# taz.de -- Geheimtreffen Israel und Libyen: Forderung nach Rücktritt | |
> Die libyische Außenministerin trifft sich in Italien mit Israels | |
> Außenminister. Als das bekannt wird, kommt es in Libyens Hauptstadt zu | |
> Protesten. | |
Bild: Unter Druck: Libyens Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba | |
TRIPOLIS dpa | In Libyen ist es in der Nacht zum Montag zu gewaltsamen | |
Protesten gekommen. Zuvor war bekannt geworden, dass sich die libysche | |
Außenministerin Nadschla al-Mangusch vergangene Woche inoffiziell mit ihrem | |
israelischen Amtskollegen Eli Cohen getroffen haben soll, obwohl die beiden | |
Länder keine offiziellen diplomatischen Beziehungen unterhalten, wie | |
libysche Medien am Montag berichteten. Israels Außenministerium zufolge | |
sprachen die Vertreter beider Staaten in Italien über eine mögliche | |
Zusammenarbeit. | |
Der libysche Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba hatte seine | |
Außenministerin Berichten zufolge am Sonntag von ihren Aufgaben | |
freigestellt, um den Fall zu untersuchen. Die libysche Nachrichtenseite | |
Al-Wasat meldete am Montag unter Berufung auf Sicherheitskreise, die | |
Außenministerin sei inzwischen mit einem Regierungsflugzeug in die Türkei | |
geflogen. | |
Augenzeugen zufolge zündeten Demonstranten in Tripolis Reifen an und | |
blockierten Straßen. Demonstranten forderten demnach den Rücktritt der | |
Regierung von Dbaiba. Ein im Internet verbreitetes Video soll zeigen, wie | |
Menschen die Residenz von Dbaiba in Brand setzen. Es war unklar, ob sich | |
der Regierungschef zu dem Zeitpunkt in dem Gebäude befand. Die Angaben | |
ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. | |
Der Libyen-Experte [1][Jalel Harchaoui] vom britischen Royal United | |
Services Institute (RUSI) schrieb auf der Plattform X, ehemals Twitter, | |
Feinde Dbaibas nutzten die Meldung über das Treffen aus und führten die | |
Proteste an. Dbaibas Feinde könnten ihr Glück kaum fassen und betrachteten | |
seinen Fehltritt als ein Geschenk des Himmels. | |
## Israel sieht historisches Treffen | |
Das Außenministerium in Tripolis dementierte Gespräche mit Cohen in Rom. | |
Bei dem Treffen in der italienischen Hauptstadt habe es sich lediglich um | |
eine „informelle“ und „unvorbereitete“ Zusammenkunft gehandelt. In einer | |
Stellungnahme des Ministeriums hieß es, man lehne eine Normalisierung der | |
Beziehungen mit Israel kategorisch ab. Laut einem Gesetz von 1957 sind | |
solche Kontakte zu Israel strafbar. | |
Israels Außenministerium hatte am Sonntagabend mitgeteilt, Al-Mangusch und | |
Cohen seien in der vergangenen Woche in Italien zusammengekommen, um die | |
Möglichkeit einer Zusammenarbeit zu besprechen. Es sei das erste Treffen | |
der Außenminister beider Länder gewesen. Dabei sei es um die Erhaltung | |
jüdischer Kulturdenkmäler in Libyen sowie eine mögliche Unterstützung | |
Israels für das Bürgerkriegsland Libyen gegangen. Cohen sprach den Angaben | |
nach von einem „historischen Treffen“. Es sei der erste Schritt in der | |
Etablierung von Beziehungen zwischen beiden Staaten gewesen. | |
Israelische Medien werteten die Reaktion aus Tripolis allerdings als | |
Zunichtemachen der Fortschritte in den Beziehungen der beiden Staaten. | |
Israels Außenministerium äußerte sich bislang nicht zu den jüngsten | |
Entwicklungen in Libyen. | |
Kontakte zwischen Vertretern beider Länder hatte es Berichten zufolge | |
bereits zuvor gegeben – wenn auch nicht auf dieser hochrangigen Ebene. | |
Israelische Medien meldeten vor knapp zwei Jahren, der mächtige und vor | |
allem im Osten des Landes einflussreiche General Chalifa Haftar, der damals | |
seine Kandidatur für die Präsidentenwahl bekanntgab, habe militärische und | |
diplomatische Unterstützung in Israel gesucht. Im Gegenzug wolle er | |
Beziehungen zu Israel aufnehmen, sollte er die Wahl gewinnen. Diese fand | |
allerdings niemals statt. | |
## Das Land der Parallelregierungen | |
Das Parlament im Osten Libyens kündigte an, am Montag zu einer | |
Dringlichkeitssitzung zusammenzukommen. | |
In Libyen war nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi im | |
Jahr 2011 ein Bürgerkrieg ausgebrochen. In dem faktisch gespaltenen Land | |
ringen [2][zwei Regierungen] und etliche Milizen um die Macht. 2020 trat | |
eine Waffenruhe in Kraft. Vereinzelt kommt es aber immer wieder zu Gewalt | |
und Zusammenstößen verfeindeter Milizen. Mehrere ausländische Staaten, | |
darunter die Türkei und Russland, sind an dem Konflikt beteiligt. Alle | |
diplomatischen Bemühungen, den Konflikt friedlich beizulegen, scheiterten | |
bisher. | |
Im September 2020 hatte Israel unter US-Vermittlung die Aufnahme | |
diplomatischer Beziehungen mit den [3][Vereinigten Arabischen Emiraten | |
sowie Bahrain] vereinbart. Marokko und der [4][Sudan] kündigten solche | |
Schritte danach ebenfalls an. Zuvor unterhielten mit Ägypten und Jordanien | |
nur zwei arabische Staaten Beziehungen zu Israel. | |
28 Aug 2023 | |
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