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# taz.de -- Neuer CDU-Generalsekretär Linnemann: Mit angestrengtem Blick nach …
> Der CDU-Vorstand wählt Carsten Linnemann zum Generalsekretär. Die Causa
> Maaßen wird innerhalb der Partei der derweil gekonnt ignoriert.
Bild: Carsten Linnemann, der neue CDU Generalsekretär, bei der Pressekonferenz…
Berlin taz | Carsten Linnemann verabschiedet seinen Vorgänger ohne Dank.
Der frisch ernannte CDU-Generalsekretär zollt am Mittwoch seinem
Wegbereiter Mario Czaja zwar seinen Respekt und wünscht ihm „alles Gute“,
wirkt jedoch in seiner Antrittsrede, als könne er es sich nicht leisten,
auch nur für eine weitere Sekunde irgendwie zurückzublicken. Dabei wären
[1][die Ereignisse der vergangenen 24 Stunden] innerhalb der Union durchaus
eine kleine Pause wert.
Es ist ein kleiner Erdrutsch bei der CDU, und viele Parteimitglieder zeigen
sich darüber hoch erfreut. Der Bundesvorstand hat einstimmig und ohne
Enthaltung den Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann zum neuen
Generalsekretär der Partei gewählt, Czaja muss den Posten räumen. „Carsten
Linnemann ist in der CDU fest verankert und genießt in der Partei großes
Vertrauen“, sagte CDU-Chef Friedrich Merz.
Seit fast zwei Jahren ist die Union damit beschäftigt, [2][ein neues
Parteiprogramm aufzusetzen,] schafft es jedoch nicht, aus den internen
Diskussionen einen politischen Antrieb zu generieren. Auch die Krise der
Ampelkoalition zahlt sich nicht für die CDU aus. Innerhalb der
Parteiführung kursiert die Angst, in der Bevölkerung als Teil des Problems
im Berliner Regierungsviertel wahrgenommen zu werden. Nun soll es Linnemann
richten und der Union als Generalsekretär wieder zu mehr Schärfe verhelfen.
In der Partei bauen sie dafür auf seinen hitzigen Charakter. Oder in den
Worten von Merz: „Linnemann brennt für die CDU.“
Der 45-jährige Linnemann gilt, obwohl er bereits seit 2009 im Bundestag
sitzt, als Quell der Frische in der Union. Bei seinen Reden, die er frei
und ohne Aussetzer hält, steht er nach kurzer Zeit oftmals mit rotem Kopf
vor dem Publikum und kneift die Augen konzentriert zusammen. Er kann sich
in Rage reden, wenn es um offensichtliche Schnittmengen der CDU mit der AfD
bei Fragen der Migration oder zuletzt beim Gebäudeenergiegesetz geht. Der
Paderborner hat in Chemnitz in Volkswirtschaftslehre promoviert, gilt als
Verfechter eines schlanken Staats in marktwirtschaftlichen Fragen und eines
starken Staats in der Sicherheitspolitik. Im Umgang mit der AfD zählt er zu
den Menschen, die mit Rechten reden wollen, um sie mit ihrer Politik zu
konfrontieren.
Seine Antrittsrede im Konrad-Adenauer-Haus beginnt Linnemann dann auch mit
einem kleinen Angriff gegen die Bundesregierung: Die Ampel schaffe es
nicht, in Zeiten von Krieg und Inflation den Menschen Orientierung zu
geben. Das zu liefern sei die Aufgabe der CDU. „Wir nehmen die Menschen,
wie sie sind, und nicht, wie sie sein sollen“, sagt Linnemann und
wiederholt damit das Mantra, das er auch in seiner Arbeit als
Verantwortlicher für das neue CDU-Grundsatzprogramm immer wieder betont
hat.
Linnemann soll diese Aufgabe auch weiterhin erfüllen. Das neue
Parteiprogramm soll im kommenden Mai auf dem Bundesparteitag der Union
verabschiedet werden. Dann muss Linnemann sich auch als Generalsekretär
noch mal zur Wahl stellen, mit dem Beschluss des CDU-Bundesvorstands
übernimmt er das Amt vorerst kommissarisch.
Czajas Auftritt am Mittwoch in Berlin bringt ihm großes Lob aus dem
Parteivorstand ein: Dass er sich nach seiner Abwahl nochmal aufs Podium
stellt, wird dort als Ausdruck seiner Charakterstärke gewertet. Er selbst
bezeichnet seinen Rückzug aus dem Amt gar als „besonderen Tag“ für die
Union. Als Generalsekretär stand er schon länger auf verlorenem Posten,
weil viele in der Partei ihn als zu zaghaft wahrnahmen.
Dabei hatte Czaja sich innerhalb der Union Respekt verschafft, weil er der
Linkspartei das Direktmandat im traditionell linken Wahlkreis
Marzahn-Hellersdorf in Berlin entrissen hatte. 2021 schlug Merz den
47-Jährigen als Generalsekretär vor, wohl wissend, die geplante Erneuerung
der CDU breit verankern zu müssen; der ostdeutsche Sozialpolitiker Czaja
schien dafür der geeignete Kandidat. Mit der Abberufung Czajas legt der
Parteichef nun die Kehrtwende hin.
Nun stehen mit Linnemann und Merz zwei Männer aus Nordrhein-Westfalen, dazu
noch aus benachbarten Wahlkreisen, auf den Spitzenpositionen der Union.
Merz sagte dazu, NRW sei als größter Landesverband in der Union lange Zeit
„unter Wert geschlagen gewesen“.
Zu einem anderen Fall schwieg der Parteivorstand am Mittwoch: Der
rechtsextreme ehemalige Verfassungsschutzpräsident mit langjähriger
CDU-Mitgliedschaft, Hans-Georg Maaßen, darf nach dem Urteil eines Thüringer
Parteigerichts von Dienstag nicht aus der Union ausgeschlossen werden. Merz
erklärte, der Vorstand warte noch auf die schriftliche Urteilsbegründung.
Vielleicht wollte auch er sich mit den lästigen Vergangenheitskapiteln der
Union vorerst nicht auseinandersetzen.
12 Jul 2023
## LINKS
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[2] /CDU-Parteitag-in-Berlin/!5938741
## AUTOREN
Cem-Odos Güler
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