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# taz.de -- Blockade auf Baustelle für LNG-Leitung: Ende auf dem Erdgas-Gelän…
> Klimaaktivist*innen von „Ende Gelände“ haben eine Baustelle für
> eine Gasleitung bei Brunsbüttel besetzt. Sie wollen fossile Energien
> stoppen.
Bild: Rauchen auf der Baustelle ist okay, solange keiner kifft
Brunsbüttel taz | Die Sonne knallt auf die weißen Overalls und pinken
Schlauchschals der Aktivist*innen von „Ende Gelände“. Sie rufen: „Auf
geht’s, ab geht’s, Ende Gelände!“, während sie über einen Feldweg stie…
vorbei an Kühen und Windrädern, die sich nicht bewegen. Ihr Ziel an diesem
Dienstagmorgen: Die Baustelle einer Pipeline für Flüssiggas, kurz LNG,
östlich von Brunsbüttel. Die Gruppe will die Errichtung verhindern.
Die Leitung soll ab dem Winter fossiles Gas von einem LNG-Terminal in
Brunsbüttel, das ebenfalls noch gebaut wird, 55 Kilometer nach Hetlingen
bei Uetersen befördern und dort in das bundesweite Gasnetz einspeisen. Vom
Terminal aus soll Flüssiggas, das per Schiff geliefert wird, in die
Pipelines verteilt werden. Hintergrund des Baus sind Pläne der Regierung,
mit Flüssiggasimporten die Energiekrise abzufedern. Daran gibt es Kritik:
Bereits im November 2022 [1][blockierten Klimaaktivist*innen eine
Baustelle für das neue Terminal in Brunsbüttel].
Die Gruppe hält ein Banner mit der Aufschrift „Smash Capitalism“ vor sich,
während sie sich weiter in Richtung Gasleitung bewegt. Sie trifft auf
mehrere Männer, die Helme und gelbe Westen tragen und die verhüllten
Personen mustern. Normalerweise arbeiten die Männer auf dem Gelände. Heute
nicht. Einige Aktivist*innen lösen sich aus den Reihen. Einer erklärt:
„Die Aktion heute geht nicht gegen euch oder einzelne Personen, es geht um
die versäumte Klimapolitik.“ Die Arbeiter nicken und winken ab, als wüssten
sie das schon. „Es war nur eine Frage der Zeit, bis so eine Aktion hier
stattfindet“, meint einer später.
Die rund fünfzig Aktivist*innen sind um halb neun mit einem Reisebus
angekommen – im Gepäck haben sie Banner, Pyros, Sonnencreme und
Verpflegung. Nun sortieren sie ihre Ausrüstung, schnappen sich pinke
Regenschirme und klettern auf fünf gelbe Bagger. „Passt auf euch auf,“
warnt einer der Baggerführer. Er steigt aus, die Aktivist*innen wickeln
den Bagger in Absperrband. Weitere steigen auf zwei Kräne. Für sie ist das
eine von vielen Aktionen, gekonnt hangeln sie sich über dem Metall entlang
und nehmen Platz. Sie recken Fäuste in die Luft.
## Forderung nach Abkehr vom „fossilen Kapitalismus“
Das Bündnis „Ende Gelände“ [2][blockiert seit 2015 deutsche
Braunkohlereviere] – auch Baustellen von LNG-Terminals waren schon Ziel von
Aktionen. „Ende Gelände“ fordert den sofortigen Kohleausstieg und eine
Abkehr vom „fossilen Kapitalismus“. Anfang August fand das [3][„System
Change Camp“ in Hannover] statt, auf dem sich die Klimaaktivist*innen
in Workshops und Diskussionen über weitere Aktionen austauschten.
Aktivist Ben ist mit der heutigen Blockade zufrieden: „Alles ist entspannt,
es geht allen gut.“ Das laufe manchmal auch anders: „Wenn wir im Rheinland
unterwegs waren, dann war häufig mal weniger Verständnis seitens der
Bauarbeiter*innen da.“ Für Ben ist die Pipeline-Baustelle ein „Tatort
der Klimakatastrophe“.
Die Bagger sind mittlerweile besetzt. Die vielen Windräder im Hintergrund
stehen immer noch still, die Luft scheint bei der Hitze zu stehen. Erst mit
buntem Rauchfeuer, das die Aktivist*innen auf den Fahrzeugen zünden,
kommt Bewegung rein. Ob die Polizei bald kommen wird, weiß keiner, aber
alle rechnen damit. Ab und zu erschallen laute Rufe, die von Bagger zu
Bagger weitergegeben werden: „Attacke, Attacke, Frackinggas ist kacke!“
Eine Aktivistin fragt, ob Rauchen auf dem Gelände okay ist. „Na sicher,
wenn ihr nicht kifft“, scherzt einer der Arbeiter. Die Aktion störe ihn
überhaupt nicht. „Hauptsache, alle passen auf, dass niemand vom Bagger
fällt“, meint er. Gut fände er den Bau der Pipeline eh nicht: „Das sieht
doch jeder, dass das hier nicht richtig ist.“
Deutschland importiert LNG vor allem aus den USA, aber auch aus Katar kommt
das Gas. Rita Tesch, Sprecherin von „Ende Gelände“, kritisiert:
„Frackinggas ist unglaublich umweltschädlich und vergiftet das Trinkwasser
– diese Pipeline ist ein Klimaverbrechen.“ Das Bündnis fordert eine
Vergesellschaftung der fossilen Konzerne. „Statt dass der Staat RWE, Shell
und Co. zur Rechenschaft zieht, werden die Konzerne noch mit viel Geld
subventioniert,“ sagt Tesch.
## Polizei lässt die Aktion weiterlaufen
Plötzlich kommen sie dann doch: zwei Streifenwagen, ein dritter folgt
später. Die Polizei spricht mit einem Aktivisten und mit Arbeitern. Sie
einigen sich: Solange die Hydraulikschläuche nicht beschädigt werden und
die Gasleitung, die neben den Baggern etwas tiefer in einem Graben liegt,
unberührt bleiben, herrscht keine Gefahr – und die Aktion darf
weiterlaufen.
Auch am Nachmittag hat sich an der ruhigen Lage noch nichts geändert. Eine
Sprecherin der Polizei in Itzehoe bestätigt: „Solange es sich um einen
friedlichen Protest handelt, begleiten wir die Lage und beobachten.“
Anzeige sei bislang keine gestellt worden, die müsste vom Betreiber kommen.
Die nächste Aktion von „Ende Gelände“ ist bereits geplant: Vom 22. bis 24.
September will die Gruppe zum LNG-Terminal auf Rügen reisen. Es soll eine
Massenaktion werden. Im Gegensatz zur kleineren Blockade in Brunsbüttel
wird sie auf allen sozialen Kanälen des Bündnisses angekündigt.
22 Aug 2023
## LINKS
[1] /Protest-von-Klimaschuetzerinnen/!5890677
[2] /Kampf-um-Kohledorf/!5903043
[3] /Klimacamp-von-Ende-Gelaende-in-Hannover/!5949072
## AUTOREN
Emily Kietsch
## TAGS
Schwerpunkt Klimaproteste
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Energiekrise
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