# taz.de -- Utopien weltweit: Gerechtigkeit, Freiheit, Toleranz | |
> Was wünschen sich junge Menschen außerhalb Europas für die Zukunft? | |
> Protokolle aus Kampala in Uganda und Bangkok in Thailand. | |
Bild: Trotz des Anti-Homosexuellen-Gesetzes in Uganda gibt es LGBTQ-Aktivist*in… | |
## „Ich bin überzeugt, dass die meisten Menschen gut sind“ | |
Martin aus Kampala, Uganda: | |
Ich schätze viele Dinge an Uganda. Natürlich das Wetter, den Humor und die | |
Gastfreundschaft. Hier in Uganda sehe ich überall fürsorgliche Menschen, | |
die barmherzig und freundlich sind. Wenn jemand Geld verdient, unterstützt | |
er mindestens fünf Menschen in seinem Umfeld, egal ob Familie oder Freunde. | |
Leider läuft in Uganda aber auch vieles schlecht. Über 75 Prozent der | |
Bevölkerung sind unter 30, davon sind viele arbeitslos und dadurch gibt es | |
viel Armut. Wir haben eine schreckliche Regierung, obwohl Uganda inzwischen | |
demokratische Züge hat, wird das Land immer noch stark autoritär regiert. | |
Es gibt keine Meinungsfreiheit und auch viele andere Menschenrechte werden | |
verletzt. Zum Beispiel durch das [1][Anti-Homosexuellen-Gesetz]. Das neue | |
Gesetz aus diesem Jahr hat die Intoleranz gegenüber queeren Menschen noch | |
einmal verschärft. Außerdem spüren wir auch hier die Auswirkungen des | |
Klimawandels, allein durch die Überschwemmungen dieses Jahr. | |
Ich möchte in Uganda eine Gesellschaft, in der man sich frei äußern kann, | |
religiös tolerant ist und man lieben kann, wen man will. Eine Welt, in der | |
die Grenzen nicht verschlossen sind. Was mich weiter für eine bessere | |
Zukunft kämpfen lässt, ist meine Überzeugung, dass die meisten Menschen gut | |
sind. Wir haben in Uganda eine der jüngsten Bevölkerungen der Welt. Das ist | |
inspirierend. Wenn ich an meine Idole Nelson Mandela oder Martin Luther | |
King denke, merke ich, dass auch sie sich nicht vorstellen konnten, dass | |
ihre Träume wahr werden, und trotzdem haben sie nicht aufgegeben. | |
Wir Menschen im Globalen Süden leiden immer wieder unter den politischen | |
Entscheidungen des Nordens. Zum Beispiel unter dem [2][Versagen beim | |
globalen Klimaschutz]. Der Norden sollte die Gewinne aus seiner | |
egoistischen Politik in sauberes Wachstum und saubere Entwicklung | |
investieren. Es sollten Mittel für die Gemeinschaften hier im Globalen | |
Süden bereitgestellt werden, die am stärksten vom Klimawandel und von | |
Klimakatastrophen betroffen sind. Da wir nicht die Hauptverursacher der | |
Zerstörung sind, sollten wir auch nicht allein für den Wiederaufbau des | |
Ökosystems aufkommen müssen. Diese Klimagerechtigkeit sollte sehr bald | |
verwirklicht werden, damit sich die Welt sauber weiterentwickeln kann. | |
Protokoll: Jean Dumler | |
## „Eine Welt, in der niemand die Heimat eines anderen zerstört“ | |
Prim aus Bangkok, Thailand: | |
Meine Utopie ist, dass alle Menschen das haben, was sie brauchen: Nahrung, | |
sauberes Wasser, ein Dach über dem Kopf und Zugang zu Bildung. Niemand | |
sollte sich mehr Sorgen um diese Dinge machen müssen. Ich wünsche mir auch | |
eine Welt ohne Vorurteile, in der alle Menschen gleich behandelt werden. | |
Und in der niemand die Heimat eines anderen zerstört. | |
Mein Heimatland Thailand ist ein wunderschönes Land. Die Wirtschaft in | |
Thailand läuft immer besser; immer mehr Menschen besuchen Thailand und | |
viele andere Dinge kurbeln die Wirtschaft an. Meine Eltern wollten, dass | |
ich nach meinem Abschluss in den USA direkt nach Thailand zurückkehre und | |
in der Firma meines Vaters arbeite. In asiatischen Kulturen ist es sehr | |
üblich, dass man das Geschäft der Eltern einfach übernimmt. | |
Ich liebe Thailand und kann mir vorstellen, später dort zu leben, aber | |
nicht jetzt. Zuerst möchte ich erfolgreich Karriere machen und nicht nur | |
arbeiten, um meine Familie stolz zu machen. Sondern morgens motiviert zu | |
einer Arbeit gehen, bei der ich etwas für andere Menschen in der Welt tun | |
kann. Im Moment fühle ich mich jedes Mal, wenn ich von Amerika nach | |
Thailand fahre, wie ein sehr anspruchsvoller Fremdkörper. | |
Es gibt viele Faktoren, die dazu führen, dass die Stimmen des | |
thailändischen Volks nicht gehört werden. Die Thailänder gelten oft als | |
sehr konservativ und verschlossen. Sie haben aber vor allem [3][große | |
Angst, ihre Meinung zu sagen, weil sie in einer Monarchie leben]. Das merkt | |
man vor allem noch bei der älteren Generation. Aber jetzt ist die junge | |
Generation die treibende Kraft in der Gesellschaft, und sie ist offener für | |
viele Themen, wie zum Beispiel LGBTQ, Abtreibung oder Meinungsfreiheit. | |
Das war lange Zeit undenkbar, weil die Mehrheit der Menschen in Thailand | |
Buddhisten sind und Dinge wie Abtreibung gegen unseren Glauben verstoßen. | |
Aber die jüngere Generation traut sich mehr, ihre Meinung zu sagen, auch | |
wenn sie damit auf viel Ablehnung stoßen kann. | |
Ich wünsche mir für die Zukunft Thailands eine Basis, auf der die | |
Generationen friedlich miteinander leben können, ohne sich ständig zu | |
widersprechen. Wo Unterschiede nicht stigmatisiert, sondern als etwas | |
Einzigartiges gesehen werden. | |
Protokoll: Jean Dumler | |
26 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Anti-LGBTQI-Gesetz-in-Uganda/!5952795 | |
[2] /Entwicklungsspruenge-im-Globalen-Sueden/!5966362 | |
[3] /Thronfolge-in-Thailand/!5950130 | |
## AUTOREN | |
Jean Dumler | |
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