# taz.de -- Bezahlkarten für Geflüchtete: Hannover macht es besser als Bayern | |
> Was den einen zur Abschreckung dienen soll, soll woanders dazu beitragen, | |
> den Alltag von Geflüchteten zu erleichtern. Warum Hannover ein Vorbild | |
> ist. | |
Bild: Bargeld: für Geflüchtete ein Auslaufmodell? | |
OSNABRÜCK taz | Nur Bares ist Wahres, ist so eine Redensart. Ob das genauso | |
sieht, wer übers Asylbewerberleistungsgesetz Taschengeld bekommt, Geld zur | |
Deckung seines „notwendigen persönlichen Bedarfs“? Fraglich. | |
Bar-Auszahlungen, flächendeckend üblich, erfordern Abholtermine. Geld, das | |
man mit sich herumträgt, kann verloren gehen. 182 Euro bekommt ein | |
alleinstehender Erwachsener pro Monat. | |
Bayern liebäugelt schon lange mit „Bezahlkarten“. Klingt fürsorglich, nach | |
einem Ende der Vorsintflutlichkeit. Doch wer den Gesetzentwurf der | |
Staatsregierung zur Änderung des Aufnahmegesetzes von Mitte 2021 liest, | |
weiß, um was es bei den „unbaren Abrechnungen“ wirklich geht: | |
„Schlepperkriminalität zu unterbinden und Pull-Effekte zu verhindern“. | |
Bargeld lockt? Die Bezahlkarte soll [1][abschrecken]. | |
Auch Hamburg will eine Alternative zum Baren schaffen, als | |
[2][guthabenbasierte Kredit-Debitkarte], virtuell wie aus Plastik. Aber die | |
Nutzung könnte eingeschränkt sein; mancher Branche, Glücksspielanbietern | |
etwa, könnte eine Blockade drohen. Das wäre eine Bevormundung und damit | |
eine Diskriminierung. | |
„Wenn diese Karte Türen öffnet, am elektronischen Zahlungsverkehr | |
teilzunehmen, ist das natürlich gut“, sagt Muzaffer Öztürkyilmaz, Referent | |
der Geschäftsführung des Flüchtlingsrats Niedersachsen, Hannover, der taz, | |
„zumal bargeldloses Bezahlen ohnehin ja immer mehr zunimmt. Wir sind nicht | |
gegen moderne Technik. Wenn das Wartezeiten verkürzt und den | |
Verwaltungsaufwand mindert, ist das positiv.“ | |
Die Karte müsse aber so einsetzbar sein wie alle anderen Debit- bzw. | |
EC-Karten auch, „in jeglichen Geschäften, für jegliche Dienstleistungen und | |
auch für Bargeldabhebungen, schließlich haben die Sozialbehörden keinen | |
Erziehungsauftrag“. Sie könne zudem nur eine Übergangslösung sein. Es | |
gelte, allen Geflüchteten ein Bankkonto zu verschaffen, für eine | |
„gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe“. | |
## Diskriminierungsfreier Zugang | |
Dass es auch liberaler geht, zeigt die Stadt Hannover mit ihrer | |
„Socialcard“. Die Landeshauptstadt wolle einen „diskriminierungsfreien | |
Zugang zur bargeldlosen Zahlung“ schaffen, „mit einer neutral gestalteten | |
Karte“, versichert Christina Merzbach der taz, Sprecherin des Büros des | |
Oberbürgermeisters Belit Onay (Grüne). Bisher müssen jeden Monat in | |
Hannover Verpflichtungsscheine abgeholt werden, zur Auszahlung durch die | |
Sparkasse. | |
Ein „Ausschluss von Bereichen“ sei für die Socialcard „nicht beabsichtig… | |
sagt Merzbach; das gehöre nicht zu Hannovers Zielen. Sie sagt allerdings | |
auch: „Weitere Details zur Funktions- und Einsatzweise sind Gegenstand der | |
derzeitigen Abstimmung.“ Eine Wundertüte also. Niemand weiß derzeit, was am | |
Ende wirklich drin ist, wie groß die Dispositionsfreiheit ausfällt. | |
Warum man nicht einfach allen Betroffenen ein ganz normales Bankkonto | |
einrichten kann? „Das Recht, ein Konto einrichten zu können, ist vom | |
ausländerrechtlichen Status abhängig“, sagt Merzbach. „Der Status veränd… | |
sich meist während des Aufenthalts.“ | |
Ein Tracking, was wo bezahlt wird, könne „nur, soweit zulässig, innerhalb | |
der banken- und datenschutzrechtlichen Regelungen“, erfolgen, wie bei allen | |
anderen Konto- oder KarteninhaberInnen auch, sagt Merzbach. Die Stadt habe | |
keine Berechtigung, die Umsätze einzusehen. Vielleicht wird die Socialcard | |
aus Hannover ja wirklich ein gutes Vorbild. | |
19 Aug 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.sueddeutsche.de/bayern/bayern-fluechtlinge-bargeld-soeder-csu-b… | |
[2] https://www.guetsel.de/content/72517/neue-osnabruecker-zeitung-taschengeld-… | |
## AUTOREN | |
Harff-Peter Schönherr | |
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