# taz.de -- Rapper BBou: Was ist schon ein Bayer? | |
> Der oberpfälzer Rapper BBou vielleicht, der gern Bier trinkt und sich auf | |
> Bairisch am besten ausdrücken kann. Ein Treffen im Winkler-Bräu in | |
> Amberg. | |
Bild: Rapper BBou aus Amberg: ein typischer „Boarischer Bou“ | |
AMBERG taz | Schon beim Blick auf das neue Albumcover von BBou zeigt sich | |
die Ambivalenz des Rappers. Vor grüner Weide und majestätischer | |
Berglandschaft steht er da, mit seinem langen Bart und den gelockten | |
Haaren, die über die Schultern gehen und einem Pullover in allen Farben des | |
Regenbogens. Der „Boarische Bou“, so der Künstlername in Langversion, der | |
gerne über das Kiffen in Mundart rappt, ist wahrscheinlich nicht der | |
Prototyp Bayer aus der CSU- oder Freie-Wähler-Klientel. Aber was ist denn | |
schon ein Bayer? | |
In der oberpfälzischen Kleinstadt Amberg empfängt BBou im Winkler-Bräu, ein | |
Wirtshaus irgendwo zwischen urig und modern. Er sitzt im Hoodie auf einer | |
Eckbank zusammen mit Stefi, mit der er seit zehn Jahren zusammen ist. Das | |
neue Album, „Grod schey is“ (Grad schön ist’s), kam dieses Jahr heraus. | |
Nach sieben Jahren Schaffenspause. Er fühle sich „gut, weil einfach wieder | |
frische Musik da ist“. Die lange Pause kam durch die Coronapandemie, ohne | |
Aussicht auf Liveauftritte sei er sehr demotiviert gewesen. | |
BBou ist 37 Jahre alt, er rappt schon seit seiner Jugend, in der Schule hat | |
er damit angefangen, inspiriert durch Oldschool-Rap von Blumentopf und | |
Aggro Berlin. Gelernt hat er dann aber Mechaniker, war dreizehn Jahre lang | |
bei einem Betrieb, bis dieser 2015 Insolvenz anmelden musste. Für ihn der | |
Startschuss, voll auf die Musik zu setzen. | |
Damals hatte er gesagt, er wolle mal schauen, wie er sich damit über Wasser | |
halten kann. Das hat jetzt auch mit Corona einigermaßen geklappt, er hat | |
wenig Fixkosten, keine Kinder, alles auf ein Minimum reduziert. „Aber jetzt | |
wird’s langsam knapp.“ Daher das neue Album, die Liveauftritte. Ein harter | |
Kern an Fans, vor 300, 400 Leuten zu spielen, reicht ihm. Viele | |
Musiker*innen passen ihre Songs auf Spotify-Algorithmen an, | |
Neuerscheinungen sind oft nicht länger als zwei Minuten. Auf BBous neuen | |
Album findet man keinen Song unter drei Minuten. | |
## Vom harten Rapper zum Naturburschen | |
Bekannt wurde BBou mit hartem Rap. 2013 veröffentlichte er den Track „Bazis | |
wissen, wer der BBou ist“, eine bayerische Cover-Version des | |
[1][Haftbefehl]-Songs „Chabos wissen, wer der Babo ist“. Über die Jahre | |
hinweg hat sich sein Stil gewandelt. Während er sich auf seinem ersten | |
Albumcover mit blau-weißem Bandana über dem Mund zeigte, schmiegte er sich | |
bei seinem 2016 erschienenen Long Player „Idylle“ an einen Baum, beim neuen | |
Album steht er in der Natur. | |
Der Humor und die Explizität mancher Texte sind dort immer noch | |
anzutreffen, müssen sich den Platz aber mit Lagerfeuer-Gitarrenriffs | |
teilen. Ob er immer noch Rapper ist? „Man hört auf jeden Fall die | |
Hiphop-Einflüsse, aber ich würde mich nicht einordnen. Ich mache einfach | |
mein Ding.“ Seine Musik hören Leute, die etwa um die 30 sind, meint er | |
selber. Und er? Hört eigentlich fast keine, weil er selbst den ganzen Tag | |
den Kopf voll eigener Musik hat. | |
Wenn sich ein Thema durch sein ganzes künstlerisches Werk zieht, dann ist | |
es das Kiffen: Ein Redakteur der Süddeutschen Zeitung ernannte ihn mal in | |
einem Text zum „Haschprediger“, das finde er ganz lustig. Die Entwicklung | |
der angestrebten [2][Cannabislegalisierung] verfolge er, eine Sache sei ihm | |
dabei ganz besonders wichtig: dass die Grenzwerte für das Autofahren neu | |
geregelt werden. Viele Leute im Freundeskreis, die ihren Führerschein wegen | |
Cannabis im Blut verloren haben, mussten über tausend Euro für die | |
Medizin-Psychologische Untersuchung zahlen. | |
Zur Legalisierung des Anbaus von Cannabispflanzen sagt er: „Der Mensch | |
stellt sich über Gott, indem er Pflanzen verbietet.“ Zur Natur fühlt sich | |
der Oberpfälzer generell sehr verbunden. „Städte mag er nicht so, Menschen | |
dafür sehr gern“, sagt Stefi. Amberg mit seinen etwa 40.000 | |
Einwohner*innen sei die größte Stadt, in der er je gelebt habe. Er | |
fährt gerne Rad, einmal im Jahr gibt es eine Kanutour mit Freunden, „da | |
sagt er alles ab und nimmt nichts an“, lacht seine Freundin. | |
In seinem neuen Album heißt es: „Lieber bergsteigen gehn als vorm Berghain | |
stehn“, an anderer Stelle wird das Verrichten der Notdurft im Wald | |
angepriesen. Was für ihn bayerisch ist? „Die bayerische Gemütlichkeit. Aber | |
natürlich leider auch der Alkohol, der in Bayern so präsent ist wie sonst | |
vielleicht nirgends.“ Seine eigene Widersprüchlichkeit zur Volksdroge ist | |
ihm bewusst, auf seinem neuen Album findet man den Song „A Bayer trinkt a | |
Bier“. | |
## Im Schützenverein und Ministrant | |
BBou muss kurz stutzen beim Gedanken daran, ob er eigentlich ein | |
traditionsbewusster Mensch ist. Den breiten Dialekt, das oberpfälzische | |
Bellen, hat er natürlich tief verinnerlicht – zu Beginn seiner Karriere | |
habe er versucht, auf Hochdeutsch zu rappen, merkte schnell, dass er sich | |
da nicht so ausdrücken konnte wie er wollte. Ansonsten? Er war im | |
Schützenverein und Ministrant, das mache man halt so am Dorf. | |
Väterlicherseits hat er polnische Wurzeln, sehr katholisch und konservativ. | |
Selbst habe er nie einen Zugang zum Glauben gefunden, „Religion ist der Tod | |
der Spiritualität“, sagt er. Gleichzeitig kann sich BBou vorstellen, dass | |
Glauben eines der „krassesten Dinge ist, die es gibt“. Vielleicht findet er | |
mal zum Glauben, meint er, aber ob es jetzt durch die Kirche sein wird? | |
Eher auf seine Art. | |
Mit Politik befasst er sich am Rande immer wieder, aber er versucht so | |
wenig Medien wie möglich zu konsumieren. „Die Informationen kann ich nicht | |
verarbeiten oder bringen mir nichts“, er bekomme dadurch einfach schlechte | |
Laune. Demonstrieren war er nie gewesen, eine Sache hatte ihn dann aber | |
doch auf die Straße getrieben: Die Pandemiezeit habe ihm zugesetzt, er sei | |
Verfechter einer freien Impfentscheidung. | |
Zwei Mal sei er zu den [3][„Spaziergängen“] gegangen. „In der Zeit hätte | |
ich mich radikalisieren können“, reflektiert BBou, hat das dann aber | |
BBou-typisch abgewendet: Er habe bald gemerkt, dass er auch nur | |
nachplappert, was er auf Telegram liest, und dort viel Geschwurbel dabei | |
ist. Ob er [4][bei der Landtagswahl am 8. Oktober] wählen gehen wird? | |
Wahrscheinlich schon, dann informiere er sich auch über die Parteien. | |
Vielleicht setzt er sein Kreuz bei der Tierschutz-Partei. | |
Wenn man ein politisches Statement von ihm finden will, lohnt es sich, noch | |
mal in seinen Durchbruch-Hit [5][„Bazis wissen, wer der BBou ist“] | |
reinzuhören. „A Bayer is a a Bayer, wenn er ned Maier hoaßt“ rappt BBou da | |
und sagt, darauf angesprochen: „Jeder Mensch kann Bayer sein.“ Und bestellt | |
sich noch einen Tee – und, natürlich, was trinkt der Bayer: ein Bier. | |
29 Sep 2023 | |
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[3] /Coronademo-in-Muenchen/!5826835 | |
[4] /Landtagswahl-Bayern/!t5481761 | |
[5] https://www.youtube.com/watch?v=kVeuAu1gY2g | |
## AUTOREN | |
Jonas Grimm | |
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