| # taz.de -- Strompolitik in Italien: Salvini will zurück zur Atomkraft | |
| > Italiens rechter Infrastrukturminister fordert, neue Kraftwerke zu bauen. | |
| > Damit ist er in seiner Regierung nicht alleine. Große Chancen hat der | |
| > Plan nicht. | |
| Bild: Unrealistisch, aber Infrastrukturminister Salvini will Italien die Atomkr… | |
| Rom taz | Wenn es nach Matteo Salvini geht, dann kehrt Italien zur | |
| Kernenergie zurück, mit einem Atomkraftwerk, das im Jahr 2032 in Mailand | |
| den Betrieb aufnehmen soll. Salvini, Chef der stramm rechtspopulistischen | |
| Lega und Infrastrukturminister in der [1][Regierung der Postfaschistin | |
| Giorgia Meloni], propagierte am Mittwoch auf einer Tagung die von ihm | |
| angestrebte Energiewende hin zum Atom. | |
| Italien war im Jahr 1987 unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe von | |
| Tschernobyl nach einem Referendum aus der Kernkraft ausgestiegen und hatte | |
| die damals in Betrieb befindlichen vier Kraftwerke stillgelegt. Dieser Kurs | |
| fand die [2][erneute Bestätigung durch die Bürger*innen in einem | |
| weiteren Referendum von 2011] – es fand kurz nach dem Desaster im | |
| japanischen Fukushima statt –, als sich 95 Prozent gegen neue AKWs | |
| aussprachen. | |
| Doch Salvini ficht das nicht an. Am Mittwoch argumentierte er, zuletzt sei | |
| der Verbrauch von Kohle bei der Stromgewinnung wieder gestiegen; dem könne | |
| nur mit dem Bau neuer Atomkraftwerke Einhalt geboten werden. Und er legte | |
| gleich auch einen engen Zeitplan vor. Wenn das Projekt im Jahr 2024 | |
| gestartet werde, könne das erste AKW schon im Jahr 2032 ans Netz gehen. Er | |
| sähe es gern in Mailand, seiner Heimatstadt, schon um dem Einwand den | |
| Riegel vorzuschieben, niemand wolle solche Anlagen bei sich vor der Haustür | |
| haben. | |
| Nur in diesem letzten Punkt hatte Salvini Dissens mit dem ebenfalls auf der | |
| Tagung anwesenden Minister für Umwelt und Energiesicherheit, Gilberto | |
| Pichetto Fratin. Der ist mit dem Wiedereinstieg in die Kernenergie völlig | |
| einverstanden, wünscht sich allerdings, dass das erste Kraftwerk in seine | |
| Heimatstadt Turin kommt. | |
| ## Bei einer Volksabstimmung wohl chancenlos | |
| Salvini selbst kündigte an, dass er ein neues Referendum anstrebe, um sich | |
| die nukleare Kehrtwende der Regierung von den Italiener*innen absegnen | |
| zu lassen. Den neuen Kurs will er damit schmackhaft machen, dass er die | |
| Tatsache unterstreicht, es gehe gar nicht mehr um die „alten“ AKWs, sondern | |
| um solche „der vierten Generation“. | |
| Realistisch klingen allerdings weder der Zeitplan noch das Projekt selbst. | |
| Bisher liegen keinerlei Planungen vor, keinerlei Ansagen, was für ein | |
| AKW-Typ errichtet werden soll, keinerlei Pläne für die Finanzierung des | |
| Milliardenvorhabens. Der Lega-Chef hat zwar recht, wenn er darauf verweist, | |
| dass „die gesamte Regierung“ hinter dem Kurs pro Kernenergie stehe, verbal | |
| zumindest. Doch praktisch hat Melonis Exekutive bisher nichts unternommen. | |
| Spätestens eine Volksabstimmung dürfte sich als kaum zu überwindende Hürde | |
| erweisen. | |
| 12 Oct 2023 | |
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| Michael Braun | |
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