# taz.de -- Wochenendkrimi in der Einöde: Das Grauen im einsamen Luxemburg | |
> „Gutland“ bietet Einsichten in die luxemburgische Einöde. Und spielt | |
> dabei mit dem Bruch zwischen romantisiertem Landleben und dunklen | |
> Machenschaften. | |
Bild: Jens (Frederick Lau) in einer Szene des Films Gutland | |
Eigen sind sie, die luxemburgischen Filme. So auch dieses Erstlingswerk des | |
Regisseurs Govinda Van Maele aus dem Jahr 2017: [1][Gutland]. Der zwischen | |
Thriller, Film Noire und vorabendprogrammtauglichen Heimatfilm changierende | |
Streifen begleitet den jungen deutschen Bankräuber Jens (eine Paraderolle | |
für Charakterdarsteller Frederick Lau) auf seiner Suche nach einem Job in | |
der landwirtschaftlichen Gemeinschaft des abgeschiedenen luxemburgischen | |
Dorfes Schandelsmillen. | |
Freundlich empfangen wird der abgerissene Fremde – der erstaunliche | |
Ähnlichkeiten mit Jesus hat – mit der prall gefüllten Sporttasche anfangs | |
nicht. Mitten in der Erntesaison nach einer Arbeit auf dem Feld zu fragen, | |
kommt den (ausschließlich von Laiendarstellern verkörperten) Bauern sehr | |
seltsam vor. | |
Ein bisschen vertrauter wird die Situation erst, als Jens abends auf einem | |
Heimatfest Lucy ([2][Vicky Krieps]), die Tochter des Bürgermeisters, | |
kennenlernt. Diese Liaison ist für Jens der Türöffner zu den maulfaulen | |
Bauern und er bekommt einen Job als Erntehelfer angeboten. Sein neues | |
Zuhause wird nun ein runtergerockter Wohnwagen hinter dem Kuhstall. | |
In langsamen, eindrucksvollen Bildern werden die Arbeiten auf dem Feld im | |
Wandel der Jahreszeiten gezeigt; die körperliche Anstrengung der | |
Hilfskräfte ist quasi spürbar. Entspannung gibt es dann am Abend, wenn alle | |
im Haus des Bauern zusammensitzen und gemeinsam essen und trinken. Doch | |
dieses Idylle bekommt schnell Risse. | |
## Scheinbare Idylle | |
Dem Zuschauer wird schnell klar: Etwas Schlimmes muss hier vorgefallen | |
sein. Auch wenn Jens in kurzer Zeit als Mitglied dieser Gemeinschaft | |
akzeptiert wird, scheint ein dunkler Schatten der Grausamkeit über allem zu | |
schweben, der sich in teils grausamen Verhalten der Bewohner zeigt. | |
Als zwei [3][Dorfjungs] am Kuhstall zündeln, werden sie zur Strafe mit | |
Ketten an einen Kran gehängt und in die Jauchegrube getaucht. Wesentlich | |
subtiler ist eine Szene, in der Jens von den Bauern in das Maisfeld | |
geschickt wird. Dort sei ein Tier verendet, was man unbedingt vor dem | |
Abernten finden müsse – denn ein totes Tier in der schweren Erntemaschine | |
ist nicht unbedingt wünschenswert. | |
Und während die Bauern ihm versprechen, das auch sie selbst das Feld | |
absuchen werden, verläuft sich Jens ganz allein in den hohen Maispflanzen. | |
Und als wäre das noch nicht angsteinflößend genug, nähert sich dann auch | |
schon die bedrohliche Landmaschine. | |
Es sind diese Brüche die den Film sehenswert machen: Auf der einen Seite | |
sehen wir ein gelebtes, friedvolles Miteinander mit Heimatfesten, gutem | |
Essen, einem Orchesterchef, der sich persönlich für Jens einsetzt und ihm | |
eine neue Aufgabe, nun ja, schmackhaft macht. | |
## Dunkle Geheimnisse | |
Dem freundlichen älteren Herrn fehlt nämlich nach dem mysteriösen | |
Verschwinden eines Dorfbewohners ein Trompetenspieler in seiner Gruppe. Das | |
Jens mit Instrumenten gar keine Erfahrung hat und nicht mal Noten lesen | |
kann, ist für ihn zweitrangig; denn hier zählt der Zusammenhalt. | |
Auf der anderen Seite ist da dieses dunkle Geheimnis des Ortes, das Szene | |
für Szene immer deutlich wird und nur in kleinen Schritten gelüftet wird. | |
Die romantisierende Darstellung des [4][Landlebens] wird immer wieder hart | |
vom böswillig-verkommenen Umgang der Menschen miteinander gebrochen. Ein | |
bisschen in der Jauchegrube tauchen hat hier anscheinend noch niemandem | |
geschadet. | |
13 Aug 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.zdf.de/filme/das-kleine-fernsehspiel/gutland-104.html | |
[2] /Film-Corsage-in-den-Kinos/!5862588 | |
[3] /Dorfkrimi-von-und-mit-Bjarne-Maedel/!5741874 | |
[4] /Foerderprogramm-fuers-Landleben/!5815462 | |
## AUTOREN | |
Almuth Müller | |
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