# taz.de -- Justizreform in Israel: Das Wie ist falsch, die Angst nicht | |
> Die nun in Israel durchgesetzte Justizreform ist nichts Neues, es gibt | |
> auch Gründe dafür. Doch die Umsetzung läuft in eine völlig falsche | |
> Richtung. | |
Bild: Die Proteste gegen die Justizreform gehen weiter: Am Donnerstag in Tel Av… | |
Alle Proteste haben letztlich nicht gefruchtet – ein Kernpassus der von | |
vielen Israelis und auch international kritisierten Justizreform wurde von | |
der Knesset beschlossen. | |
Das von [1][der rechtsreligiösen Regierung nun verabschiedete Gesetz] ist | |
Teil eines Pakets, mit dem Justizminister Yariv Levin und Ministerpräsident | |
Benjamin Netanjahu die Position des Obersten Gerichts in Israel schwächen | |
wollen. | |
Anders als in vielen anderen westlichen Ländern hat es überdurchschnittlich | |
viel Macht im Staat – so kann es etwa die Entscheidungen der Regierung und | |
anderer gewählter Volksvertreter auf ihre „Angemessenheit“ prüfen. Währe… | |
etwa das Bundesverfassungsgericht Gesetze auf ihre Kompatibilität mit dem | |
Grundgesetz prüft, kann der Oberste Gerichtshof in Israel weitreichendere | |
Entscheidungen treffen: Etwa als er im Winter dem von Netanjahu als Innen- | |
und Gesundheitsminister berufenen Arje Deri den Amtsantritt untersagte. | |
Deri wurde zuvor unter anderem wegen Steuerbetrugs verurteilt, versprach | |
damals, sich aus der Politik zurückzuziehen – und schien dem Gericht so | |
kein „angemessener“ Minister zu sein. | |
Eine Entscheidung, der man natürlich zustimmen möchte – und dennoch ein | |
tiefer Eingriff in die Entscheidung einer, [2][ob es einem gefällt oder | |
nicht], demokratisch legitimierten Regierung. Dieser Macht etwas | |
entgegenzusetzen, mag richtig sein. | |
## Geschafft, wovon viele Politiker träumen | |
Die Befugnisse des Obersten Gerichts sind historisch gewachsen: Als Antwort | |
auf die ebenfalls weitreichende Macht der Regierung und darauf, dass es in | |
Israel bis heute weder eine Verfassung noch eine föderale Struktur, noch | |
andere den Regierungsentscheidungen vorschiebbare systemische Riegel gibt. | |
Die nun durchgesetzte Reform ist außerdem nichts Neues, keine Erfindung | |
dieser rechtsreligiösen Regierung. Sie liegt bei Levin, Abgeordneter in | |
Netanjahus Likud-Partei, schon seit Jahren in der Schublade. | |
Doch das Wie der Reform ist falsch: Das System der Gewaltenteilung müsste | |
verbessert werden – statt einfach Macht von der Judikative zur Legislative | |
zu verschieben. Netanjahus Regierung zeigt so, worum es ihr eigentlich | |
geht: Nicht um die Macht des Obersten Gerichts – sondern nur um die eigene. | |
Netanjahu hat geschafft, wovon wohl viele Politiker träumen: sich einer | |
legitimen Causa anzunehmen und dabei den eigenen Vorteil massiv auszubauen. | |
Dass Israels Regierung sich entschieden hat, die monatelangen [3][Proteste] | |
Zehntausender Bürger vollkommen zu ignorieren, zeigt auch: Die | |
Demonstrierenden haben allen Grund, Angst vor einer fortschreitenden | |
Konzentration der Macht zu haben. | |
28 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Lisa Schneider | |
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