# taz.de -- Berliner Sozialverbände: Freie Träger wollen mehr Geld | |
> Den freien Träger der Sozial- und Wohlfahrtsarbeit demonstrieren gegen | |
> Sparpläne der Landespolitik. Im neuen Senatshaushalt drohen Kürzungen. | |
Bild: Demo gegen die Finanzknappheit bei den freien Träger der Sozial- und Woh… | |
BERLIN taz | Bei etlichen privaten Sozialträgern in ganz Berlin herrscht an | |
diesem Mittwochmittag nur noch Notfallversorgung. Der Grund: Viele | |
Mitarbeiter*innen haben sich gegen 13 Uhr am Roten Rathaus versammelt, | |
um für mehr Lohn und gegen mögliche Kürzungen im Landeshaushalt zu | |
demonstrieren. Unter ihnen ist Jenny Preußler, die als Familienhelferin in | |
Ostberlin arbeitet. „Wir haben uns schweren Herzens mal freigenommen, um | |
heute gesehen zu werden“, sagt sie der taz. | |
Und sichtbar sind sie: Zwischen Rathaus und Neptunbrunnen stehen bei | |
wechselhaftem Wetter über tausend Menschen, schwenken Fahnen der | |
Arbeiterwohlfahrt, Diakonie oder Caritas. Unter anderem diese Verbände | |
hatten zum Protest aufgerufen, ihr Motto: „#FreieTrägerAmLimit – Gemeinsam | |
für unser soziales Berlin!“ In der Endphase der Haushaltsverhandlungen | |
zwischen SPD und CDU fordern sie eine bessere finanzielle Absicherung. Die | |
Linkspartei unterstützt den Protest. | |
„Ich bekomme immer wieder mit, wie Einrichtungen geschlossen werden, | |
Angebote weniger werden und vor allem die Kinder und Jugendlichen darunter | |
leiden“, sagt Jenny Preußler. Wie viele andere Mitarbeitende sozialer | |
Einrichtungen fühlt sie sich nicht wertgeschätzt. Angestellte bei freien | |
Trägern sollten genau wie die in staatlichen Einrichtungen entlohnt worden, | |
lautet eine weitere Forderung der Veranstalter. | |
Diese Meinung teilt auch Blaise Feret Pokos: „Es ist eine Unverschämtheit | |
von der Stadt, dass [1][wir freie Träger nicht gleichbehandelt werden]“, | |
sagt der Geschäftsführer der Berliner Aids-Hilfe. „Wir leisten eine | |
wichtige Arbeit, die eigentlich die Aufgabe des Staates ist. Wir finden es | |
nicht in Ordnung, dass die Leute, die bei der Stadt arbeiten, mehr Geld | |
bekommen.“ | |
## Überall Einschränkungen | |
Finanziell geht es den freien Trägern schlecht. Diakonie-Vorständin Andrea | |
Asch verweist auf eine aktuelle Umfrage, nach der bundesweit bereits 40 | |
Prozent der sozialen Organisationen ihre [2][Angebote und Leistungen | |
einschränken oder komplett einstellen mussten]. „In dieser Situation denkt | |
der Senat nicht daran, die immens gestiegenen Sach- und Personalkosten der | |
freien Träger auszugleichen.“ Um 14 Uhr setzt sich der Demozug in Richtung | |
Abgeordnetenhaus in Bewegung und läuft dann weiter zum Reichstag, wo er mit | |
einer bundesweiten Demo freier Träger zusammentrifft. | |
Feret Pokos von der Aids-Hilfe fordert über Geld hinaus einen permanenten | |
Dialog mit der Politik – „damit sie frühzeitig versteht, wie wichtig unsere | |
Arbeit ist und wo die Bedarfe sind“. Die Politik müsse erkennen, dass die | |
freien Träger [3][nicht jedes Jahr um ihre Existenz kämpfen wollen]. „Die | |
eigentliche Aufgabe der sozialen Arbeit ist es, die Arbeit vor Ort zu | |
leisten, für Klienten da zu sein – nicht, auf die Straße zu gehen. Wir | |
brauchen Verlässlichkeit auf Dauer.“ | |
8 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Proteste-vor-dem-Sozialausschuss/!5877591 | |
[2] /Senatorin-ueber-Schwarz-Rot-in-Berlin/!5958207 | |
[3] /Berliner-Doppelhaushalt-2024/25/!5960767 | |
## AUTOREN | |
Leon Holly | |
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