Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kurznachrichtendienst Bluesky: Das große Hallo am blauen Himmel
> Viele Twitter-Nutzer:innen wechseln zur neuen Plattform Bluesky. Dort
> geht es bisher deutlich gesitteter zu. Trotzdem braucht es kritische
> Distanz.
Bild: Die große Wanderung von X zu Bluesky
Es ist die aktuell wohl größte Fluchtbewegung im virtuellen Raum. Wer kann,
macht rüber. Von X, ehemals Twitter, der Mutter aller
Kurznachrichtendienste. Zu Bluesky, der bisher vielleicht besten Kopie.
Was genau den großen Austausch ausgelöst hat, ist unklar. Vielleicht war
[1][die offene Wahlempfehlung von X-Chef Elon Musk für die AfD], die bei
vielen das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Jedenfalls tauchen seit
einigen Tagen reihenweise Menschen, die prominent in der deutschsprachigen
X-Bubble waren oder sind, nun bei Bluesky auf. Und [2][wer schon dort ist],
registriert seit Tagen stark steigende Followerzahlen.
Als [3][Musk Twitter vor fast einem Jahr gekauft hat], flogen etliche Early
Birds [4][rüber zu Mastodon]. Diese schon vor Jahren gegründete, dezentral
organisierte Plattform galt vielen als bester Ersatz. Die Zahl der User
verdreifachte sich binnen eines Jahres von weniger als 5 [5][auf heute über
14 Millionen]. Weil aber gewohnte Tools fehlten und die Diskussionskultur
als etwas staubig empfunden wird, wurde Mastodon nie den Ruf der Plattform
für Nerds los.
Bluesky hat dagegen einen entscheidenden Vorteil. Es sieht aus wie X, ist
sogar ein Ableger des Unternehmens – aus Vor-Musk-Zeiten. Der damalige
Twitter-CEO Jack Dorsey hatte [6][den Start des Spin-offs 2019 verkündet].
Im Februar dieses Jahres startet die Beta-Version mit wenigen hundert
ausgesuchten Nutzer:innen. Im September wurde [7][nach eigenen Angaben] die
Millionen-User-Schwelle überschritten. Und [8][sie steigt weiter].
## Altbekanntes Design
Noch ist Bluesky verhältnismäßig klein. Zudem fehlt die Möglichkeit,
Direktnachrichten zu versenden oder Posts in Listen zu sortieren. Dennoch
trendet dort seit Tagen das große Hallo. Man freut sich, dass man da ist.
Begrüßt alte Freund:innen, die man lange nicht gesehen hat. [9][Hilft
Neusteiger:innen auf die Sprünge].
„Hallo, Menschen auf BlueSky“, schrieb zum Beispiel die österreichische
Politikwissenschaftlerin, Kolumnisten und Posterin [10][Natscha Strobl am
Montag]. Und freute sich kaum [11][eine halbe Stunde später]: „Ihr seid so
lieb. Ich wurde noch (null) Mal beschimpft oder für eine Regierungskrise
verantwortlich gemacht.“ Was die zwei wichtigsten Phänomene verdeutlicht:
Die alte Social-Media-Selbstironie hat hier Platz. Denn die rechten Trolle
fehlen. Zumindest noch.
„BlueSky ist ein bisschen wie Einschulung im neuen Gymnasium. Neue Klasse,
viele alte und paar neue Freunde, einige aus dem Kindergarten sind
plötzlich wieder da. Dafür sind ein paar Raufbolde (sagt man das noch so?)
ganz weit weg“, [12][schreibt der Anwalt Chan-Jo Jun] und kündigt an, seine
Tweets [13][bei Twitter zu lösche]n. Dort hatte er fast 100.000 Follower.
## Keine rechten Trolle
Das Fehlen der rechten Trolle liegt auch an der exklusiven Zugangsregel,
die Bluesky noch vorhält. Rein kommt man erst nach wochenlanger Wartezeit –
oder waren es gar Monate? Oder wenn man einen Einladungscode hat. Den
dürfen Schon-User:innen an ihnen genehme andere in kleinen Dosen
weitergeben. Kritiker:innen gilt Bluesky daher als elitärer Club. Die
[14][Firma will mit der Zugangsbeschränkung] nicht nur einen organischen
Aufbau sichern, sondern Spammer und „Bad User“, die versuchen, die
öffentliche Meinung zu manipulieren, raushalten. Also Musk. Trump.
AfD-Trolle. Putin-Spam.
Aktuell scheint das zu funktionieren. Zwar entspannen sich schon heftige
Diskussionen darüber, ob Mastodon nicht doch besser oder [15][zumindest
unverzichtbarer wäre], ob das mit Bluesky nicht auch nur ein Hype ist und
ob es wirklich von Vorteil ist, dass man bisher noch nicht mit extrem
anders Denkenden debattieren kann. Oder muss. Aber man bleibt höflich.
Selbst [16][der Bundestag ist schon da]. Und dessen
Social-Media-Verantwortlicher [17][kann freundlich nach Support fragen],
ohne gleich von einem gehässigen Mob verspottet zu werden.
Kurz gesagt. Es ist herrlich entspannt. Anziehend. So anziehend, dass
#Bluesky und #Himmel seit Tagen sogar beim ollen X, ehemals Twitter
trenden. Und #Code. Weil viele nach begehrten Einlasscodes fragen. Bei Ebay
werden sie sogar für 10 Euro angeboten.
Mittlerweile sind auch erste Politiker:innen da. [18][Saskia Esken zum
Beispiel]. Die SPD-Vorsitzende, die sich wegen Musk [19][vor einem Jahr bei
Twitter verabschiedete], steht seit 4 Tagen bei Bluesky so sehr Rede und
Antwort, dass man sich fragt, ob sie sonst noch zu was kommt.
Offensichtlich hat sie was vermisst.
Auch erste Medien sind aktiv. Die [20][taz zwitschert im Himmel]. Von der
Tagesschau gibt es immerhin [21][einen inoffiziellen Nachrichten-Bot]. Und
die Süddeutsche …, nein halt. [22][Das war ein Fake]. Gestartet, um zu
zeigen, dass man gerade bei neuen Plattformen vor allem eins bewahren
sollte: kritische Distanz.
3 Oct 2023
## LINKS
[1] /Elon-Musk-hetzt-gegen-Seenotrettung/!5964281
[2] https://bsky.app/profile/gereonas.bsky.social
[3] /Der-Typus-Elon-Musk/!5888605
[4] /Twitter-Alternative-Mastodon/!5893407
[5] https://social.anoxinon.de/@[email protected]/1111705016558…
[6] https://twitter.com/jack/status/1204766078468911106
[7] https://blueskyweb.xyz/blog/9-12-2023-one-million
[8] https://vqv.app/stats/chart
[9] https://bsky.app/profile/janskudlarek.bsky.social/post/3kate7szmv72f
[10] https://bsky.app/profile/nataschastrobl.bsky.social/post/3kapbvf2zei2u
[11] https://bsky.app/profile/nataschastrobl.bsky.social/post/3kapdctogfa2r
[12] https://bsky.app/profile/jun.de/post/3kas757az4z2o
[13] https://bsky.app/profile/jun.de/post/3katcduyoit2n
[14] https://blueskyweb.xyz/faq
[15] https://bsky.app/profile/kattascha.bsky.social/post/3katfbsn7tx2s
[16] https://bsky.app/profile/bundestag.de/post/3karfgdsl4g22
[17] https://bsky.app/profile/frankb.social/post/3katihawh3d2y
[18] https://bsky.app/profile/eskensaskia.bsky.social
[19] https://bsky.app/profile/eskensaskia.bsky.social/post/3kaie2uno3m2u
[20] https://bsky.app/profile/taz.de
[21] https://bsky.app/profile/tagesschau.bsky.social
[22] https://bsky.app/profile/sueddeutsche.bsky.social
## AUTOREN
Gereon Asmuth
## TAGS
Twitter / X
Soziale Medien
Internet
Elon Musk
Onlinemedien
bluesky
Mastodon
GNS
Solarenergie
Twitter / X
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Fridays For Future
Twitter / X
## ARTIKEL ZUM THEMA
Elon Musk und sein digitales Baby: Der Mitmensch als Zumutung
Elon Musk ist kein allzu feinfühliger Vater, so wie er mit Baby X umgeht:
Ständiges Umbenennen, Ärgern der Familie – ob ihn die zur Vernunft bringt?
Neue Plattform „Bluesky“: Weder Himmel noch Hölle
Immer mehr wechseln von X zu Bluesky. Die Plattform ist umstritten. Unter
richtigen Bedingungen kann sie ein wichtiges demokratisches Instrument
werden.
Elon Musk hetzt gegen Seenotrettung: Post vom Auswärtigen Amt
Elon Musk teilt den Tweet eines rechtsextremen Accounts zur Seenotrettung
im Mittelmeer. Das Auswärtige Amt kontert – und Musk antwortet erneut.
Rechtsradikale bedrohen Aktivist*innen: Nazis gegen Fridays
Klimaktivist:innen erhalten zunehmend Morddrohungen von Neonazis.
Früher wurden sie von den Rechten als „Zecken“, heute als „Grüne“
beschimpft.
Elon Musk und das X: Was „Longtermismus“ bedeutet
Kritiker*innen bezeichnen die Strömung als „Eugenik unter anderem
Namen“. Doch nicht nur Musk ist fasziniert von der Idee des Longtermismus.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.