# taz.de -- Regierungschef Sánchez droht Abwahl: Ideologischer Kampf um Spanien | |
> Spaniens Ministerpräsident Sánchez will weiterregieren, doch in Umfragen | |
> liegt er zurück. Was das bedeutet, zeigt sich in den rechts regierten | |
> Regionen. | |
Bild: Zerstörtes Plakat von Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez | |
MADRID taz | Am Sonntag geht es ums Ganze: Ministerpräsident Pedro Sánchez | |
will Spanien weitere vier Jahre mit der Koalition aus seiner | |
sozialistischen PSOE und den linksalternativen Bündnis [1][Sumar aus 15 | |
Parteien] – darunter die postkommunistische Vereinigte Linke und die | |
linkspopulistische Podemos – regieren. Sumar, die erstmals die gesamte | |
Linke jenseits der PSOE eint, wird von der bisherigen Vizeregierungschefin | |
und Arbeitsministerin Yolanda Díaz angeführt. Sie hofft, drittstärkste | |
Kraft zu werden und damit der rechtsextremen VOX in vielen Provinzen | |
Abgeordnete streitig zu machen. | |
Auf der anderen Seite bereitet sich der [2][Chef der rechtskonservativen | |
Partido Popular (PP) Alberto Núñez Feijóo] darauf vor, mithilfe ebenjener | |
Rechtsextremen in den Regierungspalast einzuziehen. Laut Umfragen sind ihm | |
die Wählenden mehr gewogen als Sánchez, der nach einer schmerzhaften | |
Niederlage bei den Kommunal- und Regionalwahlen am 28. Mai die | |
Parlamentswahlen um ein halbes Jahr vorzog. | |
Sánchez – und auch Díaz – werben für die Politik ihrer Koalition. Währe… | |
der Covidpandemie und der Ukrainekrise hat diese den Sozialstaat in Spanien | |
ausgebaut. Der Mindestlohn stieg um rund 50 Prozent, die Renten wurden | |
angehoben. Auch der Kündigungsschutz, den einst die PP im Zuge der | |
Eurokrise aufweichte, wurde wieder erweitert. Seither gibt es mehr | |
Festanstellungen in Spanien denn je. Erstmals hat das Land außerdem ein | |
Mieterschutzgesetz. Ein breites Kurzarbeitsprogramm rettete viele | |
Arbeitsplätze und Unternehmen in der Tourismusbranche über die Coronakrise | |
hinweg. Diese Sozialpolitik ist von wirtschaftlichen Erfolgen begleitet. | |
Während andere EU-Länder tendenziell in eine Rezession rutschen, wächst | |
Spaniens Wirtschaft. | |
All diese Maßnahmen brachte die linke Minderheitsregierung dank eines | |
Sammelsuriums kleinerer linker Parteien und Vertreter aus Regionen wie dem | |
Baskenland und Katalonien so durchs Parlament. PP und VOX stimmten selbst | |
dann dagegen, wenn sich – wie etwa bei der Arbeitsmarkt- oder Rentenreform | |
– Gewerkschaften und Arbeitgeber bereits geeinigt hatten. Feijóo hat | |
bereits angekündigt, einen Großteil zurücknehmen zu wollen, sollte er denn | |
an die Regierung kommen. | |
## Die Kampagne der Rechten gegen den „Sánchismus“ | |
Die Rechte hat mit einer großangelegten Kampagne gegen das, was sie | |
„Sánchismus“ nennen, erreicht, dass die Linkskoalition trotz dieser Erfolge | |
um die Wiederwahl fürchten muss. Sánchez würde Spanien zerstören und es den | |
„Feinden des Vaterlandes“ ausliefern. Damit gemeint sind neben den Linken | |
die Unabhängigkeitsparteien aus dem Baskenland und Katalonien, die so | |
manche Sozialmaßnahme – entgegen der PP und VOX – mit ihren Stimmen durchs | |
Parlament gehoben hatten. | |
Doch Feijóo hat ein Imageproblem. Bilder aus den 1990er Jahren zeigen ihn | |
mit einem Baron der Drogenmafia aus seiner Heimat Galizien auf dessen | |
Jacht. Er habe nicht gewusst, womit sein Freund, gegen den damals bereits | |
ermittelt wurde, sein Geld verdient, erklärte er. | |
Und anders als vor den Kommunal- und Regionalwahlen [3][regiert die PP | |
mittlerweile] in über 100 Dörfern und Städten sowie in fünf Regionen mit | |
Unterstützung der rechtsextremen VOX. Es zeigt sich, was das bedeutet: In | |
Regionen mit eigener Sprache wird Spanisch wieder zur Hauptsprache ernannt. | |
Umweltzonen und Fahrradwege werden abgebaut. Bürgermeister verbieten die | |
LGTB-Fahne an öffentlichen Gebäuden ebenso wie Kundgebungen gegen | |
sexualisierte Gewalt. Theaterstücke und Filme werden abgesetzt, weil sie | |
homosexuelle Szenen enthalten oder die Repression der Franco-Diktatur | |
anklagen. | |
21 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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