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# taz.de -- Parlament in Pakistan aufgelöst: Aus für die Nationalversammlung
> Pakistan durchlebt eine Krise nach der anderen. Durch die Auflösung des
> Parlaments tritt auch die Regierung zurück. Davon profitiert der Premier.
Bild: Abgesetzt, aber immer noch die Politik indirekt bestimmend: Ex-Premier Im…
Mumbai taz | Nur drei Tage vor Ablauf der fünfjährigen Amtszeit der
Nationalversammlung Pakistans löst Präsident Arif Alvi, auf Ersuchen von
Premier Shehbaz Sharif, sie auf. Bis zum Ende der Woche soll ein
Interimspremierminister ernannt werden, der das krisengebeutelte Land auf
die nächsten Wahlen vorbereiten soll. Durch den Schachzug hat Sharif nun
mehr Zeit für den Wahlkampf: Normalerweise müsste 60 Tage nach Ende einer
Legislaturperiode gewählt werden. Eine Übergangsregierung darf 90 Tage an
der Macht bleiben, bis es Neuwahlen geben muss.
Sharif erklärte in einer Sondersitzung: Die vergangenen 16 Monate seien
eine immense und noch nicht erlebte Herausforderung gewesen. „Dieses Land
kann nicht vorankommen, solange wir keine nationale Einheit haben“, so
Sharif.
Das Land hat in jüngster Zeit viele schwere Krisen durchlebt: Verheerende
[1][Überschwemmungen], die drohende Zahlungsunfähigkeit, [2][die Zunahme
von Terroranschlägen] und die Proteste um den immer noch populären
Ex-Premier Imran Khan, die in einen eskalierenden politischen Machtkampf
mündeten.
Es ist schon der zweite Anlauf in kurzer Zeit, die pakistanische
Nationalversammlung aufzulösen: Alvi hatte im April vergangenen Jahres
versucht – damals noch auf Anraten des ehemaligen Regierungschefs Imran
Khan – das Parlament aufzulösen. Stattdessen wurde daraufhin Khan durch ein
Misstrauensvotum gestürzt, sein Konkurrent Sharif konnte sich das hohe Amt
sichern.
## Volkszählung könnte Neuwahlen verzögern
„Das Zusammenkommen der politischen Kräfte Pakistans für eine nationale
Agenda ist ein Zeichen für die Weiterentwicklung unseres demokratischen
Systems“, versicherte der 71-jährige Sharif im Hinblick auf die nun
anstehenden Neuwahlen. Vor seinem Abgang als Premier, der mit der Auflösung
der Nationalversammlung einhergeht, machte Sharif noch einen
Abschiedsbesuch im Hauptquartier der pakistanischen Armee.
In der Bevölkerung regt sich derweil Unmut. Denn kurz vor der Entscheidung
über Neuwahlen wurde der [3][politische Rivale Imran Khan] zum zweiten Mal
innerhalb weniger Monate wegen Korruptionsvorwürfen verhaftet. „In Pakistan
spielt der Bürger die zweite Geige“, heißt ein meinungsstarker Beitrag in
der Tageszeitung The Dawn.
Was nun geschehe, sei ein gefährliches Szenario für ein Land, das sich
bereits inmitten einer schweren Wirtschaftskrise befindet. Der Autor Zahid
Hussain vermutet hinter dem Vorgehen gegen Khan einen größeren Plan, „die
Opposition zum Schweigen zu bringen“.
Die Neuwahlen sind für November angesetzt – doch die Ergebnisse der
jüngsten Volkszählung könnten sie erheblich verzögern. Nach Angaben der
Regierung ist die Bevölkerung auf 250 Millionen angewachsen. Das entspricht
einem Zuwachs von 35 Millionen Menschen in nur sechs Jahren. Daraus ergeben
sich etwa neue Wahlkreisgrenzen. Dies wiederum nährt die Befürchtung der
Opposition, die Regierung wolle die Amtszeit der Übergangsregierung noch
verlängern, um mehr Zeit zu haben, sich politisch für die folgende Wahl zu
sortieren.
## Keine Regierung Pakistans war je die volle Zeit im Amt
Doch auch die Opposition könnte profitieren: Die Partei PTI des gestürzten
Khan habe die Chance, die Wut ihrer Basis über die Inhaftierung ihres
Führers und die allgemeine Unzufriedenheit mit der Leistung der Regierung
zu nutzen, sagt der politische Beobachter Michael Kugelman. „Sie kann immer
noch Wahlerfolge erzielen“ – auch wenn das politische Establishment
weiterhin hart gegen die PTI vorgeht.
Beobachter im Nachbarland Indien wie der ehemalige Botschafter des Landes
in Islamabad, Ajay Bisaria, beschreiben die jüngste Entwicklung nüchtern
als „Pakistan ist wieder Pakistan“. Tatsächlich hat in der Geschichte der
Islamischen Republik noch kein Regierungschef eine volle Amtszeit von fünf
Jahren absolviert. Shehbaz Sharif war bereits der 23. Premierminister in
der 75-jährigen Geschichte Pakistans.
10 Aug 2023
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## AUTOREN
Natalie Mayroth
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