# taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Flipper im Uhrwerk | |
> Tiefe und rauschende Töne: Auf seiner neuen Platte „Two Movements“ | |
> schlägt das Quartett Werckmeister vielstimmige und konstruktive | |
> Richtungen ein. | |
Bild: Vier Menschen, zwei Bewegungen: Werckmeister | |
Novembermusik: Mit Sounds wie denen des Windes in der Tiefebene und später | |
denen eines Teekessels eröffnet das Quartett Werckmeister sein zweites | |
Album „Two Movements“. [1][Markus Eichenberger] (Klarinette), Carl Ludwig | |
Hübsch (Tuba), [2][Philip Zoubek] (Moog Synthesizer) und Etienne Nillesen | |
(erweiterte Snare Drum) haben darauf zwei Stücke von jeweils zwanzig | |
Minuten Dauer eingespielt. | |
Nillesen ist es, der in der dritten Minute mit verschachtelten Klopfzeichen | |
die Verdichtung der Musik einläutet, die alsdann an ein Walzwerk erinnert. | |
In der siebenten Minute wechselt die Stimmung vom flächig Atmosphärischen | |
zu skizzenhafter Nervosität, in der dreizehnten Minute blitzt kurz eine | |
Prozession auf. | |
Sie könnte den Zirkus mit sich bringen, der in Béla Tarrs prophetischem und | |
allgemeingültigen Film „Die Werckmeisterschen Harmonien“ auf den Marktplatz | |
eines im Winter gefangenen ungarischen Dorfes kommt. Andreas Werckmeister | |
war ein Komponist und Universalgelehrter der Barockzeit. Das Quartett hat | |
sich nach ihm benannt, der auf Improvisation setzte und meinte, ohne sie | |
bliebe der Musiker „an der Tabulatur hangen/ stümpert so etwas hin/ und | |
kömmt nicht weiter.“ | |
Eichenberger und Kollegen kommen ziemlich weit. Im zweiten Stück klingen | |
sie nach vielstimmigen Nebelhörnern, spielen Flipper im Uhrwerk und gehen | |
in eine heftige Diskussion, bei der keiner allein das letzte Wort hat. In | |
den letzten Minuten schließen sie den Kreis zum Beginn des Albums. Tarrs | |
Film hat kein Happy End. Die Musik des Quartetts Werckmeister ist bei all | |
ihren Brüchen konstruktiv. | |
8 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Robert Mießner | |
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