Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Elon Musk und sein digitales Baby: Der Mitmensch als Zumutung
> Elon Musk ist kein allzu feinfühliger Vater, so wie er mit Baby X umgeht:
> Ständiges Umbenennen, Ärgern der Familie – ob ihn die zur Vernunft
> bringt?
Bild: Eines seiner Babies kränkelt, Vater Elon Musk
Verzeihen Sie, wenn ich noch etwas verschlafen klinge, ich hatte Urlaub.
Den ersten dieses Jahres. Wobei es streng genommen kein Urlaub sein konnte,
denn ich habe ein kleines Kind. Mit dem, so las ich jüngst öfter, könne man
keinen Urlaub haben, es sei denn, man mache ihn allein, sprich ohne Kind.
Ich frage mich, was solche Leute zu ihren Partner:innen sagen:
Klaas-Thorben, sorry, aber mit dir ist es ja doch derselbe Stress wie
daheim, nein, schlimmer, im Urlaub lässt du nicht nur deine Socken überall
liegen, sondern auch die nasse Badehose. Entspannung ist das für mich
nicht, tschö, wir sehen uns in drei Wochen.
Klar, jeder braucht Zeit für sich allein, insbesondere Eltern, das will ich
gar nicht infrage stellen. Aber wenn man nicht komplett allein sein will,
muss man halt akzeptieren, dass Menschen immer auch eine Zumutung sind.
Ausnahmslos jeder stresst einen ab einer gewissen Dauer des Zusammenseins.
Die, deren Zumutungen man am leichtesten ertragen kann, hält man besser bei
Laune und im inner circle.
Gut, nun kann man sich seine Kinder samt ihren Zumutungen nicht ganz so
dezidiert aussuchen wie seine Freund:innen, sie kommen ja schon als ganz
eigene Charaktere auf die Welt. Aber gleichzeitig finden sie einen so
vorbehaltlos gut, dass sie einem alles nachmachen. Das ist sehr süß. Heißt
im Umkehrschluss aber auch, dass, wenn meine Tochter anstrengend wird, ich
meistens selber gerade ziemlich blöd drauf bin. Müde, egoistisch, abwesend,
gestresst. Ein Spiegel, in den man öfter gucken sollte.
Elon Musk, das wurde diese Woche jedenfalls klar, sollte mal in den Spiegel
seines Babys gucken; das ist nicht nur verwirrt, weil es ständig umgetauft
wird, es kränkelt. Viele Nutzer sind gerade abgewandert, [1][zu Bluesky]
oder sonst wohin. Ich habe keine Einladung für nix bekommen, ich habe
einfach meinen X-Account gelöscht.
## Manches regelt doch der Markt
Leider ist Elon kein sehr feinfühliger Vater, ein paar Linke, die sein
Angebot nicht mehr nutzen, kratzen ihn sicher nicht. Er hat ja auch gerade
genug um die Ohren, seine Ex-Freundin, [2][die Musikerin Grimes, verklagt
ihn], und die [3][US-Börsenaufsicht hat Ermittlungen gegen ihn
aufgenommen]. Aber vielleicht sind ja [4][die um die Hälfte eingebrochenen
US-Werbeeinnahmen] der Spiegel, in den er doch mal schaut. Der Markt regelt
vielleicht am Ende doch manches – wenn die Kunden wollen.
Und man muss dann schon ziemlich bekloppt sein als Kunde, wenn man bei 30
Grad im deutschen Oktober [5][keine Solaranlage auf dem Balkon will]. Zum
Glück sind die meisten nicht so bekloppt: Sie fragen nach, dass es nur so
brummt. Hauptsache, das bisschen Klimaschutz wird uns jetzt nicht von der
legendären deutschen Bürokratie gleich wieder ausgetrieben.
Wobei ja jetzt sogar der Springer-Konzern die Energiewende in Form von
Wärmepumpen bewirbt und vermarktet. „[6][Volks.Wärmepumpen]“, um genau zu
sein. Ja, Sie haben richtig gelesen, derselbe Konzern, dessen Redaktionen
seit Monaten gegen den „Heiz-Hammer“ und Habeck wettern. Gut, die
Redaktionen haben mit anderen Geschäftsfeldern (aus denen die Vermarktung
der Wärmepumpen stammt) inhaltlich nichts zu tun. Aber wenn sich etwas
lukrativ vermarkten lässt, vom eigenen Haus zumal, dann ist es wohl an der
Zeit, mal in den Spiegel der Gesellschaft zu gucken, statt sich nur von
oben herab als Volkes Stimme zu geben.
Schrecklicher Verdacht: Vielleicht sind die meisten Springer-Leser:innen
gar nicht grundsätzlich gegen Klimaschutz und gegen Hilfe für Flüchtlinge?
Wie viel konstruktiver wären doch alle Debatten, wenn wenigstens diese eine
Erkenntnis als kleinster gemeinsamer Nenner akzeptiert würde: Die
allermeisten Leute wollen erst mal ganz simpel überleben. Wenn das klappt,
wollen sie ein gutes Leben.
Und, come on, so unterschiedlich sind unsere Vorstellungen davon nun auch
wieder nicht: genug Zeit für Eis, genug Geld für Eis und genug Auswahl beim
Eis. All das kam wunderbarerweise zusammen – und drum hatten das Kind und
ich im Urlaub auch eine ziemlich gute Zeit zusammen.
8 Oct 2023
## LINKS
[1] /Kurznachrichtendienst-Bluesky/!5961131
[2] https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/smalltalk/grimes-will-als-mutter-v…
[3] https://www.handelsblatt.com/dpa/us-boersenaufsicht-zieht-gegen-elon-musk-v…
[4] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/x-elon-musk-werbeeinnahmen…
[5] /Boom-von-Balkonkraftwerken/!5961126
[6] https://www.sueddeutsche.de/medien/axel-springer-habeck-bild-waermepumpe-1.…
## AUTOREN
Ariane Lemme
## TAGS
Solarenergie
Elon Musk
Kinder
Kolumne Der rote Faden
Axel Springer
Heizung
Balkonmodule
Twitter / X
Eltern
## ARTIKEL ZUM THEMA
Solarenergie vom Balkon: Wem nutzt der Überschussstrom?
Wer mit der Balkon-Solaranlage mehr Strom erzeugt als der Haushalt braucht,
kann die Energie ins Netz einspeisen. Davon profitieren auch andere.
Kurznachrichtendienst Bluesky: Das große Hallo am blauen Himmel
Viele Twitter-Nutzer:innen wechseln zur neuen Plattform Bluesky. Dort
geht es bisher deutlich gesitteter zu. Trotzdem braucht es kritische
Distanz.
Verreisen mit Kindern: Der Endgegner für Eltern
Urlaub mit Kindern ist selten Erholung, es ist im besten Fall ein
Tapetenwechsel. Aber das muss doch auch anders gehen, meint unsere
Kolumnistin.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.