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# taz.de -- Staatsbesuche per Linienflug: Ungeduscht und mit Jetlag
> Flugzeuge der deutschen Regierung haben immer wieder Pannen. Ob der
> Umstieg auf die Linie etwas bringen würde? Unser Autor zweifelt daran.
Bild: Monitor im Regierungsflieger
Das ist wirklich kein gutes Gefühl: Ich sitze auf Platz 31 K im Airbus
340-300, von dem ich noch nicht weiß, dass er bald zur Ausmusterung muss.
Um mich dröhnen die Turbinen, unter mir liegt dieses Land, das nur aus
Sand, Stein, Wolkenkratzern, 44 Grad heißer Dampfsauna, Arbeitssklaven und
Gasbohrinseln zu bestehen scheint. Vor mir liegt ein Trip ans andere Ende
der Welt, voller spannender Geschichten, interessanter Erlebnisse,
eindrücklicher Begegnungen. Und die Bundesluftwaffe bekommt ihren
Regierungsflieger über Abu Dhabi einfach nicht hoch.
Man könnte frustriert sein, wenn man die Außenministerin auf [1][dieser
Reise] nach Australien, Neuseeland und Fidschi begleiten wollte. Aber wer
wird denn in die Luft gehen? Zum Glück gibt es ja zu Hause in Deutschland
kluge Leute, die nach dem Abbruch des Trips sofort eine Lösung anzubieten
haben: Schafft die Flugbereitschaft, die immer mal [2][nicht flugbereit
ist], ab, sagen sie. [3][Einfach mit einer Linienmaschine fliegen]! Besser,
billiger, effektiver, klimafreundlicher. Dass wir da nicht von allein
draufgekommen sind.
Denn: Linienflüge sind ja nie verspätet und fallen nie aus. Man hat noch
nie gehört, dass an der Abfertigung gestreikt wird oder die
Sicherheitsschleuse mal so langsam macht, dass der Flug ohne uns losgeht.
Auch habe ich noch nie davon gelesen, dass Ferienflieger umdrehen müssen
oder nicht starten können, weil an ihnen irgendwas kaputt ist. Die
Notlandungen, Strandungen, Ausfälle und Wutanfälle, die ich als
Gelegenheitsflieger in diesem Job bei Billigfliegern und Teuerfliegern über
die Jahre gesammelt habe – alles Ausnahmen von der Regel.
Also: Die Flugbereitschaft abschaffen – prima Idee. Das wäre auch ein
demokratischer Schritt, ein Abbau von Privilegien für diese (nicht)
abgehobene Klasse aus PolitikerInnen, JournalistInnen, BeraterInnen,
ExpertInnen, BeamtInnen und LobbyistInnen, die sich auf Staatsgeld in den
Airbus-Sitzen breitmachen. Moment, die fliegen gar nicht umsonst, sondern
müssen die Kosten tragen? Und nur weil es per Flugbereitschaft pro
Passagier billiger ist als per Linie, können sich manche ärmere Medien und
Nichtregierungsorganisationen eine solche Begleitung leisten?
## Wo ist dein Visum?
Egal. Es sollte ohnehin Schluss sein mit dieser Medienbegleitung. Auch
Regierungshandeln hat eine Privatsphäre, die wir Journalisten achten
sollten. Man muss nicht alles wissen. Auch WLAN, ohne dass ihm der Nachbar
in den Regierungs-Laptop schaut, ein Bett zum Schlafen oder eine Dusche
braucht ein Minister oder Kanzler nicht wirklich. Es wäre doch menschlich,
wenn man ihnen den Jetlag mal ansähe. Ein Powernap im G20-Kreis wirkt doch
cool.
Nein, nein, das wäre schon besser, so ohne Regierungsflieger. Endlich
würden diese Politheinis mal lernen, wie das Leben beim fliegenden Fußvolk
so aussieht. Und es würde das Leben von MinisterInnen ja auch total
entschleunigen! Mal eben schnell nach Washington, weil es brennt? Moooment,
Freundchen, wo ist dein Visum? Und die Frau Außenministerin bitte hier an
der Warteschlange anstellen, die Schuhe ausziehen, die Taschen ausleeren,
bitte mal zum Abtasten, während die Nachbarn mit dem Handy filmen.
Im Flugzeug dann zwar in der Ersten Klasse verschwinden und Chicken or Beef
vom Silberbesteck essen – aber wenn nach drei Stunden Flug das Kleinkind
auf Platz 67 C Atemnot bekommt, dann müssen wir leider in Island notlanden,
Frau Ministerin. Tja, da muss der Nato-Gipfel dann eben mal warten. So
wichtig wird es schon nicht sein.
Also, verschrottet die Regierungsflieger! Schon aus Klimaschutzgründen. Die
machen zwar nur einen Promilleanteil des deutschen Klimafrevels am Himmel
aus, aber heutzutage zählt ja jedes Mikrogramm CO2. Da muss dann die COP im
Zweifel mal auf die deutschen Klimaschützer verzichten, wenn die Busfahrer
am Terminal 3 bummelstreiken. Der Finanzminister könnte noch seinen
Haushalt sanieren, weil das Bundeskabinett Flugmeilen sammelt und für 9
Euro Teneriffa bucht. Und auch der Kanzler wäre begeistert: Endlich blieben
mal alle MinisterInnen auf Linie.
18 Aug 2023
## LINKS
[1] /Annalena-Baerbock-bricht-Reise-ab/!5954111
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[3] /Politreisen-im-Klimawandel/!5950129
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Wir retten die Welt
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