Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Premierministerwahl in Thailand: Elite stoppt den Sieger
> Trotz gewonnener Wahl im Mai darf der Reformpolitiker Pita nicht
> Premierminister werden. Er selbst gibt sich weiter kämpferisch.
Bild: Pita Limjaroenrat reagiert in einer Sitzung des Parlaments
Bangkok taz | In Thailand ist das Politdrama zur Bildung einer neuen
Regierung weiter eskaliert. Das Ziel des liberal-demokratischen
Reformpolitikers Pita Limjaroenrat, Premierminister zu werden, scheiterte
am Mittwoch endgültig an der Blockade der konservativen Elite. Dabei hatte
seine Partei Move Foward Party (MFP) bei der Wahl im Mai die meisten
Stimmen für das Repräsentantenhaus gewonnen.
Nachdem er [1][in der vergangenen Woche zu wenige Stimmen bekommen hatte,
um Premierminister zu werden], wollte er in dieser Woche erneut antreten.
Doch in einer gemeinsamen Sitzung der Parlamentskammern, des
Repräsentantenhauses und des vom Militär ernannten Senats lehnte es eine
Mehrheit der Abgeordneten ab, dass Pita für das Amt des Premierministers
nominiert werden darf. Die Geschäftsordnung des Parlaments verbiete die
Wiedervorlage eines abgelehnten Antrags in der gleichen Sitzungsperiode,
hieß es zur Begründung.
Politiker der Koalition Pitas, die aus acht Parteien besteht, wiesen diese
Begründung zurück. In der mehrstündigen, hitzig geführten Debatte
bezeichneten sie diese als vorgeschoben. Eine Nominierung sei kein Antrag.
Nach dem [2][Putsch vom Mai 2014 haben die Elite und das Militär] mit einer
maßgeschneiderten Verfassung dafür gesorgt, dass nur Premierminister werden
kann, wer bei einer gemeinsamen Sitzung des Repräsentantenhauses und des
250 Mitglieder zählenden Senats die Mehrheit beider Kammern erhält.
[3][Pitas Koalition verfügt im Repräsentantenhaus aber nur über 312 der 500
Sitze.]
## Pita vom Verfassungsgericht suspendiert
Zudem ordnete das Verfassungsgericht in Bangkok am Mittwoch in einem
Eilverfahren die vorläufige Suspendierung von Pitas Abgeordnetenmandat an,
weil er Anteile am Fernsehsender iTV hält – der allerdings schon seit 2007
nicht mehr sendet. Die Betreiberfirma existiert wohl aus rechtlichen
Gründen noch; die Anteile hält Pita als Nachlassverwalter seines Vaters.
Laut Verfassung dürfen Abgeordnete aber keine Medienunternehmen besitzen.
Pita selbst gab sich kämpferisch: „Ich möchte mich verabschieden, bis wir
uns wiedersehen“, sagte er laut Thai-Medien. Der 42-Jährige habe mit
erhobener Faust und unter dem Jubel seiner Parteifreunde den Sitzungssaal
verlassen.
Vor dem Verfassungsgericht kam es zu Protesten von Anhängern der MFP gegen
die Suspendierung Pitas. Gekleidet in orange T-Shirts und Westen, die
MFP-Farbe, zündeten ein paar von ihnen Bengalos, ebenfalls orange. Proteste
gab es auch vor dem Parlamentsgebäude. Die Demonstranten forderten auf
Transparenten „Nieder mit der Diktatur. Lang lebe die Demokratie“ und den
Rücktritt der Senatoren.
Knackpunkt des [4][Widerstands des Senats gegen Pita und die MFP] ist deren
erklärtes Ziel, den Majestätsbeleidigungsparagrafen 112 des
Strafgesetzbuches zu reformieren, sowie die Entfernung des Militärs aus der
Politik. Am Dienstag dieser Woche brachte die MFP eine Reihe von
Gesetzentwürfen zur Demilitarisierung der Politik und Entmonopolisierung
der Wirtschaft ins Parlament ein.
Pita wird nun voraussichtlich der Partei Pheu Thai als zweitstärkster Kraft
den Premierministerposten überlassen, wenn es ihr gelingt, eine neue
Koalition zu bilden. Analysten bewerten das als klugen Schachzug Pitas und
seiner MFP, die sachlich und ohne Polemik an ihrem Reformprogramm
festhalten. Das prädestiniert sie als prinzipientreue Opposition mit super
Aussichten bei der nächsten Wahl in vier Jahren.
Aber auch für Pheu Thai ist eine Regierungsbildung schwieriger geworden.
Nach der heutigen Entscheidung hat auch sie nur einen Schuss frei.
19 Jul 2023
## LINKS
[1] /Politdrama-in-Thailand/!5947301
[2] /Nach-dem-Putsch-in-Thailand/!5041611
[3] /Undemokratisches-Wahlrecht-in-Thailand/!5930527
[4] /Nach-der-Parlamentswahl-in-Thailand/!5941915
## AUTOREN
Michael Lenz
## TAGS
Thailand
Wahl
Verfassungsgericht
Premierminister
Thailand
Thailand
Schwerpunkt Pressefreiheit
Luftverschmutzung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Thronfolge in Thailand: Zwei Märchenprinzen aus Amerika
In Thailand hat das Auftauchen zweier verstoßener Söhne Spekulationen über
die ungeklärte Thronfolge befeuert. Dabei ist Klatsch und Tratsch tabu.
Bangkok Pride: Thailand auf dem Weg zur Homo-Ehe
Die bei den Wahlen siegreiche Reformkoalition will die Ehe für alle
einführen. Doch ist offen, ob die Koalition wirklich die Regierung stellen
kann.
Journalismus auf der Flucht: Schlaflose Nächte im Exil
Hunderte Journalist:innen sind nach dem Putsch aus Myanmar geflohen.
Mithilfe von Bürgerreportern berichten sie weiter über ihre Heimat.
Luftverschmutzung in Thailand: Den Menschen bleibt die Luft weg
Brandrodungen sorgen in Thailand für Smog. Kinder und Menschen mit
Atemproblemen sollen zu Hause bleiben. Behörden verteilen Atemschutzmasken.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.