# taz.de -- Konzert des Rappers Disarstar: Nur irgendwie Melancholie | |
> „Rolex für alle“ lautet das Motto der Tour von Disarstar. Am Montag trat | |
> der linke Hamburger Rapper im Berliner Astra Kulturhaus auf. | |
Bild: Dissastar beim Heroes-Festival in Geiselwind im Juni 2023 | |
Disarstar lässt auf sich warten. Rund 1.500 Menschen sind am Montagabend | |
ins ausverkaufte Astra Kulturhaus nach Berlin-Friedrichshain gekommen, um | |
den linken Rapper zu sehen. Statt seiner beginnt DJ Hägi mit dem Warm-up, | |
obwohl sich das Publikum bereits mit politischen Parolen in Stimmung | |
gebracht hat. „Siamo Tutti Antifascisti“ und „Ganz Berlin hasst die | |
Polizei“ wird skandiert, bis der 29-jährige Hanseat im schwarzen Polo-Shirt | |
die Bühne betritt. | |
Seine Show beginnt mit [1][„Rolex für alle“, Titelstück seines neuen | |
Albums], auch das Motto seiner aktuellen Tour. Disarstar rappt: „Wenn sie | |
sagen ‚Es kann keine bessere Welt geben‘/Lügen sie, Ihre könnte nicht | |
besser sein / Unsere kann nur besser werden“ auf einem treibenden Beat, der | |
durch Livedrums auf der Bühne verstärkt wird. Wenn er im Refrain fragt: | |
„Rolex für wen?“, antwortet das Publikum „Rolex für alle“. Dass seine | |
Stimme zunächst noch etwas flach klingt, fällt bei der Energie, die er live | |
versprüht, kaum auf. Fast ohne Atempause schiebt er den Track „Hunger“ | |
hinterher. | |
Die Inhalte von Disarstars Songs ächzen vor ernsten Themen: Armut, | |
psychische Erkrankungen, Polizeigewalt und soziale Ungerechtigkeit. | |
Klassenkampf ist ein zentraler Komplex seiner Reime. Kein Wunder, | |
bezeichnet der Hamburger sich doch als Marxist und engagiert sich in | |
kommunistischen Basisgruppen. Musikalisch dominieren düstere Trapbeats den | |
Sound. Gute Stimmung ist bei seinen Konzerten trotzdem angesagt. Mit „Macht | |
ein’ Kreis, macht ein’ Kreis“ fordert er das Publikum bei jeder Ansage auf | |
– und das lässt sich nicht lange bitten. Der Moshpit vor der Bühne ist die | |
Regel, nicht die Ausnahme. Ausrasten, aber mit Wohlfühlfaktor, so lautet | |
die Devise von Disarstar. Von Beginn an macht er klar, dass alle Männer | |
ihre Shirts anlassen. Er verweist auf die Awareness-Managerin. An die kann | |
sich wenden, wem beim Konzert unwohl ist. Und einen Moshpit nur für FLINTA | |
gibt es auch. | |
Zwischen den Songs wird skandiert, was sonst auf linken Demos zu hören ist. | |
Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis vereinzelte Rufe nach „Free | |
Palestine“ ertönen. [2][Disarstar, der mit bürgerlichen Namen Gerrit Jan | |
Falius heißt,] geht sofort dazwischen. „Das Nahost-Fass machen wir heute | |
nicht auf!“, sagt er. Als die Rufe weitergehen, spricht er ruhig weiter, | |
sagt, dass er nicht immer die emotionale Kraft habe, alles | |
auszudiskutieren. Er spricht von Zusammenhalt und Familie und stimmt das | |
nächste Lied an, bis die Rufe endlich verstummen. | |
Es bleibt eine kurze, unangenehme Episode, die Disarstar elegant löst. | |
Begleitet mit Gitarre und E-Piano spielt er seine ruhigeren Songs. Tränen | |
und Kitsch statt Pogo und Krawall. Und wenn er mit seiner leicht angerauten | |
Stimme singt „Zwischen Hoffnung und Melancholie /Stecken wir fest / | |
irgendwie“, hat er das Publikum auf seiner Seite. Es ist so gebannt, dass | |
es so gut wie gar nicht mit den Handys filmt. | |
Kurz vor Schluss bittet Disarstar seinen Berliner Kollegen Luvre47 auf die | |
Bühne, gemeinsam spielen sie „Pausenlos“ und „Meine Stadt schläft nie�… | |
Nach knapp 90 Minuten ist das Konzert vorbei. Zuvor stimmt Disarstar aber | |
noch seine Antifa-Hymne an und wirklich alle im Saal rappen mit: „Wir | |
kommen in Schwarz, Digga / Mit paar Liter Ethanol / Keine Liebe für den | |
Staat / Siamo Tutti Antifa“. | |
18 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Carolina Schwarz | |
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