# taz.de -- Tennisspielerin über Hassnachrichten: „Hunderte solcher Nachrich… | |
> Die Hamburger Tennisspielerin Eva Lys veröffentlichte kürzlich an sie | |
> gerichtete Hassnachrichten. Sie hat dafür viel Zuspruch erhalten, sagt | |
> sie. | |
Bild: Ist mit der deutschen Mannschaft am Freitag früh aus dem Billy Jean King… | |
taz: Frau Lys, Sie waren dieses Jahr in der Hauptrunde der Australian Open, | |
haben [1][die zweite Runde bei den US-Open erreicht] und jetzt beim | |
prestigeträchtigen Finalturnier des Billie Jean King Cups gespielt. Wie | |
schauen Sie auf die Saison zurück? | |
Eva Lys: Das war bis jetzt meine erfolgreichste Saison. Ich hatte letztes | |
Jahr schon unglaublich gute Ergebnisse und freue mich sehr, dass ich sie | |
dieses Jahr toppen konnte. Ich bin körperlich noch fitter geworden und mein | |
Spiel ist stabiler. Auch mental bin ich weiter gewachsen und der Kopf | |
spielt beim Tennis eine ganz wichtige Rolle: Du musst mit viel | |
Selbstbewusstsein auf den Platz gehen. Durch die vielen Matches im Laufe | |
der Saison gelingt mir das immer besser. Ich weiß jetzt, dass ich auch | |
Top-Einhundert-Spielerinnen schlagen kann, dass ich jetzt zu den Besten | |
gehöre. | |
Gerade für Ihr Alter haben Sie im Tennis schon sehr viel erreicht. Mit der | |
Leistung kommen auch mediale Aufmerksamkeit und Druck. Belastet Sie das | |
manchmal? | |
Tatsächlich gefällt mir die Aufmerksamkeit. Ich weiß, dass ich sie mir | |
dieses Jahr echt verdient habe. Es ist eine tolle Bestätigung, wenn Leute | |
mir sagen, dass sie mir gerne beim Tennis zuschauen. Im Endeffekt heißt das | |
ja, dass ich das, was ich tue, gut mache. Und genau dafür stehe ich jeden | |
Tag auf und trainiere. Außerdem bin ich eine extrovertierte Person und habe | |
keine Angst davor, in der Öffentlichkeit zu stehen. Trotzdem habe natürlich | |
auch ich mal Tage, an denen ich schlechter mit dem Druck zurechtkomme. Aber | |
die Herausforderung beim Tennis ist eben nicht nur die sportliche Leistung. | |
Es ist auch das Drumherum: sich gut zu ernähren, früh schlafen zu gehen, | |
wenn es sein muss, [2][und eben der Druck.] | |
Ist es Ihnen als Jugendliche schwer gefallen, diese Selbstdisziplin zu | |
bewahren? | |
Mir wurde das in die Wiege gelegt. Mein Vater war selbst Profi und | |
trainiert mich bis heute. Ich bin also damit aufgewachsen und daran | |
gewöhnt. Natürlich gab es mal Momente, in denen ich nach drei | |
Trainingseinheiten am Tag abends lieber mit Freunden weggegangen wäre, was | |
dann nicht möglich war. Aber wenn ich andererseits an all das denke, was | |
ich durch den Sport schon erlebt habe, an all die Orte, an denen ich schon | |
gewesen bin, ist es das wieder wert. | |
Wie ist es, den eigenen Vater als Trainer zu haben? | |
Wir verstehen uns zum Glück sehr gut. Klar, manchmal zoffen wir uns auch | |
auf dem Platz und manchmal bin ich richtig genervt von ihm. Aber es gibt | |
keine Person, die so sehr daran interessiert ist, dass es mir gut geht und | |
mir nur das Beste für meine Karriere wünscht. So eine Person haben nicht | |
alle Spielerinnen, deshalb schätze ich mich mit meinem Vater als Trainer | |
echt glücklich. | |
Ende Oktober haben Sie nach einem Turnier in Rumänien Hassbotschaften | |
veröffentlicht, die Sie bei Social Media erhalten haben. Gegenüber dem | |
Spiegel haben Sie gesagt, dass Sie die regelmäßig von Personen bekommen, | |
die auf ein Spiel gewettet haben und dann enttäuscht über eine Niederlage | |
sind. Warum haben Sie sich gerade jetzt dazu entschieden, das öffentlich zu | |
teilen? | |
Je größer das Turnier ist, bei dem ich spiele, desto mehr Hassnachrichten | |
bekomme ich nach einem verlorenen Match. Das Halbfinale in Rumänien war | |
bisher mein größter Erfolg auf der professionellen WTA-Ebene. Danach habe | |
ich auf mein Handy geschaut und schon wieder Hunderte solcher Nachrichten | |
und Kommentare gelesen. Morddrohungen, Vergewaltigungsdrohungen, | |
Gewaltandrohung gegen meine Familie – es waren wirklich schlimme | |
Botschaften dabei. Das erleben Tennisspielerinnen und -spieler jede Woche. | |
Und ich habe mir einfach gedacht: Jetzt reicht’s. Ich finde, das Erste, was | |
man dagegen machen kann, ist, darüber zu reden. | |
Und wie hat es sich angefühlt, das öffentlich zu machen? | |
Sehr gut. Ich habe danach viel Zuspruch bekommen. Viele Leute, die nichts | |
mit Tennis zu tun haben, wussten vorher gar nicht, dass dieses Problem | |
überhaupt existiert. Es freut mich, dass ich dazu beigetragen habe, dass | |
das Thema Aufmerksamkeit bekommt. Es ist nämlich wichtig, gerade jüngere | |
Spielerinnen und Spieler davor zu schützen. Ich bin keine Person, die | |
Probleme in sich hineinfrisst, deshalb fühlt es sich gut an, etwas zu | |
unternehmen. In diesem Fall: Sichtbar zu machen, was passiert. Das ist der | |
erste Schritt. | |
Welche Schritte müssten noch folgen? | |
Ich glaube nicht, dass wir Spielerinnen diese Frage beantworten können oder | |
sollten. Wir können nur öffentlich machen, was passiert. Bei mir haben sich | |
danach viele Organisationen gemeldet, die sich [3][gegen Hass im Netz | |
engagieren.] Solche Organisationen haben sicherlich Ideen für weitere | |
Schritte. | |
12 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Marie Gogoll | |
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