vorratsdatenspeicherung wieder ganz im Feld | |
der Politik. Die Grünen unterstützen dabei Justizminister Marco Buschmann, | |
der anlasslose Massendatenspeicherungen ablehnt und [4][als Alternative ein | |
„Quick Freeze“-Modell vorgelegt hat]. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) | |
beharrt zwar auf einer Vorratsdatenspeicherung für IP-Adressen, ist derzeit | |
aber vor allem mit Migrationsfragen und Sondierungsverhandlungen in Hessen | |
beschäftigt. | |
3 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Urteil-zur-Vorratsdatenspeicherung/!5879636 | |
[2] https://www.bverwg.de/pm/2023/66 | |
[3] /Karlsruhe-zu-Vorratsdatenspeicherung/!5921538 | |
[4] /Vorratsdatenspeicherung-in-Deutschland/!5890806 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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