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# taz.de -- Parlamentswahl in Pakistan: Ein Kopf-an-Kopf-Rennen
> Teilergebnissen zufolge kann die Opposition bei der Wahl punkten. Klar
> ist bereits schon jetzt, dass eine schwierige Regierungsbildung bevor
> steht.
Bild: Nawaz Sharif (Mitte) galt im Vorfeld als Favorit. Der 74-Jährige scheint…
Mumbai taz | Je länger die Auszählung der Stimmen in Pakistan dauert, desto
ungewisser ist derzeit die anstehende Regierungsbildung. Ein klarer Sieger
stand am Freitagabend (Ortszeit) noch nicht fest, mehrere Parteien
lieferten sich ein Kopf-Kopf-Rennen.
Am Donnerstag waren 128 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, über die
Abgeordneten der Nationalversammlung sowie der vier Provinzparlamente
abzustimmen. Pakistan ist mehrheitlich muslimisch, die Nummer fünf der
bevölkerungsreichsten Länder der Welt und hat mit einer Wirtschaftskrise zu
kämpfen.
Wegen der angespannten Lage wurden die Grenzübergänge geschlossen.
Mobilfunk- und Internetdienste waren unterbrochen. Das erschwerte es der
Bevölkerung vielerorts, die Wahllokale zu finden. App-Taxis oder mobiles
Bezahlen fielen ebenfalls aus. Es galten hohe Sicherheitsvorkehrungen.
Am Vortag hatte es bei Anschlägen mehrere Tote gegeben, am Wahltag selbst
starben mindestens elf Sicherheitskräfte. Überschattet worden war die Wahl
von der Inhaftierung des populären Ex-Premierministers Imran Khan und
massiven Behinderungen seiner Gerechtigkeitspartei PTI.
## Angst vor Repressionen
Der 71-jährige Ex-Cricketstar war zu langjähriger Haft verurteilt worden.
Das wirkte sich auf Khans Popularität jedoch nicht negativ aus. Außer Khan
waren weitere Spitzenpolitiker der PTI vor den Wahlen festgenommen worden
oder hatten die Partei aus Angst vor Repressionen verlassen.
Meinungsforscher:innen hatten eine niedrige Wahlbeteiligung
prognostiziert.
Amir Khan aus der Küstenmetropole Karatschi ließ sich nicht davon abhalten,
von seinem Wahlrecht Gebrauch zu machen. „Wir haben für Pakistan gestimmt“,
sagte er der taz. Ihm sei aufgefallen, dass die Kandidaten von Imran Khans
PTI sich nicht offen als solche hätten zu erkennen geben können.
„Sie traten als Unabhängige an“, sagt er. Denn Khans Partei hatte das Recht
auf ihr Logo mit einem Cricketschläger verloren, das sonst auf die
Wahlzettel gedruckt war. Gerade Frauen und Jüngere hätten für die PTI
stimmen wollen, so der 48-Jährige.
Unterdessen nehmen Spannungen in Pakistan weiter zu, beobachtet der
Südasienexperte Michael Kugelman. „Nachdem die vorläufigen Wahlergebnisse
der PTI überraschende Zugewinne attestiert hatten, wurde die Auszählung der
Stimmen stundenlang verzögert. Denn [1][das Militär] wehrt sich gegen die
Rückkehr der PTI an die Macht“, so Kugelman. Das wecke zurecht die Sorge
vor Wahlmanipulationen.
## Unterstützung des Militärs
Die ersten Ergebnisse der Wahlkommission änderten die Prognosen zugunsten
der Pakistanischen Muslimliga (PML-N) unter Führung des Altpolitikers Nawaz
Sharif. Am Freitagnachmittag lagen Sharifs Muslimliga (PML-N), Imran Khans
PTI-Kandidat:innen und die von der Bhutto-Familie geführte Volkspartei
(PPP) fast gleich auf.
Nawaz Sharif galt im Vorfeld als Favorit. Der 74-Jährige, [2][der erst
kürzlich aus dem britischen Exil zurückgekehrt war], scheint die
Unterstützung des Militärs zu haben. Er wurde von Korruptionsvorwürfen
freigesprochen – ähnlich schwer wie die im Fall von Imran Khan.
Das Szenario verwundert nicht. Um seinen Machterhalt zu sichern, hat das
Militär in der Vergangenheit dafür gesorgt, dass missliebige
Kandidaten:innen nicht zur Wahl antreten konnten. Die Auszählung der
Stimmen wurde kontrolliert und manipuliert. Zudem wurden Anreize für
Politiker:innen geschaffen, politisch die Seiten zu wechseln.
„Mehr als drei Jahrzehnte direkter Militärherrschaft – und indirekter
militärischer Kontrolle – haben Pakistans Erfahrungen mit der Demokratie
völlig zerstört“, sagte sich Patricia Gossman, stellvertretende
Asien-Direktorin von der US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.
Es werde hart gegen die Opposition vorgegangen, Medien und
Kritiker:innen würden bedroht. Die Aufrechterhaltung einer zivilen
Regierung diene jedoch den Interessen des Militärs.
## Gunst des Militärs
Bei dem Urnengang vor sechs Jahren hatte Khan noch die Gunst des Militärs
genossen. Doch als er begann den Sicherheitsapparat zu kritisieren, wurde
er durch ein Misstrauensvotum abgesetzt. Seitdem hat er das Land
polarisiert.
Seine aus vielen jungen Menschen bestehende Anhängerschaft hat bei dieser
Wahl dennoch überrascht: Teils unbekannte PTI-unterstützte
Kandidat:innen werden, aktuellen Teilergebnissen zufolge, mindestens 49
von 266 Sitzen in der Nationalversammlung erhalten. Allerdings sind sie
offiziell unabhängig und nicht verpflichtet, parteipolitisch abzustimmen.
Parteiwechsel sind derzeit noch möglich.
Die Regierungsbildung wird das nicht leichter machen. Die Gefahr eines
Machtvakuums gibt Anlass zur Sorge – insbesondere angesichts einer
Wirtschaftskrise und Sicherheitsbedrohungen. Diese gehen von militanten
Gruppen aus, mit denen die neue Führung konfrontiert sein wird.
9 Feb 2024
## LINKS
[1] /Pakistan-vor-der-Wahl/!5991057
[2] /Politrochade-in-Pakistan/!5965105
## AUTOREN
Natalie Mayroth
## TAGS
Pakistan
Parlamentswahl
Imran Khan
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