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# taz.de -- Bayern München und ein heikler Sponsor: Neue beste Freunde
> Der FC Bayern geht eine Partnerschaft ein. Geworben wird für Ruanda, wo
> Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung stehen.
Bild: Ruandas Präsident Paul Kagame ist für den Abbau demokratischer Standard…
„Visit Rwanda“ prankte in großen Lettern an der Bande am Samstagabend in
der Allianz-Arena. Pünktlich zum ersten Bundesliga-Heimspiel in der neuen
Saison gegen Augsburg präsentierte der FC Bayern München seinen neuen
Sponsor: das kleine afrikanische Land Ruanda.
Für fünf Jahre ist der Premium-Sponsoringvertrag mit der ruandischen
staatlichen Investmentbehörde RDB (Rwanda Investment Board) abgeschlossen.
Dafür wird der deutsche Sportverein in Ruanda eine Trainingsakademie für
Jungen und Mädchen aufbauen sowie Werbung für das Land machen. Ruandas Ziel
ist es, Touristen und Investoren anzulocken.
Um wie viele Euro es sich bei dem Deal handelt, ist allerdings nicht
veröffentlicht worden. Dafür gibt es womöglich Gründe: [1][Als Ruanda 2018
mit dem englischen Fußballverein Arsenal einen Werbedeal von knapp 35
Millionen Euro eingegangen ist,] hagelte es von allen Seiten Kritik, denn
immerhin erhält das Land sowohl aus Großbritannien als auch von der
Bundesregierung Entwicklungshilfe. Damals hat Ruandas Regierung erklärt,
dass es sich daraus langfristige Einnahmen von über 700 Millionen Euro
verspricht. Mittlerweile hat die ruandische Investmentbehörde seine
internationalen Werbeverträge auch auf die Basketballchampionship
erweitert.
Platin-Verträge belaufen sich beim FC Bayern in der Regel auf mindestens 5
Millionen Euro pro Jahr, also 25 Millionen Euro für fünf Jahre. Der FC
Bayern suchte jüngst nach einem neuen Werbepartner. [2][Ende Juni hatte der
Sportclub den vorherigen Sponsoring-Vertrag mit Qatar Airways, der seit
2018 lief, nicht verlängert.] Der Grund: Nachdem im Zuge der
Weltmeisterschaft 2022 in dem Golfstaat die umstrittene
Menschenrechtssituation sowie die enorme Ausbeutung der Arbeiter auf den
WM-Baustellen publik wurden, hagelte es unter den Bayern-Fans immer wieder
Kritik.
## Geheime Militäroperationen im Nachbarland
Nicht weniger umstritten ist nun der Deal mit Ruanda. Das kleine Land im
Herzen Afrikas entfernt sich nach über 23 Jahren Herrschaft unter Präsident
Paul Kagame immer weiter von jeglichen demokratischen Grundprinzipien.
Unabhängige Journalisten und Oppositionelle sitzen hinter Gittern oder
haben das Land verlassen, Wahlergebnisse von rund 99 Prozent sind Standard
geworden. Seit über einem Jahr unternimmt Ruanda geheime Militäroperationen
im Nachbarland Demokratische Republik Kongo, unterstützt dort die
kongolesischen Tutsi-Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März), die
Landstriche entlang der ruandischen Grenze erobert haben. Sprich: Von der
Menschenrechtssituation in Katar ist Ruanda nicht weit entfernt.
Zudem holt sich der FC Bayern mit dem Ruanda-Deal nun seinen Ex-Partner
Qatar Airways wieder indirekt mit ins Boot. Die staatliche Fluggesellschaft
des Emirats ist einer der größten ausländischen Investoren Ruandas. Sie
baut dort den neuen Internationalen Flughafen sowie gigantische Hotels und
Touristen-Lodges. Der Emir von Qatar ist eng befreundet mit Ruandas
Präsident Kagame, er reist oft übers Wochenende mit dem Privatjet ein, um
in den Regenwäldern die Gorillas zu besuchen.
Auf der Liste der ausländischen Besucher in Ruanda stehen die Deutschen auf
Platz vier. Ruandas Investmentbehörde (RDB) erhofft sich von dem Werbedeal,
dass bald noch mehr Deutsche in dem kleinen Land Urlaub machen, so Clare
Akamanzi, RDB-Direktorin. Sie verspricht den Ruandern durch den Zustrom
deutscher Touristen eine erhebliche Umsatzsteigerung: „Die Deutschen geben
tendenziell mehr aus als der durchschnittliche Tourist pro Tag“, versichert
sie [3][im Interview mit der lokalen ruandischen Tageszeitung New Times.]
Der Werbedeal sei ein Instrument, um Ruanda der Welt vorzustellen, so
Akamanzi: „Als Land mit faszinierenden Tourismusattraktionen, einer schnell
wachsenden Weltwirtschaft und einem unternehmensfreundlichen Umfeld, nicht
nur in Afrika, sondern auf globaler Ebene“, betont sie.
Ruanda hat historisch gesehen ein schlechtes Image. Als ehemalige Kolonie
ist das kleine hügelige Land im Herzen Afrikas kaum in Erinnerung in
Deutschland. Bekannt ist es vor allem für seinen Völkermord an über einer
Million Tutsi, der das Land 1994 fast völlig zerstört hatte. Seither
versucht die Regierung unter Tutsi-Präsident Kagame, das Image des Landes
aufzupolieren. Die zahlreichen Glasfassaden der Bürotürme in der
Hauptstadt, die Radwege, Golfplätze und schicken Hotels des Landes sollen
den Eindruck eines aufstrebenden Landes erwecken. Jüngst investierten
zunehmend deutsche Firmen in Ruanda: Volkswagen eröffnete ein Werk,
BioNTech investiert in die Impfstoffproduktion.
Doch trotz einer Einwohnerzahl von gerade einmal 13 Millionen Einwohnern
leidet das Land an mangelnden Ressourcen, einer hohen Arbeitslosenquote
sowie begrenzten Jobchancen für die Jugend. Die Wirtschaft liegt seit der
weltweiten Coronapandemie am Boden, denn ein Großteil seiner Einnahmen
macht der Staatshaushalt mit Touristen, die während des Covid-19-Lockdowns
nicht einreisen durften. Dies soll sich mithilfe der Werbung bei Bayern
München also ändern.
In ihrer „Vision2040“ setzt die Regierung auf die Strategie, das Land neben
dem typischen Safaritourismus zu einem Hub für Konferenzen sowie regionale
und internationale Sport- und Musikveranstaltungen zu etablieren, die im
Dienstleistungssektor Jobs schaffen sollen. Dazu wurde 2019 die „BK-Arena“
eröffnet, Ostafrikas größte Veranstaltungshalle mit 10.000 Sitzplätzen,
direkt neben dem großen Fußballstadion mit 30.000 Plätzen. In den
vergangenen Wochen wurde dort die afrikanische
Frauen-Basketball-Championship ausgetragen, abends rockten afrikanische
Musikstars die Arena, der Präsident feierte begeistert mit.
29 Aug 2023
## LINKS
[1] /Ruanda-sponsert-den-FC-Arsenal/!5520133
[2] /FC-Bayern-wirbt-nicht-mehr-fuer-Katar/!5932853
[3] https://www.newtimes.co.rw/article/10282/sports/football/explainer-inside-r…
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
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