# taz.de -- Mangelhafte Besetzung im Rundfunkrat: Für mehr Transparenz | |
> Der neue Medienstaatsvertrag stattet die Rundfunk- und Verwaltungsräte | |
> mit mehr Kompetenzen aus. Problematisch bleibt aber deren Besetzung. | |
Bild: „Wir erleben eine Erosion des Vertrauens in alle Medien, aber Medien br… | |
Seit über acht Jahren koordiniert Heike Raab, SPD-Staatssekretärin aus | |
Rheinland-Pfalz, [1][die Rundfunkkommission] der Länder, wo die Weichen der | |
Medienpolitik für Deutschland gestellt werden. „Wir erleben eine Erosion | |
des Vertrauens in alle Medien, aber Medien brauchen Vertrauen. Und hier hat | |
der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine besondere Verantwortung“, warnt sie | |
im Gespräch mit der taz. | |
Um [2][diese Verantwortung] geht es im neuen Medienstaatsvertrag, der | |
Anfang Juli in Kraft getreten ist und den sie „mit nach vorne“ gebracht | |
hat. Im Zentrum: mehr Kompetenzen für Rundfunk- und Verwaltungsräte, die | |
ARD und ZDF kontrollieren sollen. Denn diese ehrenamtlichen | |
Aufsichtsgremien müssen ein Auge darauf haben, ob in den | |
öffentlich-rechtlichen Anstalten alles mit rechten Dingen zugeht. Immerhin | |
werden sie mit über 8 Milliarden Euro jährlich von den Beitragszahlern so | |
üppig finanziert wie sonst in keinem anderen Land der Welt. | |
Ins Kreuzfeuer gerieten die Sender letztes Jahr durch die [3][Vorgänge beim | |
RBB]: Vetternwirtschaft, Korruptionsvorwürfe und die Verschwendung von | |
Gebührengeldern hatten gezeigt, dass wirkungsvolle Kontrollmechanismen über | |
die zuständigen Ausschüsse kaum möglich waren. Deswegen soll am 1. Januar | |
2024 direkt der nächste Medienstaatsvertrag wirksam werden, der nur | |
aufgrund der RBB-Skandale erarbeitet wurde. | |
Hier stehen weitere neue Zuständigkeiten für die Räte mit Blick auf | |
Compliance und Transparenz im Vordergrund. Die Sender sollen dazu | |
verpflichtet werden, die Kosten für Produktionen oder die Gehälter von | |
Führungskräften offenzulegen. Außerdem soll es jeweils unabhängige | |
Compliance-Beauftragte geben. Diese Standards sollen künftig für alle | |
Rundfunkanstalten gelten. Damit haben Rundfunk- und Verwaltungsräte bessere | |
Möglichkeiten der Kontrolle. | |
## Unabhängige Kontrollinstanz „aus Mitte der Gesellschaft“ | |
„Als Bürger habe ich nicht unbedingt den Eindruck, dass der Rundfunk mir | |
gehört, und dabei ist das doch die Idee: Der Rundfunk gehört der | |
Gesellschaft. Früher hatte ich den Eindruck, dass sich viele in den | |
Anstalten als nicht rechenschaftspflichtig ansehen. | |
Aber da gibt es jetzt einen Kulturwandel, der bei den Anstalten allerdings | |
unterschiedlich schnell gelingt“, findet Wolfgang Schulz. Der Hamburger | |
Jura-Professor und Direktor des Leibniz-Instituts für Medienforschung, | |
Hans-Bredow-Institut, ergänzt, dass dieser Kulturwandel für die Anstalten | |
überlebenswichtig geworden ist. | |
Eine Schwierigkeit liegt bei den Räten selbst. Sie beschreiben sich als | |
unabhängige Kontrollinstanz „aus der Mitte der Gesellschaft“, aber der | |
Großteil der Mitglieder hat eine akademische Ausbildung, und die meisten | |
sind hauptberuflich in Politik, Behörden oder Verbänden tätig. Dabei sollen | |
sie nach Möglichkeit nicht „staatsnah“ und auch nicht für | |
öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten tätig sein. Trotzdem benötigen sie | |
externe Fachberatung, wie Frank Schildt, Vorsitzender des Hörfunkrats des | |
Deutschlandradios, kürzlich in einer Sitzung betonte. | |
Aber lässt sich die Gesellschaft durch solche Gremien überhaupt noch | |
abbilden? „Es ist keine Ideallösung. Aber der öffentlich-rechtliche | |
Rundfunk muss eine Bindung an die Gesellschaft haben und es sollte einen | |
hochprofessionellen Verwaltungs- und Rundfunkrat geben. Dafür wird ein | |
Repräsentationsorgan benötigt, auch wenn das System Schwächen hat“, glaubt | |
Schulz. | |
Eine ständische Organisation etwa nach Berufsgruppen, so der | |
Medienrechtler, sei in einer modernen Gesellschaft nicht mehr zeitgemäß, | |
politische Parteien als Vertreter bestimmter Bevölkerungsgruppen ebenfalls | |
nicht unproblematisch, da sie staatsnah seien und Einfluss nehmen können: | |
„Grundsätzlich müsste ständig geprüft werden, ob nicht auch neue Gruppen | |
mit reingenommen werden.“ | |
Die Zahl derer jedenfalls, die sich in ihrer Lebenswirklichkeit bei ARD und | |
ZDF nicht mehr repräsentiert sehen, wird zunehmend größer. „Aber das | |
müssten Gremien leisten und sich dafür einsetzen, dass bestimmte Gruppen | |
nicht mundtot gemacht werden“, sagt Schulz. | |
So gibt es beispielsweise bisher keine Vertretung von Menschen mit | |
Behinderung in den Rundfunkräten von Deutschlandradio, Deutsche Welle, HR, | |
NDR und RBB. Auch der Altersdurchschnitt bei den Räten liegt bei deutlich | |
über 50 Jahren. | |
9 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
Wilfried Urbe | |
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