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# taz.de -- DJs aus dem Westen in Russland: Raven für den Schurkenstaat
> Vergangenes Wochenende fand das Outline-Festival nahe Moskau statt. Unter
> den Beteiligten waren auch westliche DJ-Stars.
Bild: Outline Festival bei Moskau – und westliche DJ-Stars reisten an
Vergangenes Wochenende fand in der Nähe von Moskau „Outline“ statt, einer
der größten russischen Raves. Trotz des großflächigen kulturellen Boykotts
gegen Russland, eines geltenden Haftbefehls gegen Präsident Wladimir Putin
und der OSZE-Feststellung, dass Russland ein Sponsor von Terror ist, fanden
sich viele bekannte westliche DJ-Namen auf dem Line-up, darunter der
deutsche Uwe Schmidt (AtomTM), der in Berlin lebende italienische DJ Topper
und die polnische DJ Margaret Dygas. Als hätten sie es geahnt, haben die
besagten Künstler:innen den Auftritt in Russland auf keiner ihrer
Plattformen öffentlich angekündigt.
Was auch nicht verwundert, denn auf und unmittelbar vor dem Festivalgelände
wurden Fahrzeuge mit dem zum Militärsymbol gewordenen Buchstaben Z
gesichtet. Zudem gab es auf dem Gelände ein Zelt, in dem man sich zur
russischen Armee rekrutieren lassen konnte. Und Flyer, die für die
Unterzeichnung eines Militärdienst-Vertrags mit dem russischen
Verteidigungsministerium warben. Fotos wurden schnell in sozialen
Netzwerken und russischen Telegramgruppen hochgeladen.
Auf Anfrage des russischen Opositionsmediums iStories dementierte die
Veranstalterin Natascha Abelle jedoch die Existenz von Rekrutierungsbüros
auf dem Festivalgelände. Auf eine Anfrage der taz reagierte das
Outline-Festival nicht.
Dass westliche Künstler:innen in Russland spielen, ist auch nach
Kriegsbeginn des Öfteren geschehen. Beliebt ist nach wie vor der Moskauer
Club Mutabor – Mitveranstalter des Outline-Festivals. Dieser ist neben
zahlreichen anderen Etablissements im Besitz des Oligarchen Michail
Danilow. Danilow unterhält gute Beziehungen in höchste russische
Regierungskreise.
## Russische Propaganda verfängt
„Solange ich keine entschuldigende Erklärung von den beteiligten
Künstler:innen höre, betrachte ich sie als Unterstützer des russischen
Angriffskrieges in der Ukraine“, schrieb der schwedische DJ Per Hammar auf
seinem Instagram-Konto. Bislang hat nur Dygas einen Kommentar abgegeben.
Sie behauptete, der „Schauspielerpräsident“ Wolodimir Selenski würde seine
eigenen Leute umbringen, und unterstellte den Ukrainer:innen, diese
würden ganz Europa in ihren „Propagandamüll“ mit hineinziehen.
Andere, wie Federico Molinari und Atom TM, schweigen bislang. Zwar kann Per
Hammar nachvollziehen, dass es Russ:innen gibt, die nicht für den Krieg
sind, aber weiterhin solche Festivals für ihre Landsleute organisieren.
Kein Verständnis hat er jedoch dafür, dass Künstler:innen aus der
demokratischen Welt, in deren Medien es alle Möglichkeiten gäbe, sich über
den russischen Terror zu informieren, trotzdem in dem diktatorisch
geführten Land spielen. Kultur sei ebenso wie der Sport ein Mittel der
Regierung, um ihre verbrecherische Politik zu rechtfertigen.
„Alle Künstler:innen, die in Russland spielen, normalisieren so das
Schurken-Regime und unterstützen die finanziellen Ressourcen dieses
Terrorstaates und seines Angriffskrieges“, sagt die ukrainische Aktivistin
und Musikjournalistin Maya Baklanova. Die ukrainische Kulturszene habe
deshalb wiederholt an internationale Booking-Agenturen und
Künstler:innen appelliert, von der Teilnahme an Kulturveranstaltungen in
Russland abzusehen und Veranstaltungen in ihren jeweiligen Heimatländern
ohne Beteiligung russischer Personen zu organisieren.
Baklanova sieht sich deshalb stets mit Anfeindungen von Russ:innen, die
Kultur und Politik trennen wollen, konfrontiert. Leute, die sich nicht als
Putinist:innen bezeichnen, sondern sich als Teil der progressiven
elektronischen Musikszene wähnen. „Wenn ihr Land einen blutigen Krieg
beginnt, einen Teil des Nachbarlandes besetzt, wenn in diesem Land jede
Opposition vernichtet wird und LGBT Zwangstherapien unterzogen werden
sollen, dann halte ich es für ein großes Privileg, sich aus der Politik
herauszuhalten.“
12 Jul 2023
## AUTOREN
Anastasia Tikhomirova
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Russland
Propaganda
Elektro
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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wochentaz
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