# taz.de -- Vorkaufsrecht in Berlin: Auferstanden von den Toten? | |
> Nachdem Neukölln das Vorkaufsrecht gezogen hat, schöpfen auch | |
> Mieter*innen in Mitte Hoffnung. Sie appellieren an Senat und Bezirk. | |
Bild: Die Hausgemeinschaft Seestraße 110 | |
BERLIN taz | Fast fühlt man sich an die Zeiten der Mieten- und Häuserkämpfe | |
erinnert, wenn man an dem Haus Seestraße 110 in Wedding vorbeigeht. Aus den | |
Fernstern hängen Transparente: „Vorverkauf statt Ausverkauf“. Das ist dann | |
auch das zentrale Anliegen der Mieter*innen der 27 Wohnungen in der | |
Seestraße. | |
Sie kämpfen darum, auch weiterhin zu bezahlbaren Mieten dort wohnen zu | |
können und befürchten verdrängt zu werden. Die Zeit ist knapp: Das Haus | |
soll am 10. Oktober an einen privaten Investor verkauft werden. Um das | |
abzuwenden, fordern die Mieter*innen vom Bezirksamt Mitte, das | |
Vorkaufsrecht für das Haus auszuüben, wie es jüngst Neukölln mit der | |
[1][Weichselstraße 52] vorgemacht hat. | |
Lange schien das Vorkaufsrecht tot. Eine [2][Entscheidung des | |
Bundesverwaltungsgerichts vom November 2021] setzte den damit verbundenen | |
Versuchen, Wohnraum den privaten Profitinteressen zu entziehen, enge | |
Grenzen. Mit dem Haus an der Neuköllner Weichselstraße scheint das | |
Vorkaufsrecht auferstanden. | |
Die Mieter*innen der Seestraße appellieren nun an den Bezirk und den | |
Senat, auch im Fall der Seestraße ihrer Verantwortung gerecht zu werden. | |
Christoph Mayer, der Sprecher der Hausgemeinschaft, ist fast täglich in | |
Gesprächen mit Politiker*innen, er hat Hoffeste organisiert und | |
Kundgebungen, sich in die Feinheiten der [3][Regularien des Vorkaufsrechts] | |
eingearbeitet. „In der Seestraße 110 wohnen viele Menschen mit geringen | |
Einkommen. Sie sind die ersten, die verdrängt werden, wenn hier ein | |
Investor aus dem Gebäude Profite erwirtschaften will“, sagt Mayer zur taz. | |
## Unterstützung von Linkspartei und SPD-Linken | |
Unterstützung bekommen Mayer und seine Mitstreiter*innen von der | |
Linken. Die Co-Chefin des Bezirksverbands, Martha Kleedörfer, sagt zur taz: | |
„Eine ganze Hausgemeinschaft kann aus dem Biss eines Immobilienhais befreit | |
werden – wenn Bezirk und Senat eingreifen. Das muss nun geschehen.“ Auch | |
der stadtentwicklungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im | |
Abgeordnetenhaus, Mathias Schulz, betont gegenüber der taz, dass er das | |
Anliegen der Mieter*innen in der Seestraße 110 unterstützt. Wobei auch | |
Schulz daran erinnert, dass Neukölln jetzt das Vorkaufsrecht gezogen hat. | |
Der Erfolg in der Weichselstraße ist auch ein Motivationsschub für die | |
Mieter*innen in der Seestraße. „Aktuell diskutieren wir, ob wir eine | |
Fristverlängerung fordern, damit wir mehr Zeit haben, Senat und Bezirk von | |
der Anwendung des Vorverkaufsrechts zu überzeugen“, sagt Mayer. Das ist | |
keine leichte Aufgabe. Selbst als es noch unkomplizierter möglich war, | |
wurde in Mitte das Vorkaufsrecht erst 6 Mal angewandt. | |
28 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Neukoelln-will-Haeuser-vor-Verkauf-retten/!5946358 | |
[2] /Kommunales-Vorkaufsrecht-in-Berlin/!5935004 | |
[3] /Neukoelln-will-Haeuser-vor-Verkauf-retten/!5946358 | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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