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# taz.de -- Immobilienriese meldet Konkurs in USA an: Chinas Krise verschärft …
> Der Immobilienkonzern Evergrande hat Gläubigerschutz beantragt. Der Crash
> kann die gesamte Volkswirtschaft Chinas in die Tiefe ziehen.
Bild: Unfertiges Bauprojekt von Evergrande in Hanzhou in Osten Chinas im August…
Peking taz | Als auf Chinas sozialen Medien Scheidungsgerüchte über den
64-jährigen Evergrande-Gründer Xu Jiayin zirkulierten, stand für viele
Branchenbeobachter bereits fest: Offenbar will einer der reichsten
Unternehmer des Landes seine Vermögenswerte verstecken, um sie vor den
drohenden Konkursverwaltern zu schützen.
Kurz darauf berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg, dass der
chinesische [1][Immobilienriese Evergrande] in den USA Gläubigerschutz
beantragt hat. Somit kann die Firma ihre Werte in den Vereinigten Staaten
schützen, während sie gleichzeitig an einem Deal zur Umstrukturierung ihrer
Schulden arbeitet. Insgesamt hat der Konzern mit Sitz im südchinesischen
Shenzhen bereits Verbindlichkeiten von 335 Milliarden US-Dollar angehäuft.
Der [2][Crash in Fernost scheint somit immer größer zu werden]. Das
beunruhigt auch Börsianer in Europa: Am Freitagmorgen ging der Dax in den
Keller. Der deutsche Leitindex notierte zum Handelsstart am Freitag 0,7
Prozent schwächer bei 15.571 Punkten.
Der spektakuläre Fall von Evergrande, einst der zweitgrößte Bauentwickler
des Landes, ist nur die jüngste in einer endlosen Reihe von
Hiobsbotschaften, die derzeit in China an die Öffentlichkeit gelangen.
Zuletzt ist auch der – noch vor wenigen Monaten als ökonomisch solide
geltende – Bauentwickler Country Garden in die Negativschlagzeilen geraten.
Das Unternehmen musste Anfang des Monats zwei Zahlungsfristen für
US-Dollar-Anleihen verstreichen lassen.
## Pessimismus der Anleger in Fernost
Auch wenn es sich mit 22,5 Millionen Dollar um vergleichsweise geringe
Beträge handelt, löste die Nachricht einen sofortigen Aktiensturz aus.
Vergleicht man den Kurs von Country Garden mit dem Zeitraum kurz vor der
Pandemie, so sind die Papiere des Konzerns auf ein Zwanzigstel des
damaligen Werts geschrumpft. Der Pessimismus der Anleger in Fernost ist
durchaus begründet: Sollte die Immobilienfirma ihre Schulden bis Anfang
September nicht begleichen können, dann droht ihr ebenfalls eine
schmerzliche Umstrukturierung.
Für unzählige chinesische Familien wäre dies ein harter Schicksalsschlag.
Denn selbst konservativ kalkuliert dürften allein von Country Garden
mindestens 150.000 Apartments, welche bereits gekauft wurden, vorerst nicht
fertiggestellt werden. Dahinter stehen oft jahrzehntelang angehäufte
Ersparnisse, die nun möglicherweise wertlos sind. Auch für die
kommunistische Partei, die [3][immer stark um soziale Stabilität bemüht]
ist, ist dies eine alarmierende Entwicklung.
Ob es sich in China bereits um [4][eine klassische Immobilienblase]
handelt, darüber herrscht unter Experten zwar kein Konsens. Doch dass der
kriselnde Markt das Potenzial hat, die gesamte Volkswirtschaft in die Tiefe
zu stürzen, liegt auf der Hand: Der Bausektor mit all seinen zugehörigen
Industrien generiert rund 30 Prozent des chinesischen
Bruttoinlandsprodukts. Allein die Privathaushalte haben bis zu drei Viertel
ihrer Ersparnisse in den Häusermarkt geparkt – oft aus Ermangelung
alternativer Anlagemöglichkeiten.
Doch die einst boomende Branche funktionierte zuletzt nur mehr auf Pump.
Viele der hochverschuldeten Entwickler nahmen immer riskantere Kredite auf,
um ihr Geschäft am Laufen zu halten. Im Sommer 2020, als sich die
chinesische Volkswirtschaft gerade vom ersten Corona-Schock zu erholen
begann, proklamierte Staatschef Xi Jinping in einer richtungsweisenden
Rede, dass Immobilien als Wohnraum dienen sollten – und nicht als
Spekulationsobjekte.
## Etliche Bauentwickler in Zahlungsschwierigkeiten
Doch die beschlossene Verschärfung der Kreditvergabe löste in Windeseile
einen Dominoeffekt aus, von dem sich die Branche bislang nicht erholen
konnte: Etliche Bauentwickler gerieten in Zahlungsschwierigkeiten, weil sie
bei den Banken keine weiteren Schulden mehr aufnehmen konnten.
Die Causa Evergrande wurde schließlich zum prominentesten Symbol für die
chinesische Immobilienkrise. Bezeichnend ist, dass die Nachricht über den
aktuellen Konkursantrag im Reich der Mitte bis auf einige Beiträge in den
sozialen Medien praktisch nicht durchgedrungen ist. Auch am Freitagmittag
Ortszeit hatten die führenden Wirtschaftszeitungen nicht über den Fall
berichtet. Ganz offensichtlich hatten die Zensoren einen Maulkorb verhängt
– aus Angst, die Information könnte Unruhe innerhalb der Bevölkerung
auslösen.
Der Staat reagierte bislang auf die Krise mit eher kleineren Maßnahmen. Am
Donnerstag gab die chinesische Zentralbank bekannt, dass sie ihr im
November beschlossenes Kreditprogramm für die angeschlagenen
Immobilienentwickler bis Mai 2024 verlängern wird. Es handelt sich dabei um
Sonderdarlehen in Höhe von umgerechnet knapp 26 Milliarden Euro. Für eine
nachhaltige Erholung der Branche ist dies jedoch nicht einmal ansatzweise
ausreichend.
Bislang jedoch scheute Peking davor zurück, grundlegend zu intervenieren.
Doch für den Fall, dass die Immobilienkrise eskalieren sollte, dürfte die
Regierung wohl oder übel einen finanziellen Rettungsanker werfen. Der
Immobiliensektor ist schließlich zu wichtig für die chinesische
Volkswirtschaft, als dass man den Niedergang der Branche riskieren würde.
18 Aug 2023
## LINKS
[1] /Kriselnder-Immobilienkonzern-in-China/!5798100
[2] /Deflation-in-China/!5949364
[3] /Chinas-Arbeitslosigkeit-und-Intransparenz/!5954138
[4] /Deflation-in-China/!5952040
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
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