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# taz.de -- Krieg in Nahost: Israel sieht „neue Phase“
> Das von der Hamas angegriffene Land setzt im Gazastreifen vermehrt
> Bodentruppen ein. Ein Fokus: das Tunnelsystem der Terroristen. Derweil
> droht Iran.
Bild: Im Kampf gegen die terroristische Hamas: Israel feuert auf den Gazasteife…
Berlin taz | „Heute begeben wir uns in eine neue Phase des Krieges“,
erklärte der Stabschef des israelischen Militärs (IDF) am Wochenende in
einer Videobotschaft. Was er damit meinte, deutete sich bereits am
Freitagabend an: Seitdem sind im Gazastreifen vermehrt Bodentruppen des
israelischen Militärs aktiv. Mit Panzern und schweren Militärfahrzeugen,
unterstützt von anhaltenden Luftschlägen, bereitet Israel im Norden des
Gazastreifens offensichtlich jene Bodenoffensive vor, die das Land nach dem
Hamas-Überfall am 7. Oktober angekündigt hatte.
Eine der Prioritäten des israelischen Militärs ist die Zerstörung der
Infrastruktur der Hamas: Die islamistische Miliz ist bekannt für ihr
mehrere hundert Kilometer langes Tunnelsystem, das sich unter dem gesamten
Gazastreifen erstreckt. Die unterirdischen Strukturen dienen der
Terrororganisation als Schutzbunker, als Waffen- und Güterlager und wohl
auch als Versteck der aus Israel entführten Geiseln.
Bei einer möglichen Bodenoffensive des israelischen Militärs verschaffen
die Tunnel der Hamas auch einen entscheidenden Vorteil: Sie können sich
unbeobachtet von der feindlichen Armee bewegen – über die zahlreichen
Ausstiegspunkte der Tunnel, die sich auch unter zivilen Gebäuden und
Krankenhäusern befinden sollen –, diese überraschen oder in einen
Hinterhalt locken.
## Die Hamas hätte einen klaren Heimvorteil
Ein solcher Angriff, bei dem Militante aus einem Tunnel stürmten und
israelische Bodentruppen attackierten, soll sich bereits am Sonntag in der
Nähe des Grenzübergangs zwischen Israel und Gaza ereignet haben. Über den
Erez genannten Übergang waren am 7. Oktober Terroristen der Hamas und
weiterer extremistischer Gruppen aus Gaza nach Israel gekommen.
Bereits am Freitag und Samstag konzentrierten sich die israelischen
Luftschläge auf die Untergrundbunker und Tunnel. Wie das Militär am
Sonntagmorgen auf Telegram mitteilte, hätten Kampfflugzeuge im Verlaufe des
vergangenen Tages mehr als 450 Hamas-Ziele bombardiert. Auch einige
führende Köpfe des militärischen Flügels der Hamas sollen dabei getötet
worden sein, darunter Issam Abu Rukbeh, der für die „Luftwaffe“ der Hamas
verantwortlich war und die Angriffe am 7. Oktober mit koordinierte. Am
Samstagmittag gab Israel zudem bekannt, dass weitere Milizionäre an einem
Strandabschnitt in Nordgaza getötet wurden, als diese israelische Truppen
beschossen.
Die Hamas hätte [1][bei einer Bodenoffensive] einen klaren Heimvorteil: Die
israelische Armee wäre zu einem Häuserkampf gezwungen, in einem Gebiet, das
– trotz aller Aufklärung – der Hamas deutlich besser vertraut ist. Die IDF
sind der Hamas zwar rein zahlenmäßig weit überlegen – Israel hat insgesamt
über 300.000 Reservisten mobilisiert, die Hamas soll hingegen lediglich
über etwa 30.000 Kämpfer verfügen. Doch bei Häuserkämpfen verschwinde
dieser Vorteil, analysierte die israelische Zeitung The Times of Israel.
Denn er zwinge Armeen, sich in kleinere Gruppen aufzuteilen. Diese sind
dann leichter anzugreifen, mit Beschuss oder auch mit improvisierten
Sprengvorrichtungen, auch aus dem Schutz von Gebäuden heraus.
Derweil konzentriert sich die Hamas in ihren Kampfhandlungen nicht nur auf
die Abwehr der Bodentruppen, sondern feuerte weiter Raketen auf
israelisches Gebiet ab. Immer wieder ertönen seit Freitag die Sirenen: in
der Küstenmetropole Tel Aviv, im südlichen Aschkelon und in der Wüstenstadt
Dimona, wo eines der ältesten Kernkraftwerke der Welt sowie ein
Kernforschungszentrum in Betrieb sind. Fragmente abgeschossener Raketen
gingen außerdem in mehreren Orten Zentralisraels nieder.
## Drei Tote im Westjordanland
Auch an der Nordgrenze geht der Konflikt weiter: Am Sonntagnachmittag gaben
die IDF an, eine Militärbasis der Miliz Hisbollah im Südlibanon bombardiert
zu haben. Iran, das die Hisbollah unterstützt und finanziert, zieht selbst
seine Rhetorik weiter an: „Das zionistische Regime“, schrieb Präsident
Ibrahim Raisi am Sonntag auf X, ehemals Twitter, könnte mit seinem
Verhalten „alle zum Handeln zwingen“.
Auch im Westjordanland gibt es weiter Razzien und Militäraktionen. Am
Sonntag wurden dort drei bewaffnete Palästinenser getötet. Israel hat in
der Nacht zu Sonntag außerdem den prominenten Siedleraktivisten Ariel
Danino im Westjordanland festgenommen – im Sinne der öffentlichen
Sicherheit. Die vier kommenden Monate soll der Aktivist in Präventivhaft
verbringen.
Derweil warnte der Golfstaat Katar, der zwischen Israel und der Hamas um
die Befreiung der über 220 nach Gaza verschleppten Geiseln vermittelt: Der
Bodeneinsatz der Israelis verkompliziere die Verhandlungen und auch die
Befreiung der Geiseln. Majed Al-Ansari, Sprecher des katarischen
Außenministeriums, sagte dem US-Fernsehsender CNN: „Verhandlungen
funktionieren nur in Zeiten der Ruhe.“ Niemand in der Region könne sich ein
Ende der Verhandlungen für die Geiselbefreiung leisten, betonte er.
Katar ist bereits seit Beginn des gegenwärtigen Krieges [2][als
Nahost-Vermittler tätig und spricht mit beiden Parteien direkt]. Dass
unlängst israelische Geiseln freigelassen wurden, wird dem
Verhandlungsgeschick des Golfstaats zugeschrieben.
Laut Katar – das die Hamas bisher finanziell unterstützt hat und von allen
Golfstaaten das beste Verhältnis zu Iran hat – sei die Miliz bereit,
„sofort“ Geiseln freizulassen, allerdings nur im Tausch. „Alle Gefangenen
in den Gefängnissen der zionistischen Besatzung“, so Hamas-Chef Yahya
Sinwar, müssten im Gegenzug freigelassen werden. Israels Premier Benjamin
Netanjahu hatte zuvor bestätigt, dass seine Regierung sich dazu bespreche.
Er betonte auch, dass eine Bodenoffensive die Fähigkeit Israels, die
Geiseln zu befreien, nicht negativ beeinflussen würde.
29 Oct 2023
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## AUTOREN
Lisa Schneider
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