Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Korruption in der Ukraine: Sag mir, wie viel du verdienst
> Ukrainische Beamte und Politiker sollen ihr Einkommen auf Drängen von
> Präsident Selenski offenlegen. Er reagiert damit auf gesellschaftlichem
> Druck.
Bild: Unter Druck: der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski
Berlin taz | Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat sein Veto
gegen ein Gesetz eingelegt, das Details zur Wiedereinführung elektronischer
Einkommenserklärungen von Beamten regeln soll. Dieses sieht vor, dass
Nutzer auf der Website der Nationalen Agentur für Korruptionsbekämpfung
herausfinden können, was Beamte und Abgeordnete aller Ebenen zuletzt und in
den Vorjahren verdienten. Das Gesetz gilt als einer der wichtigsten
Schritte bei der Umsetzung von [1][Anti-Korruptions-Reformen] in der
Ukraine.
Die Pflicht, die eigenen Einnahmen zu melden, wurde für Beamte zu Beginn
des Krieges 2022 ausgesetzt – vorgeblich aus Sicherheitsgründen. Wie
[2][Transparency International] bekannt gab, hat im letzten Jahr nur ein
Drittel aller ukrainischen Beamten freiwillig Einnahmen deklariert. „Wenn
das so weitergeht, bedeutet dies de facto eine Demontage einer der
Hauptstellschrauben der Anti-Korruptions-Reformen der Ukraine“, so die
Organisation.
Schon im September 2022 hatte David Arachamia, Fraktionschef von Selenskis
Partei Diener des Volkes, unter Verweis auf eine Forderung der Europäischen
Kommission einen Gesetzentwurf zur Wiedereinführung der Meldepflicht
eingebracht. Seit fast einem Jahr warten die europäischen Partner der
Ukraine und die ukrainischen Korruptionsermittler auf die Rückkehr der
verpflichtenden elektronischen Einkommenserklärung. Das fordert auch der
Internationale Währungsfonds (IWF), der in diesem Herbst ein erweitertes
Finanzierungsprogramm für die Ukraine auflegen will. Die Unterstützung
durch den IWF ist für die Ukraine wichtig. Ihre Haushaltseinnahmen hängen
aktuell zu 60 Prozent von ausländischen Gebern ab.
[3][In den 18 Kriegsmonaten kam es in der Ukraine zu Dutzenden Skandalen
im Zusammenhang mit Einkünften und teuren Anschaffungen von Abgeordneten,
Beamten, Richtern und Militärkommissaren.] Sollten durch die
Wiedereinführung der Einkommenserklärung für Beamte noch mehr
Korruptionsfälle an die Oberfläche kommen, könne das nach hinten losgehen,
so Jurij Nikolow, Journalist und Autor mehrerer Untersuchungen über
Korruption im ukrainischen Verteidigungsministerium, gegenüber dem Sender
NV Radio.
## Petition sammelt 85.000 Unterschriften
Trotzdem hatte das ukrainische Parlament am 5. September per Gesetz die
Pflicht zur Abgabe von elektronischen Einkommenserklärungen für Beamte
wieder eingeführt. Zwei Vorschriften stießen jedoch auf Kritik: Zum einen
sollten die Einkommenserklärungen für ein weiteres Jahr nicht öffentlich
einsehbar sein. Zum anderen sollten bei Falschangaben lediglich Geldstrafen
drohen.
Besonders die ukrainische Zivilgesellschaft reagierte verärgert: Innerhalb
von nur drei Tagen unterschrieben 85.000 Menschen eine Petition, in der sie
Präsident Selenski aufforderten, Einkommenserklärungen wieder öffentlich
zugänglich zu machen. Dieser reagierte prompt: „Die Erklärungen müssen
sofort öffentlich einsehbar werden. Nicht erst in einem Jahr“, begründete
der Präsident sein Veto und gab das Gesetz ans Parlament zurück.
Ukrainische Experten gehen davon aus, dass sich die Abgeordneten noch in
diesem Monat erneut mit dem Thema befassen werden. Für Selenski ist es
wichtig, noch vor seinem Besuch bei der UN-Generalversammlung in den USA zu
einer Lösung zu kommen. Dort wird er voraussichtlich auch mit dem
amerikanischen Präsidenten Joe Biden zusammentreffen.
14 Sep 2023
## LINKS
[1] /Kampf-gegen-Korruption-in-der-Ukraine/!5937684
[2] /Transparency-Chefin-ueber-Fall-Graichen/!5930469
[3] /Korruption-in-der-Ukraine/!5908939
## AUTOREN
Juri Konkewitsch
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Korruption
Wolodymyr Selenskij
Steuern
Transparenz
Lobbyismus
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Vitali Klitschko
## ARTIKEL ZUM THEMA
Lobbyismus in Deutschland: Zu wenig Transparenz in den Ländern
Viele Bundesländer machen Lobbyisten die politische Einflussnahme leicht,
kritisiert Transparency Deutschland. Einen Überflieger gibt es dennoch.
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Selenski bald back in Washington
Wolodimir Selenski besucht wohl nächste Woche US-Präsident Biden. Bei
Bachmut meldet die Ukraine weitere Eroberungen. Russland weist
US-Mitarbeiter aus.
Treffen von Putin und Kim: Hand in Hand gegen den Westen
Das Treffen zwischen Wladimir Putin und Nordkoreas Diktator Kim Jong Un ist
eine Provokation. Und ein Zeichen dafür, wie tief Russland abgestiegen ist.
Treffen von Putin und Kim: Ziemlich beste Schurken
Russland hofiert den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un. Wie gefährlich
die Achse Moskau–Pjöngjang sein wird, entscheidet vor allem China.
Vitali Klitschko in Berlin: Humanitär hapert es
Der Bürgermeister von Kyjiw trifft Kai Wegner im Roten Rathaus. Dabei geht
es nicht nur um die Unterzeichnung einer Städtepartnerschaft.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.