# taz.de -- Abstimmung im EU-Parlament: Knappe Mehrheit für Naturschutz | |
> Sehr knapp geht die Abstimmung für das viel diskutierte | |
> Renaturierungsgesetz aus. Änderungsanträge sorgten noch für Verwirrung. | |
Bild: Rotes Moor in der Hochrhön: Moore sind ein wichtiger Speicher von Kohlen… | |
BRÜSSEL taz | Der europäische „Green Deal“ für Umwelt- und Klimaschutz h… | |
eine entscheidende Hürde genommen. Gegen den [1][massiven Widerstand von | |
Konservativen, Liberalen und Rechten] stimmte das Europaparlament am | |
Mittwoch in Straßburg mit einer knappen Mehrheit für das EU-Gesetz zur | |
Renaturierung. Damit ist der Weg für abschließende Verhandlungen mit den 27 | |
EU-Staaten frei. | |
Das Gesetz könne noch bis zum Jahresende verabschiedet werden, sagte der | |
Berichterstatter des Parlaments, César Luena. „Das ist ein Sieg der Jugend | |
und der Wissenschaft“, erklärte der spanische Sozialist. Nun könne Europa | |
beginnen, die Natur wiederherzustellen. Das Renaturierungsgesetz gilt als | |
tragende Säule im „Green Deal“; [2][es soll gefährdete Ökosysteme retten | |
und auch das Klima schützen]. | |
Die Chef der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber (CSU), hatte sich | |
bis zuletzt [3][gegen den Entwurf gestemmt]. Auch deutsche Liberale, die | |
AfD und polnische Nationalisten machten mit teils fragwürdigen Argumenten – | |
einige Abgeordnete sprachen von „Desinformation“ – Stimmung gegen das | |
Gesetz. Doch sie scheiterten schon bei der ersten Abstimmung: 324 | |
Abgeordnete stimmten gegen einen Antrag, den Entwurf abzulehnen; 312 waren | |
dafür. | |
Danach stimmte das Parlament über 136 Änderungsanträge ab, die teils auf | |
dem Kommissionsentwurf, teils auf einem Kompromiss der 27 EU-Staaten | |
beruhten. Das sorgte für Verwirrung. Das Gesamtergebnis sei „gemischt“, | |
räumte Luena hinterher ein. Bei dem ungewöhnlichen Votum im Plenum hätten | |
sich einige unerfreuliche Änderungen „eingeschlichen“. Die Hauptsache sei | |
jedoch, dass das Renaturierungsgesetz gerettet wurde. | |
Dieser Meinung sind auch Umweltverbände und Klimaschützer, die bis zur | |
letzten Minute für die Annahme gekämpft haben. Noch am Dienstag hatte die | |
schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg vor dem Parlament demonstriert. | |
„Die Annahme des Renaturierungsgesetzes ist ein klarer Erfolg der | |
Klimabewegung“, so die Initiative Fridays for Future. Die Zivilgesellschaft | |
habe die Politik dazu bewegen können, „sich für die Eindämmung der | |
Klima-krise zu entscheiden, statt der Agrarlobby nachzugeben“. | |
## Breite Allianz dafür | |
„Positiv für die Entscheidung dürften sich auch die Rufe aus der | |
Wissenschaft, aus dem Unternehmertum und eines Bündnisses von | |
Glaubensgemeinschaften ausgewirkt haben“, sagt Heike Vesper, | |
Geschäftsleiterin Transformation und Politik beim WWF. Zuletzt hatten sogar | |
die Kirchen und Konzerne wie Nestlé, Spar oder Ikea für den Entwurf | |
geworben. | |
Als schlechte Verlierer präsentierten sich CDU/CSU und andere Gegner des | |
Gesetzes. Mit dem Votum würden die demokratischen Entscheidungen der drei | |
Ausschüsse ignoriert, die den Entwurf zuvor abgelehnt haben, sagte | |
Christine Schneider (CDU). Das Parlament bewerte die Natur höher als | |
Wirtschaft und Gesellschaft, heißt es bei der rechten EKR-Fraktion. Dies | |
könne auf Kosten des Wachstums gehen und die Ernährungssicherheit | |
gefährden. | |
Immerhin zeigten sich einige Politiker bereit, aufeinander zuzugehen und in | |
den nun anstehenden Verhandlungen tragfähige Kompromisse zu suchen. Sie | |
werde sich nun „mit aller Kraft für ein gutes Ergebnis in den | |
Trilog-Verhandlungen einsetzen“, so Schneider. „Die EVP und Manfred Weber | |
wären gut beraten, ihre Blockadehaltung aufzugeben und zu konstruktiver | |
Arbeit im Parlament zurückzukehren“, mahnt die Grünen-Politikerin Henrike | |
Hahn. | |
Doch von Weber kamen nicht die erhofften Signale. Noch am Dienstag hatte er | |
sich mit Landwirten getroffen, die vor dem Parlament lautstark gegen | |
„sinnlose Verbote“ demonstrierten. „Wir brauchen einen neuen Vorschlag“, | |
forderte der CSU-Politiker. Doch der wird nicht kommen, es bleibt beim | |
Entwurf der EU-Kommission. Weber reagierte auf seine Art auf diese | |
Niederlage: Er schwieg. | |
12 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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