# taz.de -- Vorwurf des Racial Profiling: Hamburger Polizei crasht den Pudel | |
> Die Polizei hielt einen Schwarzen Mitarbeiter des Golden Pudel Clubs für | |
> einen Dealer und nahm ihn fest. Zu Unrecht, sagen die | |
> Betreiber:innen. | |
Bild: Wurde von der Polizei kontrolliert: Golden Pudel Club auf St. Pauli | |
HAMBURG taz | Einmal mehr sorgt ein Einsatz der Taskforce Drogen der | |
Hamburger Polizei für Empörung: Zu einem massiven Einsatz mit Dutzenden | |
Beamt:innen soll es Anfang August im Golden Pudel Club am Fischmarkt auf | |
St. Pauli gekommen sein, wie das Betreiberkollektiv des Clubs nun | |
öffentlich machte. So sei ein Mitarbeiter des Clubs [1][aus rassistischen | |
Motiven verhaftet worden,] obwohl er mit einem von der Polizei vermuteten | |
Drogendelikt gar nicht in Verbindung stehe. Die Hamburger Polizei | |
widerspricht den Vorwürfen. | |
Der Einsatz ereignete sich an einem Freitagabend, wie die Hamburger | |
Morgenpost berichtete. Der Club hatte bereits geöffnet, als die Polizei im | |
Eingangsbereichs des Pudels einen 37-Jährigen festnahm. Nach Angaben der | |
Polizei soll er dabei Widerstand geleistet haben. Ins Visier genommen hatte | |
man ihn, weil er angeblich zuvor Drogen im nahegelegenen Park Fiction | |
verkauft habe. So hätten Beamt:innen ihn und einen weiteren Mann dort | |
bei einem „szenetypischen Austauschverhalten“ beobachtet. | |
Vor der Festnahme im Pudel hatten die Beamt:innen bereits den anderen | |
Mann festgenommen und bei ihm „acht sogenannte Eppendorfer Gefäße mit einer | |
mutmaßlichen Kokain-Amphetamin-Mischung“ sichergestellt, wie ein Sprecher | |
der Polizei mitteilt. Den Beamt:innen gegenüber habe er eingeräumt, die | |
Drogen gekauft zu haben. | |
Daraufhin wollte sich die Polizei den Verkäufer schnappen. Die Festnahme im | |
angrenzenden Pudel erfolgte mit „zahlreichen Einsatzkräften der | |
Bereitschaftspolizei“, so die Polizei. Nach Angaben des Pudels waren es | |
rund 30. Nur: „Betäubungsmittel fanden die Einsatzkräfte bei ihm zu diesem | |
Zeitpunkt nicht“, erklärt ein Polizeisprecher. | |
## Erfolglose Durchsuchung | |
Und das sei aus Sicht des Betreiberkollektivs auch gar nicht möglich | |
gewesen: Der 37-Jährige sei schließlich im Dienst gewesen, seit Längerem | |
„für die Sicherheit im Pudel zuständig“. Er erledige „diesen Job mit gr… | |
Gelassenheit und durchweg deeskalativem Verhalten“. Dass er während der | |
Dienstzeit seinen Arbeitsplatz verlassen habe, um mit Drogen zu dealen, sei | |
„völlig haltlos“. | |
Schließlich habe die Polizei bei einer anschließenden Durchsuchung seiner | |
Wohnung keine Hinweise auf ihren Verdacht finden können. Die Polizei | |
bestätigt, dass bei der Wohnungsdurchsuchung keine Beweismittel | |
sichergestellt wurden. | |
Anders, als es die Polizei darstellt, sei nicht der 37-Jährige widerständig | |
gewesen, sondern die Einsatzkräfte hätten sich „aggressiv und | |
einschüchternd“ verhalten, so der Pudel. Dass die Polizei ihn im Visier | |
hatte, sei auf Racial Profiling zurückzuführen – Motiv für die Überprüfu… | |
sei seine Hautfarbe gewesen. | |
Diese Praxis habe sich zuletzt im Pudel-Umfeld gehäuft: „Es wurden bereits | |
zuvor bei uns als Gäste anwesende Personen gewaltsam festgenommen und es | |
waren – wie auch jetzt bei unserem Teammitglied – ausschließlich Menschen | |
mit dunkler Hautfarbe“, heißt es seitens des Pudels. Das sei | |
„menschenverachtendes Verhalten der Polizei“. | |
„Den Vorwurf des Racial Profiling weise ich entschieden zurück“, sagt ein | |
Sprecher der Polizei. Herkunft oder Hautfarbe seien keine Kriterien für | |
polizeiliches Handeln. Zugleich sieht sich die Hamburger Polizei seit | |
Jahren mit diesem Vorwurf konfrontiert. [2][Insbesondere durch die Einsätze | |
der Taskforce Drogen:] Diese wurde 2016 gegründet, um gegen die offene | |
Drogenszene in mehreren Stadtteilen vorzugehen. Seither sind täglich | |
mehrere Dutzend Beamt:innen im Einsatz, mehr als 270.000 | |
Personenkontrollen gab es schon. | |
## Umstrittenen Taskforce Drogen | |
Die Hamburger Polizei hält die Taskforce insgesamt für ein „Erfolgsmodell�… | |
weil damit die ausufernde Drogenkriminalität wirksam verhindert werde. Auf | |
St. Pauli stelle die Polizei häufig Drogendealer aus dem Bereich Westafrika | |
fest. Wenn Schwarze Menschen kontrolliert werden, sei dies ausschließlich | |
auf ihr Verhalten zurückzuführen, die Verhältnismäßigkeit bei den Einsätz… | |
gewahrt. | |
Ob dies aber immer der Fall ist, kann durchaus infrage gestellt werden: So | |
wurde etwa ein Schwarzer Anwohner in der Vergangenheit mehrfach | |
kontrolliert – er klagte dagegen, weil er diese Kontrollen für anlasslos | |
hielt und überdies befand, dass die Polizei in seinen Fällen Racial | |
Profiling betrieb. Immerhin in einem Fall erkannte die Polizei die | |
Rechtswidrigkeit der Kontrolle an; dass es sich um Racial Profiling | |
handelte, wollten die Gerichte abschließend nicht feststellen. | |
Dennoch bleiben gerade auf St. Pauli die Kontrollen umstritten. Erst im | |
Juni drang die Taskforce [3][auf der Suche nach mutmaßlichen Dealern die | |
Polizei in die nahegelegene „HafenVokü“ ein], Anwohner:innen | |
protestierten gegen den Einsatz, am Ende gab es ein polizeiliches | |
Großaufgebot und mehrere Verletzte. Erst durch ein Vorgehen wie im nun | |
umstrittenen Polizeieinsatz, so die Pudel-Betreiber:innen, werde St. Pauli | |
„tatsächlich zu einem gefährlichen Ort“. | |
31 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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