# taz.de -- Angst vor Protesten bei Tour de France: Gefahr von den Rändern | |
> Die Tour de France kehrt nach Frankreich zurück. Mit den Unruhen im Land | |
> wächst die Sorge, die Rundfahrt könnte Ziel von Protesten werden. | |
Bild: Noch auf dem Weg nach Frankreich: das Peloton auf der zweiten Etappe im B… | |
Die Probleme der Heimat holen die Tour de France ein. Bereits beim Grand | |
Depart im spanischen Bilbao waren Menschen zu sehen, die mit einem großen | |
Transparent am Rande der Rennstrecke „Gerechtigkeit für Nahel“ | |
einforderten. Nahel ist der Jugendliche, der letzten Dienstag während | |
[1][einer Verkehrskontrolle im Pariser Vorort Nanterre von einem Polizisten | |
erschossen wurde.] Der 17-Jährige wurde mittlerweile beerdigt. Aber in | |
vielen Städten Frankreichs gingen Menschen auf die Straße [2][und | |
protestierten gegen Polizeigewalt] und rassistische Vorurteile bei den | |
Ordnungskräften. | |
In den letzten Tagen nahm die Quantität der Proteste offenbar ab, die | |
Qualität der Gewalt nahm aber zu. In zwei Städten, der Hauptstadt Paris und | |
der südfranzösischen Stadt Nîmes, wurden Projektile auf Polizisten | |
abgefeuert. Allein in der Nacht von Samstag auf Sonntag wurden nach einem | |
Bericht des Innenministers 719 Personen festgenommen und 45 Polizisten | |
verletzt. | |
Die Sorge geht um, dass auch die Tour de France zum Ziel von Protesten und | |
Ausschreitungen wird. „Wir stehen, wie jedes Jahr, in permanentem Austausch | |
mit den Sicherheitsbehörden in allen Departments, durch die die Tour de | |
France führt. Wir beobachten die Situation mit großer Aufmerksamkeit“, | |
sagte Christian Prudhomme, Direktor vom Tourorganisator ASO. | |
28.000 Polizisten sind ohnehin zum Schutz des größten Radrennens der Welt | |
mobilisiert. 300 Polizisten sind als ständige Begleiter dabei. Genau das | |
allerdings könnte die Tour zu einem besonderen Ziel machen. Denn es war ja | |
ein Polizist, der den Todesschuss abfeuerte. | |
Die Veranstalter wollten keine Auskünfte zu besonderen Sicherheitsmaßnahmen | |
geben. Traditionell hat die Tour eine Säuberungstruppe, die vor der | |
Durchfahrt von Werbekarawane und Peloton politisch motivierte Parolen von | |
der Straße tilgt. Sie soll auch etwaige Hindernisse entfernen und | |
Gefahrenstellen wie Öllachen, die im letzten Moment entstanden, beseitigen. | |
## Reißzwecken auf dem Asphalt | |
Nicht immer klappt das. Etwa zwei Dutzend Fahrer erlitten bei der 2. Etappe | |
am Sonntag einen Platten, weil Unbekannte Reißzwecken auf den Asphalt | |
gestreut hatten. Das führte zu wütenden Reaktionen von Fahrern. „Danke für | |
diesen neuen Beweis für menschliche Dummheit. Man kann stürzen und sich | |
schwer verletzen, ihr Idioten“, [3][twitterte der französische Profi Lilian | |
Calmejane]. | |
Die meisten Reißzwecken waren offenbar zwar am Fuße des Anstiegs zum | |
Jaizkibel, dem letzten Berg des Sonntags, verstreut. Am Berg ist man | |
langsamer, das Gefahrenpotenzial nicht ganz so groß. Einige Fahrer hatten | |
aber einen schleichenden Plattfuß und bemerkten erst auf der Abfahrt, dass | |
sich ihr Hinterreifen mit schwindender Luft anders in den Kurven verhielt. | |
Wer der Verursacher war und welche Motive dahinterstecken mögen, ist | |
ungeklärt. Der Vorfall zeigt die Verletzlichkeit der Tour de France. In den | |
vergangenen Jahren kam es immer wieder zu derartigen Störungen. [4][2012 | |
bremsten Reißzwecken unter anderem den Mann in Gelb,] Bradley Wiggins, und | |
den Toursieger des Vorjahres, Cadel Evans, aus. 1996 gab es Nägel auf der | |
Fahrbahn, ebenfalls 1992, beim letzten Start im spanischen Baskenland. | |
Ob es beim Vorfall am Sonntag eine Verbindung zu den Protesten um den Tod | |
von Nahel gibt, ist unbekannt. Dennoch wächst die Anspannung angesichts der | |
Rückkehr der Tour ins Heimatland. Die Reaktionen der Fahrer sind | |
unterschiedlich. „Ich habe nicht mal etwas davon mitbekommen. Ich | |
konzentriere mich hier auf das Rennen“, sagte Adam Yates, der Mann im | |
Gelben Trikot. Französische Profis hingegen geben zu, dass sie die | |
Nachrichten durchaus beunruhigen. „Wir sind auch Bürger, nicht nur | |
Radfahrer“, sagte Cofidis-Profi Guillaume Martin. | |
Die Polizei macht, was in ihrer Logik liegt: Sie rüstet technisch auf. In | |
Bordeaux und Libourne etwa, Etappenstädte am Freitag und Samstag, will das | |
Centre opérationnel départemental (COD) der dortigen Polizei Drohnen | |
fliegen lassen. | |
3 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Polizei-in-Nanterre-erschiesst-Jugendlichen/!5943917 | |
[2] /Gewaltsame-Unruhen-in-Frankreich/!5941622 | |
[3] https://twitter.com/L_Calmejane/status/1675549208974176257 | |
[4] /Tour-de-France/!5088846 | |
## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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