# taz.de -- Geplante Fabrik in Dresden: Zehn Milliarden Euro für Chips | |
> Der taiwanische Konzern TSMC will eine neue Elektronikfabrik in Sachsen | |
> bauen. Die Grünen sind erfreut, die CDU kritisiert die hohen | |
> Subventionen. | |
Bild: Logo von TSMC: Der Konzern könnte in Dresden unter anderem Chips für El… | |
BERLIN taz | Eine weitere industrielle Großinvestition in Deutschland wurde | |
am Dienstag bekanntgegeben. Über 10 Milliarden Euro sollen in eine neue | |
Chipfabrik in Dresden fließen, beschloss der Vorstand des taiwanischen | |
Halbleiterherstellers TSMC. Die Neuigkeit kommt zu einer Zeit, da unter | |
anderem [1][CDU-Chef Friedrich Merz der Bundesregierung eine | |
„Deindustrialisierung“ vorwirft]. | |
Der Baubeginn in Dresden soll nächstes Jahr stattfinden. Ab 2027 werden | |
etwa 2.000 zusätzliche Beschäftigte gebraucht. TSMC will 70 Prozent der | |
Anteile an dem Kooperationsprojekt halten, die Unternehmen Bosch, Infineon | |
und die niederländische Firma NXP steigen mit je 10 Prozent ein. Allerdings | |
wird die Ansiedlung ihren Preis haben: Etwa 5 Milliarden Euro sollen aus | |
öffentlichen Mitteln kommen – wobei das Bundeswirtschaftsministerium diese | |
Zahl am Dienstag nicht bestätigte. | |
TSMC ist der größte Auftragsfertiger für Computerchips weltweit. Das | |
Unternehmen produziert bisher in Taiwan und China. Neuerdings sind Werke | |
aber auch in den USA, Japan und jetzt in Deutschland geplant. Am Ende hängt | |
die Investition noch von der Entscheidung der Europäischen Kommission ab, | |
die öffentliche Subventionen für private Vorhaben genehmigen muss. | |
Da der Beschluss zur Ansiedlung in Sachsen aber „unter dem EU Chip-Gesetz“ | |
stattfände, wie TSMC mitteilte, kann man von der Zustimmung der Kommission | |
ausgehen. Es handelt sich um Geopolitik. Die europäischen Staaten haben | |
beschlossen, künftig mehr wichtige Industrieprodukte auf dem eigenen | |
Kontinent herstellen zu lassen. | |
## Europa will gerüstet sein, sollte China Taiwan angreifen | |
Das ist einerseits eine Reaktion auf die Coronakrise, als zeitweise | |
Lieferungen unter anderem aus China unterbrochen waren und hiesige Firmen | |
ihre Produktion reduzieren mussten. Andererseits geht es darum, die | |
Fertigung strategisch wichtiger Produkte aus Sicherheitsgründen in Europa | |
anzusiedeln. Denn sollte die chinesische Regierung eines Tages das | |
unabhängige Taiwan erpressen oder angreifen, könnten die Exporte aus Asien | |
wieder ausfallen. Für diesen Fall sollen Europa und seine Unternehmen | |
gerüstet sein. | |
Dass TSMC seine Chips nun bald „in der Nähe der hiesigen Automobilwerke“ | |
fertigen wolle, „kann im Falle gestörter Lieferketten oder internationaler | |
Krisen ein Vorteil sein“, sagte Klaus-Heiner Röhl vom Institut der | |
deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Nach seiner Einschätzung „will TSMC in | |
Dresden wohl Steuerungschips für Fahrzeuge, unter anderem E-Autos, | |
herstellen, die viele verschiedene Funktionen bündeln können“. | |
Die hiesigen Autohersteller wie VW, BMW und Daimler benötigen große Mengen | |
solcher Bauteile. Bisher beliefert das taiwanische Unternehmen unter | |
anderem Elektronikkonzerne wie Apple und Nvidia, weil es die | |
Fertigungsprozesse für besonders miniaturisierte und sparsame Chips | |
beherrscht. | |
## Habeck frohlockt, Klöckner ist skeptisch | |
Laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) beweist die | |
Ansiedlung: „Deutschland ist ein attraktiver und wettbewerbsfähiger | |
Standort, gerade auch bei Schlüsseltechnologien wie der Mikroelektronik.“ | |
CDU-Wirtschaftspolitikerin Julia Klöckner hält das Gegenteil für richtig: | |
Die nötigen Milliardensubventionen zeigten, dass Deutschland für | |
ausländische Unternehmen „nicht mehr attraktiv“ sei – sonst kämen sie o… | |
zusätzliches öffentliches Geld hierher. Die Opposition ist der Ansicht, | |
dass die hiesige Industrie in eine Krise rutsche, weil die Bundesregierung | |
die falsche Politik betreibe. Darauf deute die augenblickliche Stagnation | |
der hiesigen Wirtschaftsleistung hin. | |
## Wettlauf um Investitionen | |
Allerdings liefern sich die konkurrierenden Wirtschaftsblöcke China, USA | |
und Europa mittlerweile einen Subventionswettlauf um | |
Industrieinvestitionen. Machen Deutschland und andere EU-Staaten nicht mit, | |
werden die Fabriken woanders gebaut. So [2][könnte der US-Konzern Intel 10 | |
Milliarden Euro aus öffentlichen Kassen erhalten, damit ein neues Werk bei | |
Magdeburg entsteht]. Auch bei den geplanten Investitionen des schwedischen | |
Batterieherstellers Northvolt in Schleswig-Holstein und des US-Unternehmens | |
Wolfspeed geht es um eine öffentliche Mitfinanzierung. | |
Infineon, eine frühere Abspaltung von Siemens, bekommt schon einige Hundert | |
Millionen Euro für seine zusätzliche Produktionsstätte in Dresden, | |
beansprucht aber noch etwas mehr. Auch im Falle TSMC sieht IW-Experte Röhl | |
„das Risiko, dass das Unternehmen später weitere öffentliche Mittel haben | |
möchte“. | |
Die 5 Milliarden Euro für TSMC werden wohl aus dem Klima- und | |
Transformationsfonds der Bundesregierung fließen. Das ist ein zum Teil | |
schuldenfinanzierter Sonderhaushalt neben dem normalen Bundesbudget. In | |
diesem Jahr fließen daraus etwa 35 Milliarden Euro für Klimaschutz, | |
Energiewende und entsprechende Förderprogramme. Die geplanten Ausgaben | |
betragen bislang etwa 177 Milliarden bis 2026 – auch gespeist aus den | |
Einnahmen des Emissionshandels. Aufwendungen für Subventionen zugunsten von | |
Chipfabriken wie Intel und TSMC waren früher nicht vorgesehen. | |
Möglicherweise gerät der Fonds mit den Jahren deshalb in | |
Finanzierungsschwierigkeiten. | |
8 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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