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# taz.de -- Rassismus nimmt wieder zu: Die nächste Welle
> Unsere Kolumnistin kennt Rassismus seit Kindesbeinen. Was den Kindern von
> Sharon Dodua Otoo und Tupoka Ogette widerfuhr, erinnert sie an dunkle
> Zeiten.
Bild: Immer, wenn der politische Diskurs sich nach rechts verschiebt, nehmen ra…
Das erste Mal bewusst rassistisch beleidigt und ausgegrenzt wurde ich schon
im Kindergarten. Rassismuserfahrungen gehören also zu meinen ersten
Erinnerungen.
Ich erinnere mich sehr klar an bestimmte Momente und daran, wie traurig und
hilflos sie mich machten. Meine Eltern taten, was sie konnten, um mich
gegen solche Vorfälle zu wappnen und mich vor ihnen zu schützen. Doch ihnen
fehlten die Zugänge, die Mittel und vor allem die Solidarität.
Über Rassismus wurde damals kaum gesprochen. Es gab wenig Bewusstsein und
keine wahrzunehmende Schwarze Gegenperspektive.
Heute werde ich manchmal sentimental, wenn ich mich mit der jüngeren
Schwarzen Bewegung in Deutschland befasse und feststelle, dass deren
Anfangsjahre genau in meine Kindergartenzeit fallen. Ich war allein. Aber
ihr wart schon da.
Wie sehr hätte es meiner Familie geholfen, wenn wir Zugang zu Wissen und
Community gehabt hätten. Und obwohl wir heute so viel weiter sind,
Communitys und antirassistische Verbündete viel erreicht haben, machen wir
weiterhin solche Erfahrungen und – das ist der noch viel schmerzhaftere
Teil – unsere Kinder auch.
Ich wünsche mir so sehr und wir arbeiten so hart daran, dass die Kinder
nicht durchleben müssen, was wir erlebt haben. Aber trotz der Aufklärung,
die wir leisten, trotz der Empowerment-Angebote, der Kinderbücher mit
Schwarzen Superheld*innen und der kleinen Safer Spaces, die wir
schaffen, können wir sie nicht beschützen.
In einem gemeinsamen [1][Instagram-Post beschreiben die Autorin Sharon
Dodua Otoo und die Antirassismustrainerin Tupoka Ogette] einen
rassistischen Angriff, dem ihre Söhne in der Berliner S-Bahn ausgesetzt
waren. Otoo und Ogette wenden sich, wie sie schreiben, als Mütter mit
öffentlicher Reichweite an uns. Sie nehmen den Vorfall zum Anlass,
rassistische Gewalt im öffentlichen Raum zu thematisieren und das
gesellschaftliche Klima, die allgemeine Situation zu beschreiben, unter der
besonders von Rassismus betroffene Kinder und Jugendliche leiden. Und sie
fordern uns auf zu handeln. Denn ihren Kindern hat niemand geholfen. Das
ist ein Elend.
Diskriminierung und rassistische Gewalt gibt es immer. Aber es gibt Wellen.
Und immer dann, wenn der politische Diskurs sich nach rechts verschiebt,
wenn Rassist*innen und Neonazis Aufwind spüren und sich sicher fühlen,
nehmen diese Angriffe zu. Jedes Mal, wenn rassifizierte und anders
marginalisierte Menschen medial zum Problem oder gar zum Feind erklärt
werden, kommt es zu mehr und zu offenerer Gewalt.
Und das bedeutet, dass wir jetzt ganz besonders aufeinander aufpassen
müssen.
Rassistische Übergriffe sind ein gesellschaftliches Problem – und wir
müssen als Gesellschaft reagieren. Ganz direkt, wenn wir rassistische
Gewalt mitbekommen. Aber eben auch, wenn es um das Klima geht, in dem diese
Gewalt entsteht.
Unterstützt Schwarze und Antirassistische Organisationen, helft mit, klärt
auf, sensibilisiert eure Nächsten. Seid nicht Teil des Problems.
22 Sep 2023
## LINKS
[1] https://www.instagram.com/p/CxaNuBIshEo/?hl=de
## AUTOREN
Simone Dede Ayivi
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Antirassismus
Migration
Rechtspopulismus
Kolumne Diskurspogo
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Deutsche
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Sprache
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