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# taz.de -- Ausstellung zu Loriots Hundertstem: Leben zwischen Möpsen und Stei…
> Das Caricatura-Museum würdigt zum 100. Geburtstag den großen Humoristen.
> Seine satirische Steinlaus machte bis in die Wissenschaft Karriere.
Bild: Die zu Ruhm gekommene Steinlaus
Die ebenso opulente wie beeindruckende Ausstellung der Kuratoren Thomas
Kronenberg und Till Kaposty-Bliss unter dem Titel „Ach was. Loriot zum
Hundertsten“ im Frankfurter Caricatura-Museum bringt den Kern von Loriots,
das heißt Vicco von Bülows, Humor haargenau auf den Punkt. Kein deutscher
Humorist oder Satiriker kam mit Sprache und Zeichenstift mit weniger
Schnörkeln, aber dafür umso mehr pointierender Lapidarität aus.
Viele seiner Pointen sind deshalb längst in den umgangssprachlichen
Zitateschatz eingegangen: „Früher war mehr Lametta“ oder „Scheidung ist …
Korrektur eines tragischen Irrtums“.
Doch diese Virtuosität einer sprachlichen und zeichnerischen Verdichtung
war Loriot nicht in die Wiege gelegt worden. Als Jugendlicher interessierte
er sich nur für „Karl May, Puccini und Opernchöre“. Der Humorist, der am
12. November 1923 in Brandenburg an der Havel als Bernhard Viktor Christoph
Carl von Bülow geboren wurde, gab sich bald seinen Künstlernamen: Loriot,
französisch für Pirol, das Wappentier der alten preußischen Familie, in die
er hineingeboren wurde und die dem preußischen Staat über Generationen
hinweg jede Menge Offiziere und Beamte bis hin zum Reichskanzler Bernhard
von Bülow zur Verfügung stellte.
Dieser forderte schon vor seiner Kanzlerschaft als Außenminister des
kaiserlichen Deutschlands Wilhelms II. einen „Platz an der Sonne“ für das
bei der Aufteilung der Welt vermeintlich zu kurz gekommene Reich. Und er
leitete so das Kaiserreich und Europa zielsicher auf den Kurs zu, der in
den Ersten Weltkrieg mündete.
## Am Anfang waren sanfte Porträtzeichnungen
Als Loriot noch nicht 16 Jahre alt war, begann der Zweite Weltkrieg, in dem
sein jüngerer Bruder in den letzten Kriegswochen fiel und den Loriot selbst
als Oberleutnant der Wehrmacht im Russlandfeldzug überlebte. Noch im Krieg
begann er, sanfte Porträtzeichnungen anzufertigen, die in der Ausstellung
erstmals öffentlich zu sehen sind.
Bevor Loriot seine beispiellose Karriere als Zeichner und Moderator
beginnen konnte, musste er in den ersten Jahren nach dem Krieg allerdings
sein Abitur nachholen. Danach betätigte er sich als Werbegrafiker und schuf
neben Entwürfen für Buchumschläge auch einige Aquarellstudien und
Strichmännchen, von denen das Männchen im „Stresemann“ mit Glatze und
obligater Knollennase zu seinem Markenzeichen wurde, seit es 1962 auf dem
Titelblatt [1][des führenden deutschen Satiremagazins Pardon]erschienen
war.
Foto-Montagen nach berühmten Bildern wie Edouard Manets „Frühstück im
Grünen“ und Karikaturen in den großen Illustrierten Stern und Quick mit
prominenten Zeitgenossen aus Politik, Sport und Kultur begründeten den Ruhm
und den Publikumserfolg Loriots noch vor seinen Auftritten im Fernsehen als
Moderator und Präsentator seiner Sketche und Zeichentrickfilme wie „Wum und
Wendelin“.
Ganz zu schweigen von sehr erfolgreichen Sendungen mit [2][Evelyn Hamann]
in Kinofilmen wie „Ödipussi“ und „Pappa ante portas“ oder der Satire
„Steinlaus“, eine Parodie über den bekannten Zoologen Bernhard Grzimek, die
es nicht nur in das wissenschaftliche klinische Wörterbuch von
Pschryrembel, sondern auch in die Werbung des Wissenschaftsverlags De
Gruyter schaffte. Als Glücksfall erwies sich auch Loriots Zusammenarbeit
mit dem Zürcher Diogenes-Verlag und Daniel Kehl, der seine Bücher bis heute
in großer Auflage herausbringt.
## 60 namhafte Künstler verneigen sich
Einer Umfrage von 2008 zufolge kennen mehr als 90 Prozent der Deutschen den
Namen Loriots. Das rechtfertigt allemal die gängige Rede vom „größten
deutschen Humoristen“. Zum 100. Geburtstag verneigen sich nun nicht weniger
als 60 namhafte Künstler aus dem Humorfach vor dem Jubilar mit einer
Festgabe der besonderen Art, einer Hommage in Text & Bild im Lappan-Verlag
(Hamburg 2023).
Die Herausgeber Steffen Gumpert und Dennis Metz würdigen Vicco von Bülow
alias Loriot kongenial für Zuspätgeborene mit den Sätzen: „Also, liebe
Zuspätgeborene, das Fernsehen, die im Jahr 2000 zu der bedeutendsten
Erfindung des vergangenen Jahrtausends gekürte Institution, war so etwas
wie Netflix – aber nur von 15 Uhr bis zur Nationalhymne, einem
festzementierten Terminkalender folgend und mit nur drei überwiegend
unterhaltungslosen Programmen zur Auswahl.
Gesendet wurde prinzipiell nie das, was man gerne sehen wollte – es sei
denn, es lief Loriot. Dann klebten auch bei der x-ten Wiederholung
sämtliche Familienmitglieder geschlossen vor dem Bildschirm und
wetteiferten darum, wer sämtliche Loriot Sketche am fehlerfreiesten
mitsprechen konnte.“
Zum Glück, heißt es schließlich, muss man Loriot niemandem erklären, sein
Werk hat das Fernsehen „locker überdauert“. Sein Humor ist
gesellschaftliches Allgemeingut geworden.
13 Nov 2023
## LINKS
[1] /Ausstellung-ueber-Satirezeitung-Pardon/!5894035
[2] /Ein-Nachruf-auf-Evelyn-Hamann/!5192632
## AUTOREN
Rudolf Walther
## TAGS
Karikatur
Loriot
Satire
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