| # taz.de -- Neuer Erlass in Schleswig-Holstein: Keine Abschiebung mehr aus Klin… | |
| > Wenn Geflüchtete wegen einer akuten Krankheit behandelt werden, sollen | |
| > sie in Schleswig-Holstein künftig nicht mehr abgeschoben werden. | |
| Bild: Soll künftig vor Abschiebungen geschützt sein: Frau in einer psychiatri… | |
| KIEL taz | Geflüchtete, die wegen einer akuten Krankheit in einer Klinik | |
| behandelt werden, sollen in Schleswig-Holstein künftig nicht mehr | |
| abgeschoben werden. Dafür hat das Sozial- und Integrationsministerium in | |
| Kiel seinem Rückführungserlass geändert. [1][Anlass war der Fall einer | |
| 37-jährigen Tunesierin], die aus der psychiatrischen Fachklinik Rickling im | |
| Kreis Segeberg nach Schweden abgeschoben wurde. | |
| Kräfte der Bundespolizei hatten Mariem F. nachts aus dem evangelischen | |
| Krankenhaus Rickling abgeholt. Die Frau wurde nach Schweden gebracht, wo | |
| die Tunesierin zuerst einen Asylantrag gestellt hatte. [2][In ihrem | |
| Herkunftsland drohen ihr als lesbischer Frau Gefängnis oder | |
| Zwangsbehandlung]. Doch Schweden lehnte ihren Antrag ab, F. war daraufhin | |
| nach Deutschland weitergereist. | |
| Hier ordnete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) an, sie | |
| nach Schweden zurückzuschicken – so wollen es die Regeln des | |
| Dublin-Verfahrens, nach dem nur das EU-Land zuständig sein soll, in dem | |
| Geflüchtete erstmals aktenkundig werden. | |
| Die Frau war in Rickling wegen des Verdachts auf Suizidgefahr in | |
| Behandlung. Gegen die Abschiebung aus dem Krankenhausbett hatten | |
| Geflüchtetenorganisationen scharf protestiert. | |
| Das von der Grünen Aminata Touré geführte Integrationsministerium des | |
| Landes war nicht im Vorfeld über den Fall informiert, teilte eine | |
| Sprecherin auf taz-Anfrage mit. „Nachdem wir von der Rückführung von Mariem | |
| F. erfahren haben, haben wir rechtlich nichts zu beanstanden gehabt“, so | |
| die Sprecherin weiter. „Allerdings unterliegt Verwaltungshandeln, | |
| insbesondere Zwangsmaßnahmen, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Deshalb | |
| haben wir diesen Fall zum Anlass genommen, um unseren aktuellen | |
| Rückführungserlass zu überprüfen.“ | |
| ## Abschieben erst nach der Behandlung | |
| Bereits am Donnerstag legte das Ministerium seinen überarbeiteten Erlass | |
| vor. Demnach soll ein Krankenhausaufenthalt einer ausreisepflichtigen | |
| Ausländer*in „im Regelfall ein Abschiebungs- oder Überstellungshindernis | |
| darstellen“. | |
| Landespastor und Diakonievorstand Heiko Naß lobte die rasche Umsetzung: „Es | |
| ist richtig, kranke Menschen, die sich in einer stationären Behandlung | |
| befinden, nicht mehr abzuschieben.“ Nicht nur für die Betroffenen sei die | |
| Lage schwierig: „Die Abschiebung der Frau aus dem Psychiatrischen | |
| Krankenhaus in Rickling hat dort für große Unruhe gesorgt und sich | |
| destabilisierend auf einige Mitpatienten ausgewirkt.“ Die Neuregelung gebe | |
| auch der Belegschaft der Krankenhäuser mehr Sicherheit. | |
| Laut dem überarbeiteten Erlass soll künftig abgewartet werden, dass die | |
| Klinik die stationäre Behandlung für beendet erklärt und die | |
| ausreisepflichte Person entlässt. Dann müsse die Reisefähigkeit ärztlich | |
| festgestellt werden“, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums. Auch | |
| im Fall von Mariem F. war ein Arzt beteiligt, der ihre Reisefähigkeit | |
| feststellte und sie auch im Flieger begleitete. In Schweden wurde sie in | |
| eine Abschiebehaft gebracht. | |
| Tunesien ist in Deutschland als so genannter sicherer Herkunftsstaat | |
| anerkannt. Auf EU-Ebene gibt es [3][eine strategische Partnerschaft mit dem | |
| Land], das Ziel ist, Geflüchtete anderer afrikanischer Staaten von der | |
| Überfahrt nach Europa zurückzuhalten. | |
| 11 Aug 2023 | |
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| [1] /Abschiebung-nach-Suizidversuch/!5949310 | |
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| ## AUTOREN | |
| Esther Geißlinger | |
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